"Sei kein Mann": Ist die Berliner Stadtreinigung männerfeindlich?

Mit einer neuen Kampagne will die Berliner Stadtreinigung mehr Frauen zu einer Bewerbung animieren. Den Slogan "Sei kein Mann" halten viele jedoch für männerfeindlich. Zu Recht?

Geht es nach der Berliner Stadtreinigung, sollen in Zukunft mehr Frauen einen Müllwagen wie diesen steuern. (Bild: Berliner Stadtreinigung)
Geht es nach der Berliner Stadtreinigung, sollen in Zukunft mehr Frauen einen Müllwagen wie diesen steuern. (Bild: Berliner Stadtreinigung)

"Sei kein Mann!" Was ist an diesem Slogan problematisch sein, mit dem die Berliner Stadtreinigung (BSR) das Interesse von Frauen für einen Ausbildungsplatz beim Dienstleistungsunternehmen wecken will? Für die Kritiker der hitzig diskutierten Kampagne liegt es auf der Hand: Sie ist unverhohlen männerfeindlich.

Der Slogan prangt unübersehbar auf den Bildern der Kampagne. Wer Interesse hat etwa an einem gewerblich-technischen oder einem kaufmännischen Beruf, sollte alles nur eines nicht sein: ein Mann. "Sei kein Mann! Und mach Dich dreckig", heißt es auf einem Foto. Auf einem anderen lautet die Inschrift: "Sei kein Mann und bezwinge die 40-Tonner."

Empörung im Internet

Sprüche wie diese erhitzen im Netz die Gemüter. Viele Nutzer wollen darin eine männerfeindliche Haltung sehen. Eine Frau schreibt: "Abartig wie gegen Männer 'geschossen' wird, um Frauen zu werben". In einem weiteren Kommentar heißt es: "Was ist denn so verkehrt an Männern?" Ein Nutzer meint: "Diskriminierung ist keine Einbahnstraße".

Diskriminiert die BSR wirklich Männer? Will das Unternehmen tatsächlich "in Zukunft auf männliche Mitarbeiter verzichten", wie ein Nutzer auf Twitter befürchtet? Nein, die Kritik ist kurzsichtig und wird nicht der Komplexität der Sache gerecht. Die Kampagne ist differenzierter, als es der provokante Slogan "Sei kein Mann" suggeriert.

Dabei taugt gerade er zur Ehrenrettung der BSR. Niemanden will das Unternehmen jedenfalls ausschließen. Dass die Kampagne im Gegenteil inklusiv ist, dafür spricht schon die Geschlechtsangabe "w/d/m" in den Anzeigen: "Steig ein als Berufskraftfahrer:in (w/d/m) und bewirb dich für eine Ausbildung bei der BSR!" Angesprochen sind neben Frauen und geschlechtlich "diversen" Menschen auch Männer.

Missverstandene Kampagne?

Wer der Kampagne Männerfeindlichkeit vorwirft, übersieht vor allem ihre Ironie. Wer hier Diskriminierung erkannt hat, ignoriert die Bissigkeit, die im Spiel ist. "Sei kein Mann" – mit dem Slogan beziehen sich die Macher auf den bekannten Spruch "Sei ein Mann". Und sie spießen zugleich die fragwürdige Haltung auf, die in der Aufforderung zum Tragen kommt.

Die Berliner Stadtreinigung sucht
Die Berliner Stadtreinigung sucht "Frauen, die mitziehen wollen". (Bild: Berliner Stadtreinigung)

"Sei ein Mann" – damit wird doch nichts anderes ausgedrückt als: Zeige keine Gefühle und keine Schwächen, sei taff und stark; sei also keine Frau, sei ein Mann. Wenn das männlich ist, dann sollen die Kandidat:innen (w/d/m), die sich für die Berliner Stadtreinigung bewerben lieber "keine Männer" sein – keine im Sinne der längst überholten Einstellung. So ist die BSR-Kampagne zu verstehen.

Andererseits darf man sie durchaus beim Wort nehmen – männerfeindlich muss sie deshalb nicht sein. Gerne können sich bei der BSR also vor allem Kandidaten bewerben, die "keine Männer" sind. Das würde einem Gleichgewicht näher kommen oder gar einen schaffen, denn noch immer sind Frauen in der Branche in der Unterzahl. Dazu die BSR-Personalchefin Stefanie Hansen-Heidelk: "Wir wollen den Frauenanteil in diesem männlich geprägten Berufsfeld weiter steigern".

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