Regenmacher: Wie der Mensch das Wetter manipuliert

In einigen Teilen der Welt regnet es zu wenig, in anderen zu viel. Gegen beide Folgen des Klimawandels weiß der Mensch ein Mittel: Er manipuliert das Wetter.

Drops of rain falling on the umbrella in raining season
Regen - von den einen ersehnt, ist er bei anderen unerwünscht. (Symbolbild: Getty Images)

Das Klima ändert sich, auf der Erde wird es immer wärmer, trockener. Andererseits bedrohen zunehmend Unwettererscheinungen etwa in Form gewaltiger Regenfälle die Lebensräume des Menschen. Doch was tut er? Er sorgt sich, beklagt die Zustände, geht aber nicht konsequent genug gegen die Ursache des Ganzen, den Klimawandel, vor. Dafür kämpft er auch auf diesem Problemfeld umso energischer gegen die Folgeerscheinungen, nach dem Motto: Warum gegen die globale Erderwärmung kämpfen, wenn man lokal für Abhilfe sorgen kann? Warum den Klimawandel aufhalten, wenn sich das Wetter gestalten lässt. Und so setzt er, setzen immer mehr Länder darauf, es künstlich regnen zu lassen.

"Wolkenimpfen" nennt man diese Methode auch, mit der in das Wetter so eingegriffen wird, dass es regnet, wenn es regnen soll. Die Methode geht auf den US-amerikanischen Chemiker und Physiker Irving Langmuir zurück, der 1932 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde, allerdings nicht für seine Idee der künstlichen Wetterbeeinflussung, die er erst in den 1940er Jahren hatte. Und die war: Wenn man den Wolken Trockeneis zufügt, wenn man sie also mit der Substanz "impft", werden Kondensationskeime, geschaffen, die sich mit den winzigen Wassertropfen der Wolke verbinden, um schließlich als Regentropfen niederzuschlagen. Es passiert also auf künstlichem Wege, was sonst auf natürlichem geschieht: Die Wolke regnet ab, sie löst sich auf.

Regenmacher Mensch

An der Methode wird eifrig weiter geforscht. Wissenschaftlergenerationen nach Langmuir fanden heraus, dass sich Wolken noch effektiver anzapfen lassen können, etwa durch Silberjodid. Die Impfmethode wird sozusagen verfeinert, die Vakzine verbessert, die Wirkung optimiert. Und das wiederum weckt Begehrlichkeiten – vor allem in jenen Ländern, denen Regenmangel und Trockenheit besonders zusetzen, zumal in Zeiten des Klimawandels. Etwa in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Oder in Indien. In Australien, in den USA, aber auch in Deutschland. Ja, auch bei uns wird das Wetter schon mal manipuliert, vor allem in den Weinbauregionen im Süden, wo bei drohenden Unwettern Wolken "ausgesaugt" werden, bevor sich Ernte schädigende Hagelkörner entwickeln können.

Ist Wolkenimpfen wirklich das probate Mittel gegen Regenmangel? Nicht nur fehlt der wissenschaftliche Beweist für die Wirksamkeit der Methode, sie ist auch höchst umstritten. (Symbolbild: Getty Images)
Ist Wolkenimpfen wirklich das probate Mittel gegen Regenmangel? Nicht nur fehlt der wissenschaftliche Beweist für die Wirksamkeit der Methode, sie ist auch höchst umstritten. (Symbolbild: Getty Images)

Die Möglichkeit, Regen künstlich zu erzeugen, hat aber auch Akteure aufhorchen lassen, die eher von dem Wunsch nach Bequemlichkeit oder von finanziellen Interessen geleitet werden. China hatte 2008 während der Olympischen Sommerspiele nicht Angst vor zu wenig, sondern vor zu viel Regen. Deswegen ließ man die Wolken außerhalb Pekings mit Silberjodid beschießen, damit bei der Eröffnung der Spiele massenhaft im Trockenen gefeiert werden konnte. Auch Russland ist ein Land mit öffentlichkeitswirksamen Massenveranstaltungen. Eine ist dem Land besonders heilig: der Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland. Damit die Paraden am 9. Mai nicht ins Wasser fallen, geht man auch dort den Wolken an den Kragen.

Was sind die Einwände gegen das Wolkenimpfen?

Der Mensch erhebt sich über die Natur, das hat er schon immer getan. Aber, doch, jedoch: Während so mancher Politiker, auch der eine oder andere Landwirt auf die Methode schwört, sind die Wissenschaftler eher skeptisch. Denn noch ist die Wirksamkeit des Wolkenimpfens nicht belegt. "Es gibt bis heute keine evidente Wissenschaft, die nachgewiesen hat, dass das Imprägnieren von Wolken tatsächlich zu Niederschlag führt", sagt Tilo Arnhold, Sprecher des Leipziger Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung, laut der TAZ. Seine Aussage wird von Mira Pöhlker, der Professorin für experimentelle Aerosol- und Wolkenmikrophysik an der Universität Leipzig, gestützt: Noch immer wisse die Wissenschaft nicht, sagt sie, "wie Wolken zielgerichtet zur heimischen Wasserversorgung eingesetzt werden könnten".

Außerdem verweisen Experten auf die Gefahren, die von der Wettermanipulation ausgehen. Etwa auf die nicht absehbaren Wechselwirkungen, die Folgen, die dort entstehen, weil sie hier verursacht wurden. "Wenn es in Polen durch Wolkenimpfungen mehr regnet", sagt Wolkenforscherin Pöhlker, "kann niemand ausschließen, dass es in Deutschland Überschwemmungen gibt". Als Beispiel für dieses Phänomen sind die Hurrikan-Experimente der USA in den 1970er Jahre zu nennen. Sie waren der Grund, dass El Salvador und Honduras seinerzeit das Land verklagt hatten. Sie hatten argumentiert, dass die Wettermanipulation der Vereinigten Staaten zu Wassermangel in Mittelamerika geführt hätte.

Mensch im Teufelskreislauf

Außerdem, so lautet ein weiterer Kritikpunkt, sei das Wolkenimpfen im Kampf gegen den Klimawandel kontraproduktiv. Denn Wolken haben in mehr als einer Hinsicht eine kühlende Wirkung: Sie lassen es nicht nur regnen, sondern beschirmen die Erde auch vor der Sonnenenergie – was eine willkommene Abhilfe im Kampf gegen die Klimaerwärmung ist. Eine Hilfe, die der Mensch nur leider mit der Wettermanipulation untergräbt: Indem er die Wolken anzapft und aussaugt, beraubt er sich des natürlichen Schutzes gegen die immer spürbar werdende Kraft der Sonne. Kontraproduktiv? Mehr als das, es ist ein Teufelskreislauf, ein selbstverschuldeter, in dem wir uns befinden.