Könnte die Wehrpflicht in Deutschland wieder eingeführt werden?

Der Krieg in der Ukraine hat die Bundeswehr wieder in den Fokus gerückt - und damit auch das Thema Wehrpflicht in Deutschland. 2011 wurde diese ausgesetzt, wenn auch nicht abgeschafft. Könnte die Wehrpflicht also wieder eingeführt werden, und welche Umstände müssten dafür gegeben sein? So ist die aktuelle Lage.

• Die Wehrpflicht steht im Grundgesetz - endgültig abgeschafft wurde sie nie

• Der Bundestag könnte sie in ihrer damaligen Form wieder einführen

• Für die Änderung des Grundgesetzes wäre eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig

• Kurzfristig könnte die Bundeswehr eine Wiedereinführung kaum stemmen

• Eine relative Mehrheit der deutschen Bürger ist für eine Rückkehr zur Wehrpflicht

Früher mussten junge Männer - meist direkt nach dem Schulabschluss - zum Bund, denn in Deutschland gab es eine Wehrpflicht. Vor etwa einem Jahrzehnt wurde diese unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt und stattdessen ein freiwilliger Wehrdienst ab 17 Jahren eingeführt.

Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine flammt nun die Debatte über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland wieder auf. Für den Ernstfall, so meinen viele, sollte die Wehrfähigkeit im Land verbessert werden. Könnte die allgemeine Wehrpflicht zurückkehren?

Allgemeine Wehrpflicht - was bedeutet das?

Wehrpflicht bedeutet die Pflicht für junge Männer ab 18 Jahren, dem Militär des eigenen Landes für zumindest eine gewisse Zeit zu dienen. In der Bundesrepublik Deutschland wurde diese im Jahr 1955 mit der Gründung der Bundeswehr eingeführt und sogar im Grundgesetz verankert. Erwachsene, gesunde Männer mussten demnach ein Jahr lang Wehrdienst verrichten. Wer dies aus Gewissensgründen nicht machen wollte, konnte alternativ den sogenannten Zivildienst verrichten.

Lässt sich die Wehrpflicht in Deutschland einfach wieder einführen?

Wie bereits erwähnt wurde die Wehrpflicht in Deutschland nie abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt. Auf dem gleichen Weg könnte der Bundestag die Wehrpflicht also in ihrer ursprünglichen Form wieder einführen, beispielsweise mit der Begründung einer möglichen Bedrohung.

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Schwierig wird es, wenn die Wehrpflicht mit neuen Regeln eingeführt werden würde - beispielsweise, indem zukünftig sowohl Männer als auch Frauen dienen sollten. Hierfür müsste das Grundgesetz geändert werden, wofür es einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf.

Wie sieht es bei einer akuten Bedrohung wie Krieg aus?

Im Grundgesetz ist auch der "Verteidigungsfall" sowie dessen Vorstufe, der "Spannungsfall", vorgesehen, die ebenfalls ein Anlass wären, die Situation rund um die Wehrpflicht neu zu bewerten. Um diese beiden Stufen auszurufen, benötigt es ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag sowie die Unterschrift des Bundespräsidenten unter dem neu beschlossenen Gesetz. Weder Verteidigungsfall noch Spannungsfall sind in der Geschichte der Bundesrepublik indes bislang vorgekommen - auch nicht im Kalten Krieg.

Ließe sich die Wehrpflicht kurzfristig wieder einführen?

Eine kurzfristige oder vorübergehende Rückkehr zur Wehrpflicht ist Experten zufolge nicht möglich. "Die Strukturen für die Musterung und Ausbildung müssen wieder aufgebaut werden", zitieren die "Ruhrnachrichten" Patrick Sensburg, den Präsident des Reservistenverbands.

Zudem ist die Bundeswehr inzwischen eine Freiwilligenarmee mit Berufssoldaten und langdienenden Zeitsoldaten - viele Kasernen, Übungsgelände und andere Gebäude wurden seit 2011 verkauft. Diese Prozesse wieder in Gang zu setzen, wäre für eine dauerhafte Wiedereinführung der Wehrpflicht möglich, würde jedoch seine Zeit dauern.

Wer ist für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht?

Politiker aus Union und SPD regten zumindest eine neue Diskussion über die Wehrpflicht an. Gerade führende SPD-Politiker wie auch der Generalinspekteur der Bundeswehr sprachen sich jedoch klar dagegen aus. Andere Politiker, insbesondere in der AfD, sind für eine Wiedereinführung.

Und die Bürger? Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für das Nachrichtenmagazin "Focus" von Anfang des Monats ergab, dass 47 Prozent der Befragten für eine Rückkehr zur Wehrpflicht sind. 34 Prozent sind dagegen, während 19 Prozent unentschlossen sind oder keine Angabe machten.

Dienstpflicht statt Wehrpflicht - eine gute Alternative?

In der Union, den Freien Wählern und der SPD gibt es außerdem Stimmen, die sich für eine Dienstpflicht statt der Wehrpflicht aussprechen. Hierbei würde der Dienst sich nicht auf das Militär beschränken, sondern wäre auch bei anderen Einrichtungen wie der Feuerwehr oder in der Pflege möglich. Hierbei gibt es allerdings noch rechtliche Fragen, die geklärt werden müssten. Am Ende wäre auch hier wohl eine Mehrheit im Bundestag nötig.

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