Spaniens Sozialisten einigen sich mit katalanischen Separatisten auf Amnestiegesetz

Nach der monatelangen politischen Pattsituation in Spanien ist der amtierende Ministerpräsident Pedro Sánchez einer neuen Regierung näher denn je.

Seine sozialistische Partei (PSOE) hat sich nach wochenlangen Verhandlungen mit den Separatisten des ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont auf ein Abkommen geeinigt, das eine Amnestie für verurteilte katalanische Separatisten vorsieht.

Es wurde am Donnerstag in Brüssel unterzeichnet, wohin Puigdemont nach dem für illegal erklärten Unabhängigkeitsreferendum 2017 geflohen war.

Die sieben Sitze der Puigdemont-Partei sind entscheidend für die Wiederwahl von Sánchez.

Aus den Parlamentswahlen im Juli waren die Sozialisten hinter der konservativen Volkspartei (PP) als zweitstärkste Kraft hervorgegangen. Der PP-Vorsitzende Alberto Núñez Feijóo scheiterte jedoch bei der Einsetzungswahl im September an der Regierungsbildung, da er von den wichtigsten Parteien nur die Unterstützung der rechtsextremen Vox erhielt.

Puigdemont erklärte am Donnerstag nachmittag im Brüsseler Presseclub:

"Wir treten in eine noch nie dagewesene Phase ein, eine Phase, die es zu erforschen und zu nutzen gilt, eine Phase, deren Verlauf und Ziel weitgehend von uns abhängen wird. Von unserer Fähigkeit, die Instrumente zu nutzen, auf die wir uns geeinigt haben. Dabei haben wir uns keine andere Grenze gesetzt als den Willen des katalanischen Volkes."

Dieses Abkommen ist eines zwischen zwei Parteien, die tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten haben

In der Vereinbarung heißt es zu dem geplanten Amnestiegesetz, dass es "eine vollständige politische, institutionelle und soziale Normalität als wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung der Herausforderungen der unmittelbaren Zukunft herbeiführen" soll.

Einbezogen sollen "sowohl die führenden Politiker als auch die Bürgerinnen und Bürger sein, (...) die nach der Konsultation von 2014 und dem Referendum von 2017 Gegenstand von Gerichtsentscheidungen oder Prozessen im Zusammenhang mit diesen Ereignissen waren.

Infolgedessen müssen die Schlussfolgerungen der Untersuchungsausschüsse dieser Legislaturperiode die Anwendung des Amnestiegesetzes in Fällen berücksichtigen, in denen es um Situationen geht, die als 'Lawfare' oder 'Justizialisierung der Politik' bekannt sind."

Santos Cerdán, der Verhandlungsführer der PSOE, erklärte nach der Unterzeichnung:

"Dies ist ein Abkommen, das eine historische Chance darstellt, einen Konflikt zu lösen, der nur durch Politik gelöst werden kann und sollte. Meinungsverschiedenheiten sollten nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden. Und dieses Abkommen ist eines zwischen zwei Parteien, die tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten haben."

Die spanische Tageszeitung El País zitierte Cerdán mit den Worten, es sei notwendig, "so schnell wie möglich" eine fortschrittliche Regierung zu bilden, da dies das Mandat der Wahl gewesen sei, bei der "das spanische Volk Nein zu einer Regierung aus PP und Vox gesagt hat, Nein zu Rückschlägen und Spannungen".

Die Einzelheiten des Amnestiegesetzes und sein Geltungsbereich sind noch nicht bekannt, aber es hat bereits gewalttätige Proteste in Spanien ausgelöst.

Anfang der Woche wurden 39 Menschen, darunter 30 Polizeibeamte, vor dem Madrider Sitz der sozialistischen Partei Spaniens verletzt.

Die Demonstration, an der auch Mitglieder der rechtsextremen Partei Vox sowie faschistische und neofaschistische Gruppen teilnahmen, führte zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Bereitschaftspolizei, die mit Tränengas- und Schlagstockeinsatz reagierte.

Ein weiteres Zeichen für die aufgeheizte Atmosphäre im Zusammenhang mit dem Abkommen war der Anschlag auf den ehemalige katalanischen Vorsitzenden der PP und Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Alejo-Vidal Quadras.

Dem zuletzt als Mitbegründer der rechtsextremen Partei Vox bekannt gewordenen Vidal Quadras wurde am Donnesrtag Mittag auf einer Straße in Madrid ins Gesicht geschossen. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, und sein Zustand wurde zuletzt als "stabil" und "nicht lebensgefährlich" beschrieben. Er hatte zuvor den "infamen Pakt" verurteilt und davor gewarnt, dass er Spanien zu einer "totalitären Tyrannei" machen würde.

Aber auch in der Europäischen Kommission gibt es Zweifel. Der EU-Kommissar für Justiz, Didier Reynders, richtete am Mittwoch ein Schreiben an die spanische Regierung, in dem er um mehr Informationen zu dem Amnestiegesetz bat.