Hochhausbrand London: Dieses Schild zeigt, wie kaputt unsere Gesellschaft ist
Viele Menschen legen am abgebrannten Grenfell Tower in London Blumen nieder. Doch dann gibt es auch diejenigen, die den Ort aus reiner Sensationslust besuchen. Wie wütend die Anwohner darüber sind, zeigt ein Schild, das sie aufgestellt haben.
Das Phänomen ist nicht neu – doch immer noch genauso traurig: Menschen, die an Unfallstellen oder Gedenkstätten lieber Selfies schießen als zu helfen oder kurz innezuhalten und den Opfern zu gedenken. Wie weit die Sensationslust einiger Touristen geht, müssen nun auch die Anwohner des abgebrannten Hochhauses Grenfell Tower in London erleben. Berichten zufolge lebten zwischen 400 und 600 Menschen in dem Sozialbau. Der verheerende Brand gehört zu den folgenschwersten Hochhausbränden weltweit. Es kamen bis zu 79 Menschen ums Leben – darunter zahlreiche Kinder.
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Wie wenig diese Tatsache einige Touristen berührt, zeigt ein Schild, das Anwohner des Hochhauses jetzt an der Unglücksstelle aufgestellt haben: „Grenfell ist eine Tragödie, keine Touristenattraktion #Selfies“ ist darauf zu lesen. Auf einem anderen steht: „Hört auf, Selfies zu machen!“
„Das hier ist weder die richtige Zeit, noch der richtige Ort, um Selfies zu schießen – vor einem Hochhaus, in dem meine Freunde gestorben sind“, sagt Lorraine Washington zur britischen „Metro“. Auf Twitter schreibt eine Userin: „Die Tatsache, dass Anwohner darum bitten müssen, dass keine Selfies mehr gemacht werden, zeigt, wie kaputt unsere Gesellschaft ist.”
Chaque jours des gens viennent se faire un petit selfie devant la Grenfell tower de Londres, en toute décence…https://t.co/GnECVwZaMR pic.twitter.com/ZaiBo4D5G4
— Erwann Gaucher (@egaucher) June 19, 2017
Noch während dicke Rauchschwaden aus dem Gebäude aufstiegen, positionierten sich bereits die ersten Selfie-Fans, um das tödliche Grauen als vermeintlich spektakuläres Hintergrundmotiv zu nutzen.
The fact that residents of Grenfell have had to ask people to stop taking selfies and acting like tourists shows how fucked our society is.
— B-rad (@bradeld123) June 18, 2017
Was geht nur in solchen Menschen vor? „Durch die Kamera nehmen wir alles gefiltert wahr. Das Hinsehen wird einfacher. Wir sind zwar live dabei, haben aber dennoch eine gefühlte Distanz zum Ereignis“, sagte der ADAC-Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino zu dieser Thematik schon zu Yahoo! Deutschland.
Für viele sind Likes und Shares alles, was zählt
„Schaulustige bekommen Rückmeldung auf die vermeintliche Sensation. Likes, Klicks und Shares der Posts geben diesen Menschen Antrieb und sie erfahren auf einmal Achtung statt Ächtung.“
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