Nachwahlbefragung: Grün-Links-Bündnis bei Europawahl in Niederlanden knapp vor Wilders' PVV

Bei der Europawahl in den Niederlanden liegt das Bündnis von Oppositionsführer Frans Timmermans laut einer Nachwahlbefragung knapp vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders. (ROB ENGELAAR)
Bei der Europawahl in den Niederlanden liegt das Bündnis von Oppositionsführer Frans Timmermans laut einer Nachwahlbefragung knapp vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders. (ROB ENGELAAR)

Bei der Europawahl in den Niederlanden hat der ehemalige EU-Kommissar Frans Timmermans laut einer Nachwahlbefragung den Rechtspopulisten Geert Wilders knapp besiegt. Das Bündnis Groenlinks/PvdA von Grünen und Linken von Timmermans gewann acht Sitze, die Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders sieben, wie die Nachwahlbefragung des Rundfunksenders NOS am Donnerstag ergab.

Die Niederländer hatten als EU-weit erste ihre Stimmen für das Europaparlament abgegeben. Das Endergebnis und die Ergebnisse für die gesamte EU sind erst am Sonntagabend zu erwarten, wenn in Deutschland und den anderen EU-Ländern die Wahllokale geschlossen sind. Die Niederlande entsenden 31 Abgeordnete ins insgesamt 720 Sitze zählende EU-Parlament.

Sollte das Endergebnis das Grün-Links-Bündnis als stärkste Kraft bestätigen, wäre dies ein Erfolg für Timmermans, der seit 2019 zuständig für das EU-Klimaschutzpaket "Green Deal" war. In Umfragen vor der Wahl hatte die PVV vorn gelegen. Sie war aus der niederländischen Parlamentswahl im November als stärkste Kraft hervorgegangen.

Der Sozialdemokrat Timmermans war Ende August von seinem Amt als Kommissionsvize und EU-Klimakommissar zurückgetreten, um bei der vorgezogenen Parlamentswahl in den Niederlanden als Spitzenkandidat für ein Wahlbündnis aus Sozialdemokraten und Grünen anzutreten. Sein proeuropäisches Bündnis schnitt dann jedoch enttäuschend ab, obwohl es in Meinungsumfragen kurzzeitig vorne lag.

Nach den mehr als 13 Millionen Wahlberechtigten in den Niederlanden sind am Freitag die Menschen in Irland und Tschechien zur Abstimmung aufgerufen. Ab Samstag läuft die Wahl in Tschechien weiter, zudem wird auch in Italien, Lettland, der Slowakei, Malta und den französischen Überseegebieten gewählt. In Deutschland wie in den meisten anderen EU-Ländern ist der Wahltag am Sonntag, den 9. Juni.

Viele Niederländerinnen und Niederländer versammelten sich bereits früh vor den Wahllokalen. Für die Ingenieurin Claudia Balhuizen, die in der Hauptstadt Den Haag als eine der ersten ihre Stimme abgab, gehört die Klimakrise zu den entscheidenden Themen in Europa. Sie sehe mit Sorge, dass der Rechtspopulist Wilders "für viele Menschen immer attraktiver" werde. "Wir müssen jetzt alle aufwachen", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.

Wilders übt scharfe Kritik an der Migrationspolitik der EU und will den Zuzug von Asyl- und Schutzsuchenden deutlich einschränken. Die Beamtin Simone Nieuwenhuys erklärte, sie habe dem Rechtspopulisten ihre Stimme gegeben, weil seine Partei in Brüssel "auf die Bremse tritt". Der 29-jährige Angestellte Robin Biersma wünscht sich hingegen mehr europäische Zusammenarbeit etwa bei der Verteidigung und auf dem Binnenmarkt.

Europaweit sind laut dem Statistikamt Eurostat gut 360 Millionen Menschen wahlberechtigt. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola rief dazu auf, wählen zu gehen. "Nehmt Europa nicht als selbstverständlich hin", sagte sie in einer Videobotschaft im Onlinedienst X.

Das Europaparlament hat seit dem EU-Austritt Großbritanniens 705 Abgeordnete. Nach den Wahlen in den 27 Mitgliedsstaaten soll das Parlament auf 720 Sitze wachsen. Gewählt wird über nationale Listen, auch wenn die großen europäischen Parteien jeweils EU-weite Spitzenkandidaten aufgestellt haben. Für jedes Land ist im Parlament eine feste Zahl von Abgeordneten vorgegeben, die von der Bevölkerungsstärke abhängt. Deutschland hat mit 96 Sitzen die meisten Mandate.

Für die Berliner Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt die Wahl als Stimmungstest vor den Landtagswahlen im Herbst in Ostdeutschland und der Bundestagswahl 2025. Meinungsforscher rechnen mit einem Dämpfer für SPD, Grüne und FDP und Zugewinnen für CDU/CSU und die rechtsradikale AfD. Auch europaweit wird mit einem Rechtsruck gerechnet.

In Frankreich dürfte die Nationale Sammlungsbewegung (Rassemblement National, RN) von Marine Le Pen mit einigem Abstand stärkste Kraft werden. Auch die Partei der Brüder Italiens (Fratelli d'Italia, FdI) von Regierungschefin Giorgia Meloni kann mit Zugewinnen rechnen.

ck/kas