Gesundheitsexperten fordern weitreichende Rauchverbote

Vor allem Karl Lauterbach, Mediziner und Gesundheitswissenschaftler von der SPD, ist ein Befürworter flächendeckender Rauchverbote. Doch auch die Bundesländer zeigen immer mehr Initiative, bestehende Gesetze anzupassen.

Auch im Auto fordern Gesundheits-Experten und -Expertinnen ein Rauchverbot, wenn Schwangere oder Kinder anwesend sind. Foto: Symbolbild / gettyimages / Fajrul Islam
Auch im Auto fordern Gesundheits-Experten und -Expertinnen ein Rauchverbot, wenn Schwangere oder Kinder anwesend sind. Foto: Symbolbild / gettyimages / Fajrul Islam

Tabakrauch enthält über 5.000 chemische Substanzen, viele davon sind giftig und krebserregend. Laut einer Studie des US-amerikanischen Nationalen Krebs-Instituts sterben regelmäßige, es muss nur eine Zigarette täglich sein, Raucher und Raucherinnen in 87 Prozent der Fälle früher als Nichtraucher und Nichtraucherinnen.

Dabei sind auch die laut einer Untersuchung der Bundezentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2005 betroffen: durch das Passiv-Rauchen. Demnach sterben mehr als 3.000 Deutsche am Rauchen, ohne selbst eine Zigarette angerührt zu haben. Betroffen sind auch Kinder.

Deshalb fordert laut Bild jetzt das Bundesland Schleswig-Holstein, Rauchen an Kinderspielplätzen zu verbieten. Doch auch weitreichendere Forderungen, nach einem Rauchverbot im öffentlichen Raum, werden lauter.

Experte der SPD: Kommunen müssen handeln

Eine bundesweite Lösung ist, Gesundheitsschutz ist Ländersache, kompliziert. Deshalb gelten in jedem Bundesland andere Regelungen für öffentliche Einrichtungen und Verkehrsmittel. Einen Überblick, wo was erlaubt ist und welche Behörden zuständig sind, bietet der Verein Pro Rauchfrei. In Bayern etwa gilt eines der konsequentesten Nichtraucherschutzgesetze: Alle Gaststätten, Diskos und Festzelte sind rauchfrei. In Berlin und zahlreichen anderen Bundesländern hingegen gibt es Ausnahmeregelungen: So darf etwa in Einraumkneipen geraucht werden, dann haben allerdings Minderjährige keinen Zutritt.

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SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt dazu der Bild: „Grundsätzlich sollten so viele rauchfreie öffentliche Plätze geschaffen werden wie möglich. Das ist insbesondere Aufgabe der Kommunen.“ Das könnte dann Straßen, Plätze, Bahnhöfe und Flughäfen, aber auch das eigene Auto betreffen. Lauterbach sagt dazu: „Ein Rauchverbot in Autos ist ganz klar zu fordern. Es schützt alle Betroffenen, insbesondere Kinder.“

Freiheit oder Gesundheit?

Im Auto ist laut Spiegel die Schadstoffkonzentration von Zigarettenrauch bis zu fünfmal so hoch wie in einer Bar. Deshalb haben im vergangenen Jahr auch Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht: Sitzen Schwangere oder Kinder mit im Auto, sollen Zigaretten verboten werden.

Dem MDR sagte Lauterbach vor Kurzem, es wäre im Prinzip sogar richtig, dass an allen öffentlichen Stellen nicht geraucht werden dürfe. Es sei die preiswerteste Möglichkeit, auf die Gesundheit von jungen Menschen einzuwirken. Er glaubt, es sei nun an der Zeit zu handeln: Die Freiheit des Einzelnen zu rauchen und andere zu gefährden, das sei eine verzichtbare Freiheit.

In der Bild kommt auch Kinder-Lungenarzt Matthias Kopp vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein zu Wort. Er möchte ebenfalls bestehende Rauchverbote ausweiten: „Das Rauchen gehört aus meiner Sicht in allen Bereichen verboten, die öffentlich zugänglich sind, dazu zählen auch Strände, Badeseen oder öffentliche Plätze.“

Wie sinnvoll ist ein flächendeckendes Verbot?

Was das bewirken könnte, zeigt ein europäischer Vergleich der Raucher-Quoten. Da liegt Deutschland im unteren Mittelfeld mit 25 Prozent. Ganz oben steht Griechenland mit 37 Prozent, mit weitem Abstand am wenigsten Raucher und Raucherinnen leben hingegen in Schweden: neun Prozent.

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Wie hat Schweden das geschafft? Dank eines weitreichenden Rauchverbots, das laut Tagesspiegel vor einem halben Jahr ausgedehnt wurde. Seither ist es verboten, in den Außenbereichen von Restaurants und Cafés, vor Kneipen und Einkaufszentren, auf Bahnsteigen, an Bushaltestellen sowie auf Spiel- und Sportplätzen zu rauchen. Das Ziel ist laut der sozialdemokratischen Sozialministerin Lena Hallengren: „Wir wollen, dass Schweden bis zum Jahr 2025 rauchfrei wird.“

Ein Werbeverbot ist wahrscheinlicher

Ein Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen ist in Deutschland jedoch unwahrscheinlich, schreibt der MDR, eher wird Außenwerbung für Tabak verboten. Dazu hatte sich Deutschland eigentlich bereits 2005 verpflichtet, ein völkerrechtlich bindender Vertrag mit der Weltgesundheitsorganisation wurde damals unterschrieben. Doch ein Gesetzesentwurf hat es bis heute nicht ins deutsche Parlament geschafft. Mittlerweile aber mehren sich die Stimmen von Politikern und Politikerinnen zu einer Ausweitung des bestehenden Werbeverbots.

Dass weniger Werbung wirkt, zeigt etwa die Entwicklung minderjähriger Raucher und Raucherinnen in Deutschland: 2001 waren das noch 28 Prozent der 12- bis 17-Jährigen. Dann kam das Verbot für Tabak in Zeitungen, Zeitschriften und online. 2018, das sind die aktuellen Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, rauchten nur noch 6,6 Prozent der Jugendlichen.