Kevin Kühnert spricht über die SPD-Wahlschlappe - dann hat Anne Will die Nase voll

Nach der Niederlage bei der Europawahl hält es Kevin Kühnert für wichtig, dass "das Tagesgeschäft" funktionierte. (Bild: 2024 Getty Images/Morris MacMatzen)
Nach der Niederlage bei der Europawahl hält es Kevin Kühnert für wichtig, dass "das Tagesgeschäft" funktionierte. (Bild: 2024 Getty Images/Morris MacMatzen)

In ihrem Podcast spricht die ehemalige ARD-Talkerin Anne Will mit Kevin Kühnert über das schlechte Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl. Doch als der SPD-Generalsekretär sich in Rage redet, unterbricht ihn die Moderatorin - und findet deutliche Worte.

Für die Regierungsparteien war die Europawahl eine herbe Enttäuschung. Im Podcast "Politik mit Anne Will" erklärte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nun, dass die vergangenen Wochen ein Test "auf die innere Stabilität des Bündnisses" gewesen seien: "Es sind Leute rumgelaufen und haben Neuwahlen gefordert, haben Rücktritte gefordert, es ist nach Vertrauensfragen gerufen worden, die Legitimation sei nicht mehr vorhanden."

Kühnert monierte: "Unsere Verfassung ist durchaus sehr gedehnt worden an manchen Stellen. Weil natürlich aus guten Gründen nirgendwo geschrieben steht, dass man den Bundestag auflösen sollte oder das anstreben sollte, weil man eine Europawahl verloren hat." Der SPD-Mann gab zu bedenken: "Wir sind gerade mitten in wichtigen Haushaltsgesprächen in der Regierung. Das ist ja etwas, das betrifft nicht nur uns in der Koalition - sondern das betrifft das Land."

Anne Will: "Das ist alles nichts, was ein Wähler oder eine Wählerin mitdenken muss!"

Es sei auch nach der Wahlschlappe wichtig zu demonstrieren, dass die Handlungsfähigkeit gewahrt sei und "das Tagesgeschäft" funktionierte. "Das heißt ja nicht, dass man sagt: Ist gar nichts passiert!" Dies sah Anne Will anders. "Doch, das wirkt dann aber so", unterbrach die Moderatorin ihren Gast. "Und alles, was Sie jetzt wieder gesagt haben über machtpolitische Rücksichtnahme, ist alles nichts, was ein Wähler oder eine Wählerin mitdenken muss!" Will stellte klar: "Das sind alles interne Überlegungen, die Sie ganz sicherlich qua Amt, weil das Ihr Beruf ist, anstellen müssen ..."

Kühnert räumte ein: "Aber das betrifft schon auch Wählerinnen und Wähler. Es ist halt unser Job, das zu übersetzen." Die Kommunikation mit der Bevölkerung sei essenziell - auch im Hinblick auf die derzeitige Haushaltsdebatte. "Es ist ein Eigeninteresse des Landes und der Gesellschaft, dass wir jetzt diesen wichtigen Prozess nicht einfach anhalten", betonte Kühnert, gestand aber auch: "Das ist unser Job, das nebenbei auch hinzubekommen."

"Ganz genau, Ich hätte erwartet, dass Sie längst so weit sind", wetterte Anne Will weiter. "Sie kriegen dieses Ergebnis, Sie sagen: 'Oh, das ist ein niederschmetterndes Ergebnis. Das heißt, wir liegen mit ganz vielen Dingen grundsätzlich falsch.' Das hätte doch da rauskommen können."

Kühnert: Es sind "einfach viele Emotionen im Raum"

Die ehemalige Polittalkerin fuhr fort: "Wenn Sie sich die Vertrauenswerte dieser Regierung anschauen - Sie haben damals als Juso-Chef noch gegen die große Koalition gearbeitet!" Die damalige Regierung habe ein größeres Vertrauen genossen als die Ampelkoalition, merkte Will an. "Daraus sprechen doch all diese auch Wünsche von Wählerinnen und Wählern, dass sich was verändern möge. Daraus können Sie doch nicht für sich machen: 'Yeah, wir sind auf einem guten Weg und wir machen unser Tagesgeschäft.'"

Kühnert stellte klar: "Das ist gar nicht mein Punkt!" Es seien "einfach viele Emotionen im Raum, die jetzt nicht direkt mit einem Gesetz beantwortet werden können". Dass viele Menschen in Deutschland unzufrieden seien, hänge nicht mit einer "bestimmten Maßnahme der Regierung" zusammen, sondern mit einem "Grundgefühl unseres Zusammenlebens in Deutschland".