Kommentar: 18 Euro Parkgebühr für SUVs sind eine prima Idee

Paris führt drastische Parkgebühren für SUVs ein: In der Innenstadt wird eine Stunde 18 Euro kosten. Der Schritt gilt erstmal nur für Besucher, nicht für Anwohner. Aber er ist einer in die richtige Richtung – und Vorbild für Deutschland. Denn auch hier wird der öffentliche Raum immer knapper. Zeit, ihn sich zurückzuholen.

Was passt besser zum Haus: Der SUV oder das Fahrrad? Eine Szene aus Paris (Bild: REUTERS/Sarah Meyssonnier)
Was passt besser zum Haus: Der SUV oder das Fahrrad? Eine Szene aus Paris. (Bild: REUTERS/Sarah Meyssonnier)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Hauptstadt Frankreichs führt einen Feldzug. Er richtet sich gegen alles, welches das Leben in Paris schlechter macht. Jüngster Coup in diesem Sinne: Die Stadtverwaltung ließ die Bürger über Parkgebühren abstimmen. Und die entschieden sich in knapper Mehrheit für krasse Erhöhungen. Was hat das mit Lebensverbesserung zu tun, wenn Bürger dem Staat mehr berappen müssen, nur weil sie ihr Auto abstellen wollen, ist das nicht die gewohnte Abzocke, ein Eingriff in die persönliche Freiheit?

Kann man so sehen. Wer sich aber die Hintergründe anschaut, ist von der Entscheidung in Paris wenig überrascht.

(deutsch: 78.121 von Ihnen haben für die Einführung eines speziellen Tarifs für das Parken von SUVs gestimmt! Diese Abstimmung ist auch ein weiterer Schritt in Richtung einer gesünderen, friedlicheren und weniger verschmutzten Stadt. In den kommenden Monaten wird der Preis für parkende Plug-in-Hybrid- und Thermal-SUVs über 1,6 t und Elektro-SUVs über 2 t verdreifacht. Diese Ergebnisse werden an diesem Montag, 5. Februar, von der Kontrollkommission zertifiziert.)

Was ist passiert?

Statt sechs Euro pro Stunde sollen die Parkgebühren auf 18 Euro im Zentrum steigen – aber nicht für alle, sondern für SUVs und andere schwere Fahrzeuge. Das betrifft Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektroautos ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht. Den Sondertarif für SUVs sollen ausschließlich Besucher bezahlen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. In den Außenbezirken soll der Tarif von vier auf zwölf Euro steigen. Das heißt: Wer in der Nähe des Eiffelturms einen halben Tag lang parkt, zahlt für diese 12 Stunden 216 Euro. Ziemlich happig. Nur: Falls man einen Parkplatz findet. Denn dies ist Teil des Problems.

Denn der Raum zum Abstellen des Fahrzeugs wird knapp. Das liegt daran, dass die Autos immer größer werden. Wo früher zwei Fahrzeuge hinpassten, macht sich heute eines breit. Die Städte aber können nicht in eine andere Dimension hineinwachsen, der Raum ist begrenzt. Und in den vergangenen Jahrzehnten haben die Autos immer mehr davon erobert.

Die Folge: Wer nicht im Inneren eines Metallkäfigs sitzt, bewegt sich immer unsicherer. Der Platz für Fußgänger wurde beschnitten, Fahrradfahrer zählten historisch wenig. Straßen nahmen sich immer mehr vom Ortskuchen. Die Luft wird immer schlechter. Eigentlich ein Irrsinn, den wir uns da antun. Und langsam greift die Erkenntnis, dass es vielleicht besser anders laufen würde.

Panzer zurück in die Kasernen

Wer einen SUV fährt, verbraucht nicht nur mehr Energie. Man gefährdet mehr die anderen Verkehrsteilnehmer, weil sich solch ein Auto einem Panzer annähert und die Fahrer weniger sehen. Und dann kommt noch das Ding mit der Größe und dem begrenzten Platz. Hier geht es um eine individuelle Freiheit des SUV-Fahrens, die mit der individuellen Freiheit anderer Menschen kollidiert. Nur ist das eine die Freiheit weniger Menschen – und das andere die von vielen. Bisher nahmen Viele Rücksicht auf Wenige. Nur macht dieses Zurücktreten wenig Sinn, denn die Nachteile verschwinden nicht: Mehr Gefahr, weniger Mobilität für Nicht-Autorfahrer, schlechtere Luft.

Infografik: SUV-Zulassungen erreichen neuen Rekordwert | Statista
Infografik: SUV-Zulassungen erreichen neuen Rekordwert | Statista

Schließen wir doch einmal unsere Augen. Stellen wir uns vor, wie die Straße, in der wir wohnen, von weniger Autos befahren werden würde. Wenn die Bürgersteige breiter wären, mehr Bäume stünden, ein Fahrradstreifen gesichertes Fahren ermöglichte. Wäre doch okay, oder?

Bisher sind die Parkgebühren in Deutschland schon am Steigen, aber im Vergleich zu den Metropolen anderer Länder bescheiden. In München zahlt man nur 2,50 Euro pro Stunde, in Hamburg sind es 3,50 Euro, in Berlin, Köln und Frankfurt am Main vier Euro – und der Spitzenreiter ist Stuttgart mit 4,60 Euro; dies nicht ohne Grund, denn die ursprüngliche "Autostadt" mit dem Mercedesstern liegt in einem Talkessel und erstickt regelmäßig an den Abgasen. Wer mehr leidet, lernt schneller.

Jeder Quatsch kann mal sein Ende haben

Die Abstimmung in Paris hat einen Haken. Nur sechs Prozent der zur Wahl aufgerufenen Bürger beteiligten sich am Votum. Aber all dies ist ein Anfang. Es wird das Bewusstsein dafür schärfen, was bei uns falsch läuft und langsam hinterfragt werden sollte. Der SUV zum Beispiel ist ein aktueller Ausdruck eines Egoismus, der in unserer Gesellschaft immer mehr Raum greift. Nur ist das nicht guttuend. Und keinem fällt ein Zacken aus der Krone, wenn man in ein kleineres Auto steigt; wenn es ein Auto sein soll oder muss. Noch. Aber das sind fernere Zukunftsfragen. Die Stadt wird in 50 Jahren anders aussehen. Und dann wird man über die Parkraumbewirtschaftung zum Anfang des 21. Jahrhunderts nur lächeln.

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