Kommentar: Wie Barack Obama die Sehnsucht der Demokraten entfacht

Barack Obama ist bekannt dafür, ein hervorragender Redner zu sein. (Bild: Getty Images/ Jussi Nukari)
Barack Obama ist bekannt dafür, ein hervorragender Redner zu sein. (Bild: Getty Images/ Jussi Nukari)

Der Ex-Präsident mischt im Wahlkampf um die Midterms mit – und offenbart, wie sehr man ihn braucht.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Am Anfang dieses Kommentars ein Blick in die US-Verfassung: Dürfte Barack Obama eigentlich noch einmal US-Präsident werden? Schließlich gab es einmal einen Franklin Delano Roosevelt, der insgesamt viermal gewählt wurde. Doch diese Zeiten sind vorbei: Seit 1951 hat die Verfassung festgeschrieben: Mehr als zweimal kann kein Mensch zum Präsidenten gewählt werden.

Damals wurde argumentiert, man wolle in den USA „keinen wohlwollenden Diktator auf Lebenszeit“ – was bei den undemokratischen Vorstößen Donald Trumps als aktueller Amtsinhaber durchaus beruhigt. Doch Obama entwickelt sich gerade zum stärksten Widersacher seines Nachfolgers. Obama, der zwischen 2009 und 2017 im Weißen Haus regierte, ist in den Wahlkampf eingestiegen. Und er kritisiert Trump, wie noch nie zuvor ein ehemaliger Präsident seinen Nachfolger angegangen hat.

Aber Trump ist auch kein normaler Präsident. Daher hat sich Obama aus dem bequemen Ruhestand gelöst und tritt in Gegenden für Kandidaten seiner Demokratischen Partei auf, die er kaum kennt. Aber es geht gegen Trump.

Wer mobilisiert besser?

Denn die so genannten Midterm-Wahlen haben keine geringe Bedeutung. Das gesamte Abgeordnetenhaus wird neu gewählt, und auch ein Drittel des Senats. Bisher regieren in beiden Parlamenten die Republikaner des Präsidenten, welche anfangs arg mit Trumps Gruselstil fremdelten, sich aber nun in einer Mischung aus Staatsraison und Opportunismus an seiner Seite eingefunden haben. Sollten die Demokraten allein eines der beiden Häuser übernehmen, wäre Trump mehr auf Kompromisse angewiesen, sein Hopplahopp würde sich wenigstens nicht allzu rasch in Gesetzeskraft verwandeln.

Der Demokrat Barack Obama (l.) war von 2009 bis 2017 der 44. Präsident der Vereinigten Staaten. Der Republikaner Donald Trump ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten und seit dem 20. Januar 2017 im Amt. (Bild: Getty Images/ Don Emmert / Ethan Miller)
Der Demokrat Barack Obama (l.) war von 2009 bis 2017 der 44. Präsident der Vereinigten Staaten. Der Republikaner Donald Trump ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten und seit dem 20. Januar 2017 im Amt. (Bild: Getty Images/ Don Emmert / Ethan Miller)

Und Trump mobilisiert. Gegen seine Lügen, Verschwörungstheorien und Hetzen erscheinen die Demokraten zunehmend machtlos, denn es ist halt schwer sich durchzusetzen, wenn man erstmal Vorwürfe und Anklagen entkräften muss. Diese sind zwar allesamt haltlos, aber bis dies dokumentiert ist, ist Trump längst weitergezogen, mit der nächsten Lüge. Er hat das Land vergiftet.

Nun giftet Obama zurück. „Das ist nicht die Art, wie Amerika funktioniert. So funktionieren Billig-Diktaturen“, zitierte das Portal „Buzzfeed“ Obama bei einer Rede in Las Vegas – mit Blick auf Trumps Versuche der Einflussnahme auf die Arbeit des FBI.

Dann holte Obama aus, um Trumps liebstes Märchen zu dekonstruieren: Er warnte die Zuhörer, beim Lob der Trump-Regierung über „Wirtschaftswunder“ in den USA zu vergessen, „wer die Grundlage dafür gesetzt hat“.

Tatsächlich stimmt, dass alle guten wirtschaftlichen Kennzahlen in den USA längst in Obamas Amtszeit erschienen und die Nachfolgeregierung davon nun profitiert. Am Ende wurde Obama emotional. „Bei dieser Wahl zu Hause zu bleiben, wäre extrem gefährlich für dieses Land und diese Demokratie“, sagte er. Und weiter: „Diese November-Wahl ist die wichtigste meines Lebens, und das schließt auch meine beiden Präsidentschaftswahlen ein.“

Obama ist der neue Antipode zu Trump. Der wird die Kritik sicherlich aufnehmen und kontern. Schließlich fungierte Obama bei den Republikanern als eine liberale Hassfigur, an der sich noch heute wunderbar für Konservative abarbeiten lässt. Die Frage ist, wer mehr mobilisiert und gleichzeitig weniger Ablehnung hervorruft.

Der Mangel der Demokraten

Obamas Auftritte zeigen auch, wie nötig sie für die Demokraten sind. Der Partei mangelt es an einer einenden Figur. Charisma wird in diesen Zeiten zur immer teureren Währung – und da gibt es zwar junge Hoffnungsträger bei den Demokraten wie Beto O’Rourke in Texas und Alexandria Ocasio-Cortez in New York. Aber noch verfügen sie weder über die nötige Erfahrung noch Strahlkraft. Und Michelle Obama, die ehemalige First Lady, hat bisher allen Anfragen für eine Kandidatur eine Absage erteilt.

Bis die Demokraten also eine Kandidatin oder einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 gefunden haben, heißt Trumps bedeutsamster Gegenspieler: Barack Obama.

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