Kommentar: Ron DeSantis will US-Präsident werden – auf dem Rücken Anderer

Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit seiner Familie bei einem Marsch zum Nationaltag des 4. Juli in Merrimack (Bild: REUTERS/Brian Snyder)
Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit seiner Familie bei einem Marsch zum Nationaltag des 4. Juli in Merrimack (Bild: REUTERS/Brian Snyder)

Der konservative Republikaner versucht sich von seinem Rivalen Donald Trump abzusetzen – und hetzt in einem neuen Video gegen LGBTQ+. Das hat System. Der Gouverneur aus Florida zieht seine Macht aus der Jagd gegen Menschen, die er als schwächer ausmacht. Will man so jemanden im Weißen Haus?

Ein Kommentar von Jan Rübel

Bei manchen Bildern weiß man nicht: Soll ich lachen oder weinen? Welche dieser Art kommen gerade aus einem „War Room“ von Ron DeSantis, dem Gouverneur Floridas und derzeit härtesten Anwärter auf die Kandidatur der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl Ende 2024 – hinter Donald Trump. Dieser „Kriegsraum“ ist die inoffizielle Schaltzentrale für das besonders Schmutzige in seinem Wahlkampf, und die Bilder ihres neusten Clip schmerzen.

Zum Lachen ist, dass DeSantis dort seine Porträtfotos mit denen von bekannten Schauspielern einbaut, etwa Brad Pitt in „Troja“ oder Cillian Murphy in „Peaky Blinders“, dazu dramatische Musik wie in einem Computerspiel. Die Botschaft: DeSantis, dessen Gesicht eher einem Muffin ähnelt, ist ein harter Krieger und Straßentyp, einer der aufräumt. Und mit wem? An dieser Stelle kommen wir zum Weinen.

Denn der Gegner, den sich der Gouverneur auserkoren hat, ist die LGBTQ+-Gemeinschaft. Da meint der Clip gleich zu Anfang den Rivalen Trump verunglimpfen zu können, als er ihn mit den Worten zitiert, LGBTQ-Bürger zu schützen. Und dann geht es weiter: Der Clip versteht sich als Beitrag zum „Pride Month“, würfelt dann vieles wild durcheinander, da wird die Gefahr für Frauenräume durch trans ,Menschen heraufbeschworen; DeSantis rühmt sich für sein so genanntes „Don’t-Say-Gay“-Gesetz, das es an Schulen untersagt, über Geschlechtsidentitäten zu sprechen.

Schmierig wird als geradlinig verkauft

Das Kalkül ist klar: DeSantis, der in den Umfragen hinter Trump liegt, will sich als der rechtere Hardliner, der markigere Sprücheklopfer inszenieren und somit den rechten Flügel der Republikaner mobilisieren. Und er ist auch ein Macher. Denn DeSantis schafft in seinem Bundesstaat Fakten. „Make America Florida“ ist sein Wahlspruch. Es ist immer die gleiche Masche.

Infographic: DeSantis or Trump in 2024? | Statista
Infographic: DeSantis or Trump in 2024? | Statista

Vor kurzem hat er ein Anti-Migrationsgesetz durchgepeitscht, das Arbeitgeber und Krankenhäuser dazu verdonnert, den Aufenthaltsstatus von Angestellten und Patienten zu prüfen – ein demokratisches Unding, das Blockwartmentalität in Gesetzesblei gießt. DeSantis hat die Schwelle für Todesurteile gesenkt und erlaubt das Tragen von Waffen fortan ohne Erlaubnis, Schulung oder Hintergrundprüfung in der Öffentlichkeit. Das Abtreibungsverbot verschärfte er, stellte die Hilfe für die angegriffene Ukraine in Frage und verhielt sich während der Coronapandemie äußerst lax beim Durchsetzen von Sicherheitsmaßnahmen.

Fassen wir zusammen: Seine Politik richtet sich gegen Menschen mit Einwanderungsgeschichte, gegen Straftäter, gegen Opfer von Waffengewalt, gegen Frauen, gegen Ukrainer und gegen Risikogruppen gegenüber dem Coronavirus. Was all diese Menschen gemeinsam haben: Sie haben weniger Macht, in den Hierarchiestrukturen alter Art sind sie marginalisiert. Da fehlt nur noch die LGBTQ+-Gemeinschaft. Die passt auch wunderbar in eine Schublade.

2018 saßen Ron DeSantis und der damalige US-Präsident Donald Trump noch einträchtig nebeneinander, nun streiten sie mit harten Bandagen um die Kandidatur (Bild: Mark Wilson/Getty Images)
2018 saßen Ron DeSantis und der damalige US-Präsident Donald Trump noch einträchtig nebeneinander, nun streiten sie mit harten Bandagen um die Kandidatur (Bild: Mark Wilson/Getty Images)

Wie war DeSantis wohl im Sandkasten?

DeSantis sucht sich Gegner aus, mit denen meint fertig werden zu können. Er betreibt eine Politik auf ihrem Rücken und ausschließlich aus dem Motiv heraus, daraus einen Nutzen zu ziehen. DeSantis wird zuweilen als harter Ideologe beschrieben, als ein Fanatiker. Dabei unterliegen seine Handlungen und Sprüche nur einer Logik des Pragmatismus. Er ist der Feigling, der Andere mobbt, um sein Selbstbewusstsein zu pushen.

Nebenbei konstruiert er Gefahren für die Gesellschaft, die es nicht gibt. Solche Spiegelfeinde bekämpft er am liebsten, denn dann sieht er aus wie die Filmhelden in seinem Clip. So sad, würde man am liebsten sagen, aber die Worte Donald Trumps bleiben ebenfalls im Halse stecken. Was die Republikanische Partei derzeit an Kandidaten aufzuweisen hat, lässt nur einen Schluss zu, der leider unrealistisch ist: Auflösen und nachhause gehen.

DeSantis lässt gern den Ruf über sich verbreiten, er sei ein Trump mit Köpfchen. Das stimmt insofern, dass er weniger erratisch und mehr organisiert ist. Er arbeitet seine Agenda punktgenau ab. Wie er indes als Präsident wäre, lässt sich nicht vorhersagen. Florida baut er zu einer reaktionären Trutzburg um, er nutzt seinen Einfluss konsequent, um Schaltstellen der Behörden mit ihm loyalen Leuten zu besetzen. Als Präsident würde er Amerika auf dem Weg nach Rechts begleiten. Er würde das Land spalten und rasch in die Bredouille geraten. Daher wäre es auch möglich, dass er seine rechte Agenda als Präsident zu nicht geringen Teilen über Bord werfen würde - die immer diverser werdenden USA dulden immer weniger in ihrer Masse den rechten Trashtalk. Und international wäre DeSantis zwar ein Isolationist wie Trump und damit kein echter Freund Europas. Aber er wäre verlässlicher und konsequenter - und das ist in der Diplomatie nicht unwichtig. Letztlich bleibt das Fazit: Gibt es nicht noch jemand anderen?

Video: DeSantis wirbt für aggressive Migrationspolitik