Putin kommt nicht zur Trauerfeier für Gorbatschow, weil sein "Terminplan es nicht zulässt"

Russlands Präsident Wladimir Putin wird nicht an der Trauerfeier für den ehemaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Staatspräsident der Sowjetunion teilnehmen.

Wie Kreml-Sprecher Dimitri Peskow mitteilte, hat Putin bereits eine Reise in die russische Enklave Kaliningrad geplant. Sein Zeitplan lasse das Gedenken an Gorbatschow am Samstag bedauerlicherweise nicht zu, "sodass er sich entschloss, das heute zu tun", so Peskow gegenüber Reporter:innen in einer Telefonkonferenz.

Im russischen Staatsfernsehen wurden Aufnahmen von Putin gesendet, die ihn am offenen Sarg Gorbatschows zeigten. Er legte dort einen Strauß roter Rosen ab, blieb einige Momente andächtig stehen, verneigte sich, berührte den Sarg, bekreuzigte sich und ging dann davon.

Die Entscheidung des Kreml-Chefs, Gorbatschow im privaten Kreis zu gedenken und der Zeremonie am Wochenende fern zu bleiben, spiegelt die zwiespältige Haltung der russischen Führung gegenüber Gorbatschows Vermächtnis wider.

Der am Dienstag verstorbene ehemalige Staatschef der Sowjetunion gilt im Westen als einer der entscheidenden Politiker in der Beendigung des Kalten Krieges, in seiner Heimat nehmen viele ihm die Maßnahmen übel, die 1991 zum Zusammenbruch der Sowjetunion geführt haben - und Millionen Menschen in die Armut führten.

Diese Romantik hat sich nicht bewahrheitet.

In den staatlichen Fernsehreportagen zu Gorbatschow wurde seine historische Rolle als Politiker zwar gelobt, seine Maßnahmen wurden aber als schlecht geplant bezeichnet. Zudem habe er die Interessen des Landes gegenüber dem Westen nicht ausreichend vertreten.

Auch in dem Beileidsschreiben des Kreml am Mittwoch würdigte Putin Gorbatschow als einen Mann, der "einen enormen Einfluss auf den Lauf der Weltgeschichte" gehabt habe.

"Er führte das Land während schwieriger und dramatischer Veränderungen, inmitten großer außenpolitischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen", so Putin. "Er war sich der Notwendigkeit von Reformen zutiefst bewusst und versuchte, seine Lösungen für die akuten Probleme anzubieten."

Putin hat in der Vergangenheit den Zusammenbruch der Sowjetunion als "größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts" bezeichnet.

Am Mittwoch hatte Kreml-Sprecher Peskow gesagt, Gorbatschow sei ein "außergewöhnlicher" Staatsmann gewesen, der "für immer in der Geschichte des Landes bleiben wird", verwies aber auf seine idealistische Sicht auf den Westen.

"Gorbatschow gab den Anstoß zur Beendigung des Kalten Krieges und wollte aufrichtig glauben, dass dieser vorbei sei und eine ewige Romanze zwischen der erneuerten Sowjetunion und dem kollektiven Westen beginnen würde", sagte Peskow. "Diese Romantik hat sich nicht bewahrheitet. Die blutrünstige Natur unserer Gegner ist ans Licht gekommen, und es ist gut, dass wir das rechtzeitig erkannt haben."