Macron zur Neuwahl: "Ich will den Rechtspopulisten nicht den Schlüssel zur Macht geben"

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass er mit den überraschend ausgerufenen Neuwahlen in weniger als drei Wochen den Rechtspopulisten den Weg in die Regierung ebne. (STEPHANE DE SAKUTIN)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass er mit den überraschend ausgerufenen Neuwahlen in weniger als drei Wochen den Rechtspopulisten den Weg in die Regierung ebne. (STEPHANE DE SAKUTIN)

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass er mit den überraschend ausgerufenen Neuwahlen in weniger als drei Wochen den Rechtspopulisten den Weg in die Regierung ebne. "Nein, ich möchte 2027 den Rechtsextremen nicht die Schlüssel zur Macht übergeben", betonte Macron bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Paris. Für 2027 ist die nächste Präsidentschaftswahl vorgesehen, bei der Macron nach seinen zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf.

Macron verteidigte die Auflösung der Nationalversammlung als einen nötigen Schritt zur "Klärung der Lage". "Es gab eine Blockade, die die Regierung am Handeln hinderte", sagte er. Zudem hätten die Wähler bei der Europawahl "ihrer Wut Luft gemacht". "Die Botschaft ist angekommen", versicherte er.

Macron räumte ein, für den Aufstieg der rechtspopulistitschen Partei Rassemblement National (RN) mitverantwortlich zu sein. "Ja, ich trage eine Verantwortung dafür, auf die Sorgen der Wähler nicht schnell und radikal genug geantwortet zu haben", sagte er. Bei der Europawahl am Sonntag hatten die RN-Kandidaten in Frankreich 31,4 Prozent der Stimmen erhalten - und damit mehr als doppelt so viele wie Macrons Liste Renaissance.

Macron schloss nicht ausdrücklich aus, im Fall eines Wahlsiegs des RN bei den Neuwahlen am 30. Juni und 7. Juli deren Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister zu ernennen. "Der Präsident wird den Premierminister entsprechend der Verteilung der politischen Kräfte in der Parlamentskammer auswählen", sagte er.

In den Wahlkampf - der nur noch 18 Tage dauert - wolle er sich "nicht einmischen", sagte Macron. Eine Debatte mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen schloss er "unter den aktuellen Umständen" aus.

Macron nannte das Angebot des Chefs der rechtskonservativen Republikaner Eric Ciotti, mit den bei der Europawahl erstarkten Rechtspopulisten ein Wahlbündnis einzugehen, einen "Pakt mit dem Teufel". "Sie sind sich zu gar nichts einig", sagte Macron und verwies auf die unterschiedlichen Positionen der beiden Parteien, etwa zur Ukraine und zur Rentenform.

Macron appellierte an alle, "die das extreme Fieber" ablehnen, sich zusammenzuschließen. "Wir müssen uns für mehr Sicherheit einsetzen (...) und die illegale Einwanderung verringern", sagte Macron mit Blick auf eines der Hauptthemen der Rechtspopulisten. Er versprach "mehr Härte" mit Blick auf die Gewalt von Minderjährigen und eine "große Debatte über Laizität", die in Frankreich geltende Trennung zwischen Religion und Staat.

Damit appellierte er vor allem an rechte Wähler, die sich noch von den Rechtspopulisten abwenden könnten. Der Rassemblement National "bedient sich der Demagogie auf allen Ebenen", sagte Macron. Die Partei könne ihr Programm - etwa die Rente mit 60 - nicht finanzieren.

"Wenn die Extreme gewinnen, dann wird Frankreich geschwächt aus der Wahl hervorgehen", warnte Macron. "Der RN hat nicht dieselbe Einstellung wie wir mit Blick auf die Ukraine, und er verhält sich uneindeutig mit Blick auf Russland", sagte Macron. "Das ist ein Problem für Europa und für Frankreich."

Der Aufstieg der Rechtspopulisten betreffe aber nicht nur Frankreich, sagte Macron und verwies auf Deutschland, die Niederlande und Italien. "Es ist ein Feuer, das sich auf Europa ausbreitet", sagte er.

Durch die Auflösung der Nationalversammlung sind derzeit sämtliche Gesetzesvorhaben ausgesetzt. Dazu zählt auch die umstrittene Wahlrechtsreform in Neukaledonien, die kürzlich Anlass heftiger Ausschreitungen in dem französischen Überseegebiet war. Auch die Debatte über das geplante Sterbehilfe-Gesetz wird vorerst nicht fortgesetzt.

Die Parteien haben noch bis Sonntag Zeit, um Kandidaten für die 577 Wahlkreise anzumelden. Der Wahlkampf beginnt offiziell am Montag. Gewählt wird am 30. Juni und am 7. Juli, wobei die zweite Runde auf den Beginn der Sommerferien fällt.

kol/yb