Super-Sturm Beryl schlägt zu - Was in der Karibik passiert, finden Klimaforscher „absolut verrückt“

Ein vom Hurrikan "Beryl" zerstörtes Haus in Houston, Texas (USA). <span class="copyright">AP</span>
Ein vom Hurrikan "Beryl" zerstörtes Haus in Houston, Texas (USA). AP

Zerstörte Häuser, überflutete Straßen: Hurrikan Beryl hat in der Karibik und an der Golfküste der USA heftig gewütet. Dass sich ein Hurrikan dieser Größe schon zu dieser Zeit des Jahres entwickelt, ist ungewöhnlich. Befeuert wurde der Super-Sturm durch ein nie dagewesenes Klimaphänomen.

265 Stundenkilometer - das ist die Spitzengeschwindigkeit, die Hurrikan „Beryl“ mit einer Schneise der Verwüstung durch den Atlantik hinlegte. Entwurzelte Bäume, zerstörte Häuser und Straßen sind die Folge, insgesamt starben elf Menschen. Beryl ließ nicht nur fast zwei Millionen Menschen ohne Strom zurück, sondern sorgte auch bei vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für Entsetzen. Denn hinter dem Hurrikan steckt ein bedrohliches Klimaphänomen.

Rekordsturm „Beryl“: Noch nie gab es so früh einen so starken Hurrikan

Das Fatale an „Beryl“ ist nicht nur seine Zerstörungskraft, sondern sein Timing: Als Hurrikan der Kategorie 5 fegte er durch die Karibik – doch die Saison beginnt gerade erst. Hurrikane bilden sich nämlich im Sommer, wenn die Meere sich erwärmen. Warme Luft steigt nach oben und zieht mehr Luft zu sich. Die genaue Entstehung ist noch unbekannt, es wird allerdings vermutet, dass das Zusammenwirken von Tiefdruckgebieten und die Rotation der Erde letztendlich zu einem Hurrikan führen.

Je länger der Sommer, umso wärmer die Meere und umso stärker die Hurrikane, die in der Regel zwischen September und Oktober gipfeln. Doch diese Regel gilt unter den Auswirkungen des Klimawandels nur noch bedingt. Noch nie gab es so früh im Jahr einen so starken Sturm. Das deutet darauf hin, dass die kommenden Stürme – denn die Hurrikansaison ist erst am Anfang - eine noch größere Zerstörungskraft mit sich führen werden.

Hurrikan-Saison: „Absolut verrückt“

Leider ist die Erwärmung der Meere kein neues Phänomen, sondern bereits seit Jahren gang und gäbe. Die Schwankungen im Pazifik hängen dabei größtenteils mit dem Klimaphänomen El Niño zusammen. Was jedoch im Atlantik passiert, sei „außerhalb der normalen Messwerte“, wie Brian McNoldy, ein Wissenschaftler der University of Miami, dem britischen „Guardian“ sagte: 2023 war das bisher heißeste Jahr, mit quasi täglich neuen Temperaturrekorden. So erreichte eine Messstelle nördlich der Florida Keys vor fast einem Jahr 38 Grad – eine noch nie da gewesene Höchsttemperatur. Die Folgen sind, wie „Beryl“ nun zeigt, nicht nur desaströs für die Meeresflora und -fauna, sie sorgen auch für zerstörerische Stürme.

Atlantische Hurrikane entwickeln sich für allem in einer Region, die sich zwischen Mittelamerika und Afrika erstreckt – und genau diese Zone war in den vergangenen Wochen überaus warm, mit Temperaturen die teils fünf Grad über dem Normalwert lagen. Im Gegensatz zu Landmassen können Meere die aufgenommene Wärme allerdings nicht so schnell abgeben. Dies könnte wiederum die Entstehung besonders kräftiger Stürme befeuern.

Dass zu Beginn der Saison allerdings schon „Spitzen-Stürme“ auftreten, nennt McNoldy „absolut verrückt“. „Beryl“, war vermutlich erst der Anfang: Auch im Golf von Mexiko herrschen Temperaturen, die quasi „so warm wie Badewannen-Wasser“ sind, so ein Hurrikan-Experte zum „Guardian“. So ist es kein Wunder, dass die US-Behörde NOAA bis Ende der Saison 13 Stürme prognostiziert – eine deutliche Steigerung zu den üblichen sieben.

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Der EU-Klimawandeldienst "Copernicus" hat die alarmierenden Meeresoberflächentemperaturen dokumentiert.
Der EU-Klimawandeldienst "Copernicus" hat die alarmierenden Meeresoberflächentemperaturen dokumentiert.

 

Befeuert die „Atlantik-Anomalie“ Wirbelstürme?

Stürme wie „Beryl“ sind erst der Gipfel der Erwärmung. Schon im Juni des vergangenen Jahres zeigten sich tragische Konsequenzen: Zehntausende Fische starben vor der texanischen Golfküste. Sie sind erstickt, weil die Wärme den verfügbaren Sauerstoff gebunden hatte. Auch Korallenriffe sterben regelmäßig aufgrund der lebensfeindlichen Temperaturen ab. Diese bisher beispiellose Erwärmung im Atlantik ist auch als „Atlantik-Anomalie“ bekannt: Seit Anfang März des vergangenen Jahres liegt die mittlere Oberflächentemperatur im Nordatlantik an jedem einzelnen Tag auf dem höchsten Tagesstand seit Messbeginn vor rund 40 Jahren.

Manche Expertinnen und Experten fordern daher, im Angesicht der immer stärker und zahlreicher werdenden Stürme eine zusätzliche, höhere Kategorie einzuführen. Dies soll sicherstellen, dass nicht nur die menschliche Zivilisation gewappnet wäre, sondern auch mehr Maßnahmen zum Schutz von Tieren und Pflanzen ermöglichen.

Verantwortlich für das Phänomen ist vermutlich eine Erhitzung der Atmosphäre: Schärfere Regeln im Schiffsverkehr sorgten dafür, dass Schiffe mit viel weniger Schwefel in ihrem Kraftstoff fahren dürfen. Diese Regel sollte eigentlich die Luftverschmutzung verringern. Das gelang zwar, führte allerdings dazu, dass weniger Sulfat-Aerosole in bestimmten Bereichen der Atmosphäre abgegeben wurden. Die Aersole haben einen zweifachen Kühlungseffekt: Einmal reflektieren sie das Sonnenlicht und dann beeinflussen sie die Wolkenbildung. Dieser Effekt entfiel nun mancherorts und sorgte, so die Hypothese, für eine Erwärmung, unter anderem im Atlantik. An der Theorie gibt es allerdings auch Kritik – gelöst ist das Rätsel um die Atlantik-Anomalie also noch nicht.