Mumm's: Mütter kochen für ein besseres Leben

Wir stellen jede Woche Organisationen und Aktivisten vor, die sich für eine besser Welt einsetzen – auf ganz unterschiedliche Weise, aber immer mit Herzblut und Einfallsreichtum.

Mumm's empowert Mütter, die ansonsten auf dem Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden (Bild: Mumm's)
Mumm's empowert Mütter, die ansonsten auf dem Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden (Bild: Mumm's)

Mumms Essen schmeckt am besten, heißt es. Initiator Rami Ali hat daher in Wien mit “Mumm’s Essen” ein Projekt gestartet, in dem Mütter, die auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden konnten, Catering von Fingerfood bis zum Mehr-Gänge-Menü zubereiten.

Wie ist es dazu gekommen, dass du dieses Projekt gestartet hast?

Meine Mutter hat es auf dem Arbeitsmarkt sehr schwer, sowohl aufgrund von Sprachbarrieren als auch aufgrund von rassistischen Strukturen. Sie wollte aber unbedingt arbeiten, finanziell unabhängig werden und wie jeder andere ihre Selbstwirksamkeit spüren. Da sie immer gerne gekocht hat, wollte ich ihr und anderen Müttern die Möglichkeit bieten, ihre Fähigkeiten in Geld umzuwandeln. Das Projekt haben wir vor einem Jahr gestartet, mittlerweile bereiten 14 Mütter Essen zu.

Aus was für einem Milieu kommen die Mütter?

Die meisten haben einen geringen sozio-ökonomischen Status. Sie sind zwischen 35-60 Jahre alt und kommen aus acht verschieden Ländern. Ich achte bei der Vergabe der Cateringaufträge darauf, dass Mütter, die mehr Zeit und weniger finanzielle Mittel haben, mehr oder größere Aufträge bekommen.

Ihr seid relativ bekannt in den sozialen Medien.

Ja, wobei ich nicht wirklich viel Werbung dafür gemacht habe. Meistens erfahren die Leute durch Mundpropaganda über “Mumm’s Essen”. Das gilt auch, was das Personal anbelangt, die meisten Mütter sind Freundinnen meiner Mutter und ihrer Freundinnen, sowie die Mütter von Freund*innen. Dadurch gibt es auch ein großes wechselseitiges Vertrauen. Sie kaufen meistens auf den lokalen Märkten für die Bestellungen ein und sagen mir, wieviel sie dafür ausgegeben haben. Ich muss da keine Rechnungen sehen. Zu Beginn war ich jedoch etwas unsicher, sie haben mir gesagt, dass sie in wenigen Stunden das Essen zubereitet haben. Ich musste ihnen dann erklären, dass die Vorbereitung und Nachbereitung auch Arbeitszeit ist und sie das auch in Rechnung stellen sollen.

Gibt es auch negative Reaktionen auf das Projekt?

Tatsächlich gab es Hassnachrichten, die jedoch vermutlich eher auf mich abgezielt haben. Ich habe im Netz einen Post mit einem Video zum Thema Racial Profiling veröffentlicht und das ging viral. Zeitgleich gab es Nachrichten über das Kontaktformular von Mumm’s Essen, in denen ich rassistisch beleidigt wurde, unter anderem als das N-Wort bezeichnet wurde. Martin Sellner von der rechtsextremen identitären Bewegung in Österreich hat behauptet, dass ich ein muslimischer Mann sei, der Frauen an den Herd verbannt und dafür von Feminist*innen gefeiert werde. Wir wurden also vom Rassismus unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung nicht geschont.

Ich habe mich gefragt, ob dadurch, dass nur Mütter kochen, nicht Geschlechterrollen aufrechterhalten werden. Siehst du das als Problem?

Ich sehe das Problem, aber was ist die Alternative, frage ich mich. Für meine Mutter und andere Mütter gibt es keine andere Möglichkeit auf dem Arbeitsmarkt. Ich habe beim Besuch einer afghanischen Mutter auch mitbekommen, dass ihre Familie mitgekocht hat, unter anderem auch ihr Mann. Dennoch werden Frauen für Mumms Essen arbeiten, weil sie es viel schwerer auf dem Arbeitsmarkt haben.

Was ist dir wichtig bei diesem Projekt?

Wir haben von Anfang an viel Welt auf Umweltschutz gelegt. Daher wird das Essen in den Kochbehältern transportiert, wir verzichten komplett auf Plastik. Mein Ziel ist es, dass die Mütter Wertschätzung erfahren und finanzielle Unabhängigkeit genießen können. Ich möchte langfristig nur ein Initialfunke sein und dass die Mütter in Zukunft auch für die Organisation zuständig sind. Mumm’s Essen soll in Zukunft nicht mit meinem Gesicht, sondern mit dem der Mütter in Verbindung gebracht werden, sie leisten großartige Arbeit.

Was sind weitere Pläne für die Zukunft?

Auf unserer Homepage sollten Steckbriefe der Mütter veröffentlicht werden, mit kurzen Videos zu ihrer Person und ihrer Schwerpunktküche. So könnte man direkt bei ihnen bestellen und ich würde weiter in den Hintergrund treten.