Ist die Antarktis in großer Gefahr?

"Die mächtigste und schnellste Strömung auf dem Planeten"

Schwimmende Eisschollen in der Antarktis. (Bild: Getty Images)
Schwimmende Eisschollen in der Antarktis. (Bild: Getty Images)

Einem Team aus 40 Wissenschaftlern gelang es, durch Bohrungen 5,3 Millionen Jahre des antarktischen Zirkumpolarstroms aufzuzeichnen. Dabei machten die Forscher eine beunruhigende Entdeckung.

Der Klimawandel ist auf der ganzen Welt zu spüren. Immer wieder kommt es zu extremen Wetterereignissen. Viele Regionen haben mit langen Dürreperioden, heftigen Stürmen oder dramatischen Überschwemmungen zu kämpfen.

Weltweit beschäftigen sich Wissenschaftler mit den Auswirkungen des Klimawandelns. Besonders im Fokus stehen das schmelzende Eis der Antarktis und die damit einhergehende Erhöhung des Meeresspiegels.

40 Wissenschaftler aus zwölf Ländern haben im Rahmen einer Studie in diesem Zusammenhang eine riesige Strömung untersucht, die die Antarktis umkreist.

Strömung mit gigantischen Ausmaßen

Dabei handelt es sich um den sogenannten antarktische Zirkumpolarstrom (ACC), der kontinuierlich um den südlichsten Kontinent wirbelt und gigantische Ausmaße hat. Er führt mehr als 100-mal so viel Wasser wie alle Flüsse der Welt zusammen, reicht von der Meeresoberfläche bis zum Meeresgrund und hat einen Durchmesser von bis zu 2000 Kilometern. Er verbindet den Indischen, Atlantischen und Pazifischen Ozean und spielt laut den Forschern eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des globalen Klimas.

Geschwindigkeit nimmt bei Wärme zu

Laut den Wissenschaftlern der Columbia Climate School wurde festgestellt, dass die Strömung in den vergangenen Wärmeperioden an Geschwindigkeit zugenommen und das Polareis abgetragen hat.

Für die Untersuchengen wurden Bohrungen in den entlegensten Gewässern des Südpazifik durchgeführt. Dafür warfen die Wissenschaftler Bohrstränge 3600 Meter tief auf den Meeresboden und entfernten jeweils 150 und 200 Meter lange Sedimentkerne. Mithilfe von Röntgentechnik analysierten sie später Schichten, die über Millionen von Jahren entstanden waren und konnten so die Entwicklung des ACC 5,3 Millionen Jahre zurückverfolgen.

Die Strömung existiert seit vielen Millionen Jahren

Die Forscher gehen davon aus, dass die Bedingungen für den ACC bereits vor 34 Millionen Jahren geschaffen wurden, als die Kontinentalplatten weiter auseinander drifteten. Es sei anzunehmen, dass die Strömung in ihrer modernen Form, in der sie die Antarktis im Uhrzeigersinn umkreist, vor etwa zwölf bis 14 Millionen Jahren begann.

Das internationale Forschungsteam entdeckte, dass sich die Strömung während vergangener natürlicher Klimaschwankungen parallel zur Erdtemperatur bewegt hat. In kalten Zeiten hat sich die Strömung verlangsamt, in warmen Perioden hat sie an Geschwindigkeit zugenommen, was zu Eisverlusten in der Antarktis geführt habe. Dies könne laut den Forschern darauf hindeuten, dass sich die heutige Beschleunigung mit fortschreitender vom Menschen verursachter Erwärmung fortsetzen und den Eisschwund in der Antarktis beschleunigen wird.

Polareis schmilzt wie Eiswürfel in warmem Wasser

"Dies ist die mächtigste und schnellste Strömung auf dem Planeten. Es ist wohl die wichtigste Strömung des Erdklimasystems", so Gisela Winckler, Mitautorin der Studie, Geochemikerin am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University und Mitleiterin der Sedimentprobenexpedition. Die Studie weise darauf hin, dass der Rückzug oder Zusammenbruch des antarktischen Eises mechanistisch mit einem verstärkten ACC-Fluss zusammenhängt. Ein Szenario, das man heute im Zuge der globalen Erwärmung beobachtet habe.

"Wenn man einen Eiswürfel in der Luft liegen lässt, dauert es eine ganze Weile, bis er schmilzt. Wenn man sie mit warmem Wasser in Kontakt bringt, geht es schnell“, erklärt die Wissenschaftlerin das Prinzip.

„Diese Ergebnisse liefern geologische Beweise für einen weiteren Anstieg des ACC-Flusses bei anhaltender globaler Erwärmung“, heißt es abschließend in der Studie der Forscher. Wenn sich die Vermutung bewahrheitet, würde ein zukünftiger Anstieg des ACC-Flusses mit der Erwärmung des Klimas eine Fortsetzung des in instrumentellen Aufzeichnungen beobachteten Musters bedeuten, mit wahrscheinlich negativen Folgen, so die Wissenschaftler.