Hochwasser-Alarm im Süden: Feuerwehrmann stirbt, ICE entgleist

In Süddeutschland sind Helfer nach Dauerregen pausenlos im Einsatz, ein Einsatz endet tragisch. In Baden-Württemberg entgleist ein ICE. Wann wird das Wetter besser?

Augsburg/Ravensburg (dpa) - Gebrochene Dämme, ein toter Feuerwehrmann und Menschen, die aus überfluteten Wohnhäusern gerettet werden: Heftiger Dauerregen hat am Wochenende für Überschwemmungen in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs gesorgt. Zehntausende Einsatzkräfte pumpten Keller leer und sicherten Straßen und Deiche mit Sandsäcken. Mehrere Landkreise riefen den Katastrophenalarm aus. Im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd entgleiste ein ICE nach einem Erdrutsch. Auf den Straßen kam es wegen Aquaplanings zu Unfällen mit Verletzten. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab noch keine Entwarnung und sagte weiteren Regen voraus.

So wie in Fischach bei Augsburg war die Lage an vielen Orten in Süddeutschland (Bild: REUTERS/Ayhan Uyanik)
So wie in Fischach bei Augsburg war die Lage an vielen Orten in Süddeutschland (Bild: REUTERS/Ayhan Uyanik)

Es sind extreme Regenmengen, die seit Freitagabend fallen und die der Boden schlicht nicht mehr aufnehmen kann. Mehrere Bäche und Flüsse in Süddeutschland traten über die Ufer, besonders betroffen war Bayern. Zum Beispiel in Bad Wörishofen westlich von München fielen laut DWD bei dem Starkregen 129 Liter binnen 24 Stunden. Der Schnitt liege bei 101 Litern im Monat. Feuerwehren und andere Nothelfer sind im Dauereinsatz - um Wasser abzupumpen, Gebieten abzusperren, aber auch um Menschenleben zu retten.

Bei einer solchen Rettungsaktion in Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern starb ein 42-jähriger Feuerwehrmann. Dem zuständigen Landratsamt zufolge kenterte er bei einem Einsatz mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot und wurde am frühen Sonntagmorgen tot geborgen. Sein Tod löste Bestürzung aus. In Offingen in Schwaben wurde ein weiterer Feuerwehrmann vermisst. Der 22-Jährige war ebenfalls in einem Boot unterwegs. In Schrobenhausen wurde in einem überfluteten Keller eine vermisste Frau vermutet.

In mehr als zehn Landkreisen galt der Katastrophenalarm. Im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm spitzte sich die Lage am Sonntagmittag zu. Ein Feuerwehrsprecher sprach von einem unberechenbaren Hochwasser, «das wir so auch noch nie verzeichnen mussten». Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besuchten betroffene Gebiete. Am Montag will sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Bild von der Lage machen. Die Politiker würdigten die Arbeit der Einsatzkräfte.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besuchten betroffene Gebiete in Bayern. (Bild: Getty Images)
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besuchten betroffene Gebiete in Bayern. (Bild: Getty Images)

Wie hoch der Schaden ausfällt, lässt sich noch nicht abschätzen. Meteorologen und Behörden warnten frühzeitig eindringlich vor den Gefahren. Unfälle gab es zumeist auf Straßen, weil vermutlich zu viel Wasser auf den Straßen war. Am Rathaus in Allershausen im oberbayerischen Landkreis Freising wurde ein Mann bei Stromarbeiten lebensgefährlich verletzt. Der 27 Jahre alte Beschäftigte eines Energieunternehmens habe einen Stromschlag erlitten, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord.

Allein in Bayern sind laut Landesinnenministerium bislang 3000 Menschen von Evakuierungen betroffen. Menschen wurden auch mit Booten und Hubschrauber aus ihren Häusern geholt. Viele wissen nicht, ob sie überhaupt dort wieder einziehen können. Vielerorts wurde der Strom vorsorglich abgeschaltet. Nicht wenige konnten deshalb nicht mehr kommunizieren, weil der Handy-Akku leer war - das ist im Ernstfall durchaus gefährlich.

Glück im Unglück hatten Reisende des ICE, der bei Schwäbisch Gmünd entgleiste. Bei dem Unfall am Samstagabend wurde nach Angaben der Deutschen Bahn niemand verletzt. Die für den Fernverkehr wichtige Strecke zwischen Stuttgart und München war zwischenzeitlich gesperrt. Der Zug wurde am Sonntag geborgen. Dem Bahnsprecher zufolge sprangen die ersten beiden Waggons auf der Fahrt von München nach Köln aus den Gleisen, kippten aber nicht um. Auch anderenorts im Süden waren Bahnstrecken gesperrt.

Einsatzkräfte stehen am Abend an der Bahnlinie bei Schwäbisch Gmünd. Zwei Waggons eines ICE mit 185 Passagieren an Bord sind nach einem Erdrutsch entgleist ( Bild: Fabian Koss/onw-images/dpa)
Einsatzkräfte stehen am Abend an der Bahnlinie bei Schwäbisch Gmünd. Zwei Waggons eines ICE mit 185 Passagieren an Bord sind nach einem Erdrutsch entgleist ( Bild: Fabian Koss/onw-images/dpa)

Aber auch auf den Straßen war Geduld gefragt: Am Sonntag wurde zum Beispiel die A9 bei Ingolstadt in Oberbayern nach einem Dammbruch gesperrt.

Während sich die Lage in Bayern am Sonntag teils weiter zuspitze, atmeten in Baden-Württemberg die ersten Einsatzkräfte durch. Zum Beispiel in Ochsenhausen nördlich des Bodensees sagte der dortige Bürgermeister Christian Bürkle, es zeichne sich langsam Besserung ab. Der Pegel des Flusses Rottum sei wieder etwas gesunken. Dagegen standen Teile der Gemeinde Meckenbeuren am Bodensee noch unter Wasser. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte: «Auch für die kommenden Stunden ist in vielen betroffenen Regionen lokaler Starkregen angekündigt.»

In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mussten Feuerwehren nach einzelnen heftigen Regengüssen ausrücken, weil Keller und Straßen unter Wasser standen. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Südthüringen ging zum Beispiel eine Schlammlawine herunter. Auch in der Schweiz gab es Einsätze wegen Starkregens.

Für den Sonntag rechnete der DWD mit weiteren Regenfällen und möglichen Gewittern im Süden und Osten. Dort ist erst ab Dienstag in fast allen Regionen mit einer Entspannung der Wetterlage zu rechnen. Am Montag gebe es zunächst noch vom Bodensee bis nach Niederbayern Schauer, Gewitter und lokal auch Unwetter durch Starkregen, teilte der Deutsche Wetterdienst in Offenbach mit. Im Norden und Nordwesten würden Wolken aufziehen, aber es gebe nur eine geringe Niederschlagsneigung. Ansonsten sei es heiter, teils wolkig und trocken bei Temperaturen zwischen 15 und 22 Grad.