Nicht erst seit "The Undoing": So wandelbar ist Hugh Grant
Es gibt sehr wandelbare Schauspieler und solche, die sich vor allem in einer Nische, in einem Genre und mit einer Art von Rolle besonders wohl fühlen. Rom-Com-Experte Hugh Grant wurde bis vor Kurzem in letzterer Kategorie angesiedelt, da er (vermeintlich) immer den gleichen Typ Mensch verkörperte. Mit “The Undoing” spielt er sich endgültig von diesem Image frei und zeigt, wie wandelbar er wirklich ist.
Scheinbar musste Hugh Grant den romantischen Komödien erst entwachsen, um sein volles Können zeigen zu dürfen. Nach Jahrzehnten des mal mehr, mal weniger schrulligen, aber immer liebenswerten Herzensbrechers versiegte dieser Quell an Rollen langsam - oder, wie der Brite es in einem “Hollywood Reporter”-Interview mal unverblümt ausdrückte, “bin ich zu alt und hässlich und fett geworden, um die noch zu machen”. Doch wer einen genaueren Blick auf seine Karriere wirft, sieht, dass er auch vor dem enormen Erfolg von “The Undoing” viele Facetten seines Könnens zeigte.
Eine Karriere-Ladung voll von verliebten Jungs
Leicht war das zugegebenermaßen nicht, denn lange Zeit schien es, als sei die Karriere von Hugh Grant seit dem frühen Erfolg mit “Vier Hochzeiten und ein Todesfall” im Jahr 1994 besiegelt. Trotz Versuche, mit Thrillern wie “Extrem... mit allen Mitteln” diesem Image zu entfliehen, schien er im neuen Jahrtausend aufzugeben und sich dem Genre der romantischen Komödie zu fügen.
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Von da an spielte er diverse Variationen des Rom-Com-Helden: mal den schmierigen Chef (“Bridget Jones”-Reihe), mal den zynischen Playboy (“About a Boy”), meistens jedoch den liebenswerten, etwas unbeholfenen und durch und durch britischen Sympathiebolzen (“Notting Hill”, “Tatsächlich Liebe”, “Mitten ins Herz” und und und).
Unheimlich gut in “The Undoing”
Umso überraschender kam für viele seine nuancierte Darstellung eines unter Mordverdacht geratenen Kinder-Onkologen in der Miniserie “The Undoing”. Der Charme eines erfolgreichen Arztes in der New Yorker Upper Class, der liebende Familienvater und die Panik über ein aus den Fugen geratenes Leben - das alles spielt Hugh Grant zur Perfektion und lässt den Zuschauer dabei über sämtliche sechs Folgen hinweg ebenso im Dunkeln tappen wie seine Umwelt: Ist er wirklich unschuldig oder spielt er seine Rolle einfach nur zu gut?
Eine Überraschung, die keine sein sollte
Tatsächlich jedoch hat Hugh Grant schon oft gezeigt, dass er mehr spielen kann als den netten Jungen von nebenan. Schon bei seiner vorangegangenen Miniserie “A Very English Scandal” bewies er als heimlich homosexueller Politiker, der ein Doppelleben führt und schließlich versucht, seinen Ex-Liebhaber umbringen zu lassen (übrigens eine wahre Geschichte um den ehemaligen Abgeordneten Jeremy Thorpe), das Talent, auch vielschichtige und zwielichtige Figuren verkörpern zu können.
Vielseitig kann man auch seine Leistung in “Cloud Atlas” nennen, denn in dem Epos spielte er gleich sechs Rollen, darunter einen mörderischen CEO, einen skrupellosen Pastor und den Anführer eines Kannibalen-Stammes 2000 Jahre in der Zukunft.
Mit der Rolle eines waschechten Bösewichts liebäugelte er schon in “Paddington 2”, einem der herzigsten Familienfilme der letzten Jahre, in dem Grant einen abgehalfterten Schauspieler mimt, der zum Meisterdieb werden möchte. Dabei trifft er genau die richtigen Töne: Gerade genug Knallcharge, um für Kinder unterhaltsam zu sein und genug Tiefgang, um den Film, den er einmal als eines der Lieblingsprojekte seiner Karriere bezeichnete, nie ins Lächerliche zu ziehen.
Kontrastprogramm hierzu ist “The Gentlemen” von Guy Ritchie, in dem Hugh Grant es auf andere Art und Weise krachen lassen darf. In der Krimikomödie um ein zum Verkauf stehendes Drogenimperium wimmelt es von dubiosen Typen, und Grants fluchender, saufender Privatdetektiv, der sich in den Strudel aus Korruption und Gewalt stürzt, ist einer der schmierigsten von ihnen.
Vom Kannibalen zum Knuddelbären-Widersacher - wer immer noch nicht glaubt, dass Hugh Grant ein wandelbarer Schauspieler ist, sollte sich schleunigst davon überzeugen: Alle sechs Folgen von “The Undoing” sind auf Sky verfügbar.