Schweiz übernimmt nach langem Zögern EU-Sanktionen gegen Russland

Jetzt schließt sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland an. Es hat gedauert. Das dürfte nicht nur mit der Neutralität, sondern auch mit dem für Russen wichtigen Finanzplatz zu tun haben.

Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis
Eigentlich wollte die Schweiz mit Verweis auf die Neutralität keine Sanktionen verhängen. (Bild: dpa)

Die Schweiz übernimmt nach längerem Zögern nun doch die EU-Sanktionen gegen Russland. Das beschloss die Regierung in Bern am Montag. Zudem verhängte das Land Einreisesperren für Menschen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe stehen. Vergangene Woche hatte die Schweiz noch unter Verweis auf ihre Neutralität darauf verzichtet, Sanktionen zu verhängen. Sie wollte zunächst lediglich sicherstellen, dass die Sanktionen über die Schweiz nicht umgangen würden.

Einmaliger Schritt der sonst neutralen Schweiz

Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte. Auch die Finanzsanktionen gegen Putin, Premierminister Michail Mischustin und Außenminister Sergej Lawrow würden übernommen. Die Regierung habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, weil es sich in diesem Umfang um einen einmaligen Schritt der Schweiz handele. "Das durften wir uns unter dem Aspekt der Neutralität nicht leicht machen", sagte Cassis. Aber: "Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral", sagte er.

Die Schweiz hatte den Einmarsch Russlands bereits auf das Schärfste verurteilt und der Ukraine volle Unterstützung zugesagt. Es würden umgehend 25 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht, hieß es.

"Die Neutralität dient als Feigenblatt"

In der EU habe der Kurs der Schweiz in den letzten Wochen für große Frustration gesorgt, sagte ein EU-Diplomat am Montag in Brüssel. Es sei unverständlich, wie man sich auf seine Neutralität berufen könne, wenn es um die Ahndung von Völkerrechtsbrüchen gehe. Auch Schweizer Medien zeigten Unverständnis. "Die Neutralität dient als Feigenblatt", kritisierte die "Neue Zürcher Zeitung".

Das Land ist ein wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen im vergangenen Jahr auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Oligarchen wie der Putin-Vertraute Gennadi Timtschenko leben dort.