Mutmaßlicher Täter im Mordfall Olof Palme ausgemacht - bereits verstorben

Olof Palme bei einer Pressekonferenz (Bild: Getty Images)
Olof Palme bei einer Pressekonferenz (Bild: Getty Images)

Mehr als 34 Jahre nach dem Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme haben die Ermittler einen mittlerweile gestorbenen Mann als mutmaßlichen Täter ausgemacht. Weil der häufiger als “Skandia-Mann” bezeichnete Stig Engström bereits im Jahr 2000 starb, kann jedoch keine Anklage mehr erhoben werden. Die Ermittlungen werden deshalb nun eingestellt, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Stockholm bekanntgab.

Palme war am 28. Februar 1986 kurz vor Mitternacht gemeinsam mit seiner Frau auf dem Heimweg aus einem Stockholmer Kino, als ihn ein Mann auf offener Straße von hinten mit einem Schuss niederstreckte. Der weit über Schweden hinaus bekannte Sozialdemokrat wurde kurz darauf in einem Krankenhaus für tot erklärt. Palme war damals seit dreieinhalb Jahren wieder Ministerpräsident. Er hatte das Amt bereits von 1969 bis 1976 inne. Seine Frau Lisbet erlitt einen Streifschuss.

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Der zuständige Staatsanwalt Krister Petersson sagte zum Ende der Ermittlungen: “Ich bin der Ansicht, dass wir so weit gekommen sind, wie man es von der Untersuchung verlangen kann.” Weil Engström tot sei, seien eine Anklage oder ein Verhör des Mannes unmöglich. Der Fall gilt als Schwedens größter Kriminalfall des vergangenen Jahrhunderts. Auch international war das Interesse enorm.

Die Ermittlungen waren nach dem Mord zunächst nur schleppend in Gang gekommen. Die immer wieder wechselnden Ermittler hatten im Laufe der Jahre unzählige Spuren und Hinweise verfolgt, die zu einzelnen Tatverdächtigen geführt hatten, unter anderem aber auch zur kurdischen PKK und zum südafrikanischen Geheimdienst. Ein drogensüchtiger und vorbestrafter Mann wurde Ende 1988 festgenommen und von Lisbet Palme als Täter identifiziert. Er wurde später von einem Gericht für den Mord verurteilt, in einem Berufungsverfahren mangels einwandfreier Beweise aber wieder freigesprochen. 2004 starb er.

Angeblicher Zeuge passte nicht ins Bild

Engström geriet nach einem größeren Personalwechsel 2016/17 ins Visier der Ermittlungen, wie Fahndungsleiter Hans Melander sagte. Die Ermittler seien das Material zum Tatort und den dort befindlichen Personen neu durchgegangen. “Es gab dabei eine Person, die nicht ins übrige Bild hineinpasste. Seine Angaben konnte man nicht mit denjenigen anderer Zeugen verbinden.” Der Spur Engströms sei man immer weiter gefolgt, obwohl der Mann bereits 2000 im Alter von 66 Jahren starb.

In Medienberichten wurde Engström - benannt nach seinem Arbeitgeber, einem schwedischen Versicherungsunternehmen - oft als “Skandia-Mann” bezeichnet. Er hatte sich nach dem Mord in einem TV-Interview als Zeuge präsentiert. Er soll durch einen Bekannten Zugang zu Schusswaffen gehabt und zudem Palmes Politik gehasst haben.

Gedenkplakette für Olof Palme am Tatort (Bild: Reuters/Bob Strong)
Gedenkplakette für Olof Palme am Tatort (Bild: Reuters/Bob Strong)

Petersson sagte, Engströms Kleidung stimme mit der überein, die der Täter nach Aussagen mehrerer Zeugen getragen hatte. Er habe Geld- und Alkoholprobleme gehabt. Am Mordabend habe er sich noch spät an seinem Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe zum Tatort befunden. Um 23.19 Uhr habe er sich ausgestempelt - um etwa 23.21 Uhr und 30 Sekunden sei dann auf Palme geschossen worden. Die Mordwaffe wurde bis heute nicht gefunden.

Sohn des Opfers akzeptiert Ergebnis

Der Sohn Palmes hat Verständnis für die Einstellung der Ermittlungen gezeigt. Zugleich stellte sich Mårten Palme am Mittwoch im schwedischen Radio hinter die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. “Ich glaube auch, dass Engström der Schuldige ist. Aber leider gibt es keinen richtig abschließenden Beweis, damit man mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, dass er es gewesen ist.”

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Der dänische Experte Thomas Ladegaard hat sich ernüchtert über die jetzt eingestellten Ermittlungen geäußert. “Meine unmittelbare Reaktion ist eine große Enttäuschung. Oder Verwunderung”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Staatsanwaltschaft habe vorab davon gesprochen, nun ein klares Bild vom Tatgeschehen zu haben. Es sei auch gemutmaßt worden, dass die Mordwaffe gefunden worden sei. Stattdessen habe die Behörde weder Beweise noch neue Zeugenaussagen, mögliche Motive oder Handlungsverläufe präsentiert.

Wirklich neu sei die Geschichte nicht, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um Stig Engström handele, meinte Ladegaard. Er denke nicht, dass die schwedische Öffentlichkeit diese Geschichte akzeptieren werde. Ladegaard hatte 2016 ein Buch über den Mord veröffentlicht.

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