Humanitäre Krise in Afghanistan: Acht Kinder verhungert aufgefunden

Unterkunft für Binnenvertriebene in einem Vorort von Kabul im Februar (Bild: REUTERS/Omar Sobhani)
Unterkunft für Binnenvertriebene in einem Vorort von Kabul im Februar (Bild: REUTERS/Omar Sobhani)

Ein erschütternder Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die humanitäre Katastrophe, die sich in Afghanistan anbahnt. Acht Kinder aus derselben Familie wurden verhungert in einem Haus in Kabul aufgefunden, wie afghanische Medien am Wochenende berichteten.

Der grausame Fund ereignete sich bereits vor drei Wochen im Westen der Stadt, wurde aber erst jetzt öffentlich gemacht. Die Kinder seien Vollwaisen und zwischen 18 Monaten und acht Jahren alt gewesen, sagte der örtliche Geistliche Mohammad Ali Bamiani, der die Beerdigung vorgenommen hatte, "Kabul Now". Sie seien vor ihrem Tod offenbar derart geschwächt gewesen, dass sie nicht mehr ihre Beine ausstrecken konnten.

Bei der Familie handelte es sich demnach um Hazara, die aus der Provinz Bamiyan nach Kabul gekommen waren. Der Vater und die Mutter seien kurz nacheinander an Krebs und einem Herzleiden gestorben, die Kinder hätten ansonsten keine Verwandten in der Stadt gehabt. Die mehrheitlich schiitischen Hazara werden in Afghanistan verfolgt und diskriminiert und leben oftmals in ärmlichen Verhältnissen.

Der frühere Abgeordnete Mohammad Mohaqiq gab den herrschenden Taliban und der internationalen eine Mitschuld an der Tragödie. Der Vorfall sei eine "Quelle der Schande".

UN warnen vor Hungersnot

Am Montag warnten die Vereinten Nationen, dass die Zahl der Menschen, die nicht ausreichend zu Essen haben, in Afghanistan im November auf über 22 Millionen steigen werde. Das Land leidet unter einer anhaltenden Dürre, mit der Machtübernahme der Taliban im August brachen zudem große Teile der Wirtschaft zusammen. Viele Hilfsorganisationen stellten ihre Arbeit ein, die internationalen Reserven der gestürzten Regierung wurden eingefroren.

Nach Jahren des Krieges gibt es in Afghanistan mehr als vier Millionen Binnenflüchtlinge. Alleine seit dem Vormarsch der Taliban in diesem Jahr sind mehr als 600.000 Menschen aus ihrer Heimat geflüchtet, viele von ihnen leben seit August in Kabul in wilden Lagern. Die Taliban vertreiben unterdessen weiter Tausende Menschen aus ihren Häusern, betroffen sind auch hier insbesondere Hazara sowie Tadschiken aus dem Pandschir-Tal und frühere Sicherheitskräfte und andere Mitarbeiter der ehemaligen Regierung mit ihren Familien.

"Wir befinden uns auf einem Countdown zur Katastrophe", warnt der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms, David Beasly. Ohne weitere Hilfen müssten sich Millionen Afghanen im Winter zwischen Migration und Hunger entscheiden. Darunter 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren, denen bis Ende des Jahres akute Unternährung droht.

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