Kommentar: Putin, der alte Loser, ist out

Ein Propagandafoto aus glücklicheren Zeiten: Russlands Präsident Wladimir Putin in Cowboypose. Okay, die Sonnenbrille vergaß er abzunehmen, die erinnert mehr an den Ex-Agenten (Bild: REUTERS/RIA Novosti/Pool/Alexei Druzhinin)
Ein Propagandafoto aus glücklicheren Zeiten: Russlands Präsident Wladimir Putin in Cowboypose. Okay, die Sonnenbrille vergaß er abzunehmen, die erinnert mehr an den Ex-Agenten (Bild: REUTERS/RIA Novosti/Pool/Alexei Druzhinin)

„Blitzkrieg“ sieht anders aus. Russlands Präsident Wladimir Putin liebt die Schwäche – aller Anderen. Doch mit jedem Tag steht er isolierter und peinlicher da. Bleibt zu hoffen, dass dieser Verbrecherlügner nicht zu noch krasseren Potenzmitteln greift.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Gäbe es eine Weltmeisterschaft im Cringe, hätte Wladimir Putin sie mit Abstand gewonnen. Zu einer Party wird er für lange, lange Zeit nicht mehr eingeladen. Zu fies, zu verlogen. Mit dem will doch keiner stehen.

Für Putin geht es gerade nach hinten los.

Sein allererster Fehler war natürlich, einen Angriffskrieg gegen ein unschuldiges Nachbarland zu befehlen. Sein zweiter, dass er meinte ihn aus der Hüfte heraus führen zu können. Das Ziel des Kremlherrschers ist nach wie vor, die ukrainischen Staatsstrukturen zu überrollen, sie zu zerschmettern. Dass sie sich derart demokratisch regen, geht in seinen Augen gar nicht. Doch nicht einmal die erste Garde seiner Waffen ließ Putin einsetzen: Er überschätzte massiv das militärische Potenzial seiner Kriegskräfte und unterschätzte die Verteidigungsbereitschaft sowie -fähigkeiten der Ukrainer. Die zeigen sich gerade zusammengeschweißt, leisten zähen Widerstand. Keine weitere Stadt wurde von russischen Soldaten eingenommen. Keine wird lange gehalten werden, wenn es so weitergeht. In der Ukraine scheint er sich weniger auszukennen als angenommen.

Sein dritter Fehler war die Annahme, auch diesmal mit einem Schurkenstück international durchzukommen. Es hat ja auch bisher immer geklappt: Die Krim nahm Putin 2014 im Handstreich und konnte hübsch grimmig in Kameras lächeln. In Syrien räumte er mit Bombenteppichen auf und konnte sich entschlossen zeigen. In Deutschland ließ er seine Agenten morden, in Russland Andersdenkende beiseiteschaffen und konnte seinen Schwarzgurt im Judo triumphal in die Höhe recken.

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Heute aber sieht man ihn verlassen an korridorlangen Tischen, wie ein vereinsamter Fiesling. Seine Grimmigkeit hat sich in Verstocktes verwandelt, seine Potenz in die Suche nach dem Apothekerschränkchen. Putin braucht dringend eine blaue Politpille.

Wladi allein zuhaus

Damit steht seine Politik wie der Krieg in der Ukraine am Scheideweg. Entweder sucht der Verbrecherlügner einen Ausweg, der zwar nie gesichtswahrend wäre, aber ihm einen Machterhalt garantierte: ein paar Kompromisse der ukrainischen Politiker, ein bisschen Händeschütteln und dann Abzug, als wäre nichts gewesen.

Das wäre natürlich nur eine Fassade. Der Schaden ist längst da. Aber es wäre der am wenigsten schmerzende Exit für den Kreml.

Oder Putin entscheidet sich, noch einmal durchzuziehen. Die wirklich bösen Waffen auszupacken. Einen Luftkrieg zu beginnen. Ukraine in ein Syrien zu verwandeln.

In Syrien vermochten es russische Flieger, zivile Krankenhäuser in einer ersten Welle mit Raketen zu durchlöchern – und als Hilfskräfte zur Evakuierung der Patienten hinzueilten, schossen sie die zweite Welle rein. Das ist, was der Ukraine blüht. Denn Putin ist wütend. Er ist gewohnt, dass er diktiert. Doch die vergangenen Tage drehen dies Manöver um.

Die Frage ist nun, wie viel Donald Trump steckt in Putin? Wie blöd ist er tatsächlich? Wie rational noch? Dass Putin seine Atomstreitkräfte in Bereitschaft versetzen ließ, zeugt von seiner Pokermentalität. Oder von seiner Verzweiflung, in der man alte Männer, die ihre Potenz verlieren, besser nicht lässt – oder ihnen wenigstens die Spielzeuge abnimmt. Die Befürchtung, dass Putin weiter reizt, bis zu einem Atomschlag, ist irre. Aber da ist sie. Er würde ihm wieder eine Stärke zurückgeben, eine der voldemortschen Art zwar, aber man nimmt, was man kann.

Eine komplett ungewisse Zukunft

Russland steht am Scheideweg. Putin gelang eine Einigung der demokratischen Länder wie nie. Er hauchte der Nato neuen Lebensatem ein. Alles ging für ihn nach hinten los. Was, wenn dies nicht nur für ihn gälte, sondern für das ganze Land?

Was, wenn wir in diesen Tagen den Anfang vom Ende des Russlands sehen, wie wir es kennen? Die wirtschaftlichen Antworten auf Putins Feldzug sind verheerend für sein Reich. Die Oligarchen könnten nervös werden. Fliehkräfte sich entwickeln. Und chinesische Blicke sich westwärts richten. Putin entschied sich für das Spiel „Das Recht des Stärkeren“. Es könnte sich nun auch gegen ihn richten.

All dies ist nicht zu wünschen. Stattdessen bräuchten wir alle einen großen Wecker, der uns aus diesem Alptraum stößt. Und dass Putin die Ausfahrt wählt.

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