Nach Meeresfunden werden Strandsammler kritisiert – nicht ganz zu Unrecht

Nicht alles, was man findet, sollte man mitnehmen – doch davon haben manche Sammler noch nichts gehört

Seehunde und Robben am Strand von Fanø in Dänemark.
Der Strand von Fanø ist nicht nur die Heimat von Seehunden und Robben – auch Bernsteine lassen sich im Sand der Nordseeinsel finden. (Symbolbild: Getty Images)

Die eine oder andere Muschel, ein schöner Kiesel, ein besonders geformtes Stück Treibholz: Wir haben sicher alle schon mal beim Strandbesuch das eine oder andere Fundstück "mitgehen" lassen und zu Hause als Souvenir gehortet. Doch nicht immer ist das erlaubt – geschweige denn mit dem ökologischen Gewissen vereinbar.

Dass besonders Letzteres nicht immer gleich stark ausgeprägt ist, zeigen Facebook-Gruppen wie "Strandfunde, Seeglas, Fossilien, Steine und Meer" mit über 27.000 Mitgliedern. Darin erfragen ahnunglose Finder*innen, was sie da eigentlich aus dem Meer gefischt haben. Andere präsentieren stolz ihre Funde, wie dieser Bernstein-Sucher, der mit einer UV-Lampe einen 62,5 Gramm schweren Brocken am Strand der dänischen Insel Fanø fand:

Nicht jeder Strandfund darf mitgenommen werden

Während der glückliche Finder – der an einem Ort suchte, der sogar von vielen örtlichen Unterkunftsanbietern als vielversprechender Bernstein-Fundort gepriesen wird – vor allem Glückwünsche bekam, ging es einer anderen Frau, die sich mit fleißigem Sammelsinn brüstete, ganz anders.

"Wow, ich bin im 7. Himmel", schrieb die Frau in der Strandsammler-Community. "Wir sind in Dänemark an der Ostsee unterwegs und heute haben wir einen kleinen Strandabschnitt mit etlichen [Pelikanfüßchen] gefunden."

Aporrhais pespelecani im Meerwasser
Eine stolze Finderin präsentierte Hunderte gesammelter "Pelikanfüße". Die fachsprachlich "Aporrhais pespelecani" genannte Muschelschnecke beheimatet unter anderem Einsiedlerkrebse und anderes Getier. (Symbolbild: Getty Images)

Dazu postet die Frau Bilder mit Hunderten der kleinen Meeresschnecken, die nicht nur hübsch aussehen, sondern auch kleinen Krebsen ein Zuhause bieten. Genau das ist auch der am häufigsten genannte Kritikpunkt, der die Frau unter ihrem Post erwartete: "Ich würde die restlichen liegen lassen. 1. gibt’s andere Besucher als einen selbst und 2. brauchen Einsiedlerkrebse beispielsweise auch ein Zuhause, kein Wunder, dass sie weltweit auf unseren Müll umsteigen müssen um sich zu schützen", schreibt eine Nutzerin. Ein:e andere:r schreibt: "Muss man das in Massen raffen? Furchtbar diese Gier. Das hat auch mit Respekt zu tun!" Ein weiterer verpackt die Kritik etwas freundlicher: "Ich habe mal über Pelikanfüße gelesen: den ersten, den man findet, wirft man zurück ins Meer, den zweiten schenkt man einem besonderen Menschen und den dritten behält man für sich selbst als Glücksbringer. Ich weiß jetzt aber nicht, was mit Nr. 65, 87 und 104 ist …"

Fakt ist: Nicht überall ist Strandgut sammeln erlaubt

Wer gerne am Strand nach Muscheln und Co. sucht, um diese als Souvenirs mit nach Hause zu nehmen, macht sich eventuell strafbar. Nicht überall ist beispielsweise das Sammeln von Muscheln erlaubt. Und auch auf der Rückreise vom Fundort kann es Ärger geben: So kann beispielsweise der deutsche Zoll, wenn man unter Artenschutz stehende Muscheln mit sich führt, bei der Einreise ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro erheben.

Generell sind geschützte Pflanzen und Tiere tabu – welche genau das sind, kann im 1973 ins Leben gerufene Washingtoner Artenschutzabkommen nachgelesen werden. Muscheln zählen ebenso wie Korallen und Seesterne zu den Tieren. In Deutschland ist das Muschelsammeln zwar – mit Einschränkungen für Fechterschnecken und Riesenmuscheln – erlaubt, allerdings nur in geringen Mengen. Ob die Frau, die in Dänemark über 200 Pelikanfüße sammelte, von Regelungen wie dieser schon mal gehört hat, ist zu bezweifeln. Doch es gibt einen weiteren Aspekt, den viele Finder in der Aufregung um ihren Fund außer Acht lassen:

Manche Funde sind gefährlich

So wissen viele Strandsammler*innen nicht einmal, worum es sich genau handelt, wenn sie einen vermeintlichen Bernsteinfund oder eine Versteinerung im Meer finden. So wird in Schleswig-Holstein vor weißem Phosphor in Brockenform gewarnt, der insbesondere bei Sturmwindlagen an die Strände der Nord- und Ostsee gespült wird. Dieser Stoff "entzündet sich unter Kontakt mit Sauerstoff bei 20-40 °C selbst, wobei er dann mit einer bis zu 1.300 °C heißen Flamme unter starker Entwicklung weißen Rauchs brennt. Durch das bei Sauerstoffkontakt unter anderem gebildete Phosphortrioxid wird weißem Phosphor indirekt ein markanter, knoblauchartiger Geruch zugesprochen", heißt es in einer bereits 2020 erschienenen Meldung. Woher das Phosphor stammt? Zumeist aus in den Weltkriegen verwendeter Brandmunition. Dem Umweltbundesamt zufolge liegen alleine in der Nord- und Ostsee rund 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und rund 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe. Bei diesen Größenordnungen scheint das Pelikanfüßchen zwar der ungefährlichere Fund zu sein – wir nutzen die süße Schnecke jedoch gerne als Reminder, dem Meer künftig lieber zu lassen, was man dort findet.

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