Studie zeigt: Deutschland ist für Superreiche ein "Steuerparadies"

Eine aktuelle Studie fordert, Superreiche wieder gerechter zu besteuern – und hat vor allem Deutschland im Blick.

Superreiche zahlen in Deutschland verhältnismäßig geringe Steuern (Symbolbild: Getty)
Superreiche zahlen in Deutschland verhältnismäßig geringe Steuern (Symbolbild: Getty)

Laut einer aktuellen Studie werden Milliardäre in Deutschland sogar noch weniger steuerlich belastet als in der Schweiz – die eigentlich als wahres "Steuerparadies" für Reiche gilt. Sonderregelungen und Steuerprivilegien führen in Deutschland dazu, dass Superreiche hier besonders gut wegkommen, denn sie leben hauptsächlich von Kapitaleinkünften. Die progressive Einkommenssteuer greift also nur bei einem geringen Anteil ihres Einkommens.

Das Ergebnis der Autoren: "Einkommen aus Arbeit tragen stärker zum Gesamtsteueraufkommen bei als Einkünfte aus Vermögen".

Während die Abgabenlast (also die Summe der Steuern und Sozialabgaben) laut Studie für eine Mittelstandsfamilie bei 43 Prozent liegt, beträgt sie im Schnitt für Milliardäre gerade mal 26 Prozent.

"Kaum ein Land besteuert Vermögen geringer als Deutschland"

Die ungleiche Verteilung der Steuerlast ist auch durch das Fehlen einer Vermögenssteuer, wie es sie etwa in Frankreich, der Schweiz oder Norwegen gibt, bedingt. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte die Situation in Deutschland ohne eine solche Steuer laut tagesschau.de so: "Das bestehende Steuersystem zementiert die soziale Ungleichheit. Kaum ein Land in der Welt besteuert Arbeit stärker und Vermögen geringer als Deutschland."

Die zitierte Studie wurde vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, der Organisation Oxfam und dem österreichischen Momentum-Institut veröffentlicht. Sie versteht sich als eine "Analyse des effektiven Steuerbeitrags von Superreichen in der Schweiz, Österreich und Deutschland". Die Forderung der Verfasser ist klar: Superreiche sollen (wieder) gerecht besteuert werden. Denn die Kluft zwischen einem verhältnismäßig kleinen Teil von sehr reichen Menschen in Deutschland und dem Rest der Bevölkerung wird immer größer, was nicht nur den sozialen Zusammenhalt beeinträchtigen, sondern auch die Demokratie gefährden könne.

Die Superreichen in Deutschland

Die wohlhabendsten zehn Prozent in Deutschland verfügen über rund 60 Prozent des Gesamtvermögens (Quelle: EZB).

Unter den reichsten Menschen in Deutschland sind vor allem zwei Bereiche dominant: der Lebensmittelhandel (mit Dieter Schwarz und seinem Discounter Lidl sowie die Aldi-Erben Beate Heister, Karl Albrecht Junior und Theo Albrecht Junior) und die Automobilindustrie. Den Geschwistern Susanne Klatten und ihrem Bruder Stefan Quandt gehört fast die Hälfte der Anteile der BMW Group.

Die meisten Superreichen weltweit gibt es übrigens in den USA. Auf Platz zwei folgt China und Deutschland liegt auf Platz drei. (Bild: statista.com)
Die meisten Superreichen weltweit gibt es übrigens in den USA. Auf Platz zwei folgt China und Deutschland liegt auf Platz drei. (Bild: statista.com)

Vermögenssteuer: Chancen und Kritik

In Deutschland dauert die Diskussion um die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer weiter an. Bis 1996 gab es eine solche in Deutschland bereits, 1997 wurde sie abgeschafft.

Wenn es in Deutschland eine Vermögenssteuer nach dem Vorbild der Schweiz gäbe, würde das jährliche Einnahmen von 73 Milliarden Euro für den Staat bedeuten. Einnahmen, die für die Finanzierung drängender Probleme eingesetzt werden könnten, wie die Bekämpfung der Klimakrise. Finanzlücken könnten damit ausgeglichen werden, statt diese etwa mit Steuererhöhungen auszugleichen, welche vor allem ärmere Menschen noch mehr belasten. Ein Beispiel dafür war die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent.

Wie könnte eine Vermögenssteuer in Deutschland aussehen? Ein mögliches Modell laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Das gesamte Vermögen könnte ab einem Wert von 1 Million Euro jährlich mit 1 Prozent besteuert werden. Dieser Steuertarif würde progressiv steigen: ab einem Vermögen von zehn Millionen Euro wären es 1,25 Prozent und 1,5 Prozent bei 20 Millionen Euro. Auch ein Freibetrag wäre vorgesehen.

Im Grundgesetz ist eine Vermögenssteuer im Artikel 106 als zulässige Steuerart aufgelistet. Während sich in der Ampelkoalition SPD und Grüne offen zeigten für die Wiedereinführung, ist die FDP aber strikt dagegen, wie unter anderem dieser Gastbeitrag von Bundesfinanzminister Christian Lindner für das Handelsblatt deutlich macht.

Und auch von anderer Seite gibt es Zweifel an diesem Steuer-Konzept. Der Präsident des ifo-Wirtschaftsinstituts, Clemens Fuest, glaubt laut tagesschau.de an eine "massive Kapitalflucht" aus Deutschland, sollte man die umstrittene Steuer einführen: "Es ist zu bedenken, dass gerade sehr vermögende Steuerzahler in der Regel nicht von ihrem Arbeitseinkommen abhängig sind und deshalb ihren Wohnsitz und ihre wirtschaftlichen Aktivitäten leicht ins Ausland verlagern können."

Weitere Finanz-Meldungen: