Juristisches Tauziehen um Einwanderungsgesetz für Texas
Washington (dpa) - Justiz-Krimi um ein neues Einwanderungsgesetz für den US-Bundesstaat Texas: Wenige Stunden nachdem der Oberste Gerichtshof der USA dem umstrittenen Gesetz grünes Licht gegeben hatte, ist es von einem Berufungsgericht vorerst wieder auf Eis gelegt worden. Dies berichteten US-Medien.
Das Gesetz soll texanischen Behörden weitreichende Befugnisse an der Grenze zu Mexiko geben, die sonst Bundesbehörden vorbehalten sind. Irreguläre Migration in die USA soll damit auf Ebene des Bundesstaats kriminalisiert werden. Kritikern zufolge verstößt das Gesetz gegen die Menschenrechte. Auch das Justizministerium spricht sich dagegen aus.
Konkret soll das Einwanderungsgesetz texanischen Polizeibeamten erlauben, Personen festzunehmen, die verdächtigt werden, illegal die Grenze aus Mexiko in die USA überquert zu haben. Texanische Gerichte sollen demnach auch Abschiebungen veranlassen und bei wiederholten Grenzübertritten langjährige Gefängnisstrafen verhängen dürfen.
Thema Migration bestimmt den US-Präsidentschaftswahlkampf
Das Tauziehen vor den Gerichten um das neue Gesetz verstärkt die Kontroverse um ein Thema, das für den US-Präsidentschaftswahlkampf zentral ist: Migration. Die Republikaner werfen US-Präsident Joe Biden vor, die Kontrolle über den Schutz der Südgrenze der USA verloren zu haben. Herausforderer Donald Trump bemüht dabei immer wieder extreme Formulierungen und spricht etwa von einer «Invasion» der USA.
Auf der Flucht vor Armut und Konflikten in ihren Heimatländern kommen täglich Tausende Menschen in die USA. Behörden stehen unter Druck, das Justizsystem kommt bei der Bearbeitung der Asylgesuche kaum hinterher. Es fehlt zudem an Unterbringungsmöglichkeiten und anderen Ressourcen für die Ankömmlinge.
Das Nachbarland Mexiko lehnt kategorisch jede Maßnahme ab, die bundesstaatlichen oder städtischen US-Behörden Befugnisse in Migrationsfragen einräume. «Mexiko wird unter keinen Umständen Abschiebungen durch den Bundesstaat Texas akzeptieren», erklärte das Außenministerium in einer Mitteilung.
Supreme Court gibt grünes Licht, Richter-Gremium stoppt Vorhaben wieder
Im Dezember erst hatte der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, das Gesetz unterzeichnet. Nach längerem juristischen Hin und Her argumentierte das US-Justizministerium schließlich vor dem Supreme Court, der Bundesstaat im Süden der USA überschreite mit dem Vorhaben seine Kompetenzen - und erwirkte damit eine Verzögerung.
Mit einer Entscheidung des Supreme Courts am Dienstag trat das Gesetz dann aber für wenige Stunden in Texas in Kraft. Für den Bundesstaat war das ein Etappensieg. Ob es in dieser Zeit bereits erste Festnahmen gegeben hat, ist Berichten zufolge bisher unklar. Das Weiße Haus teilte laut US-Medien mit, dass das Gesetz Texas unsicherer mache und «Chaos und Verwirrung» an der Südgrenze stifte.
Kurz darauf sprach dann das Berufungsgericht: Mit einer zwei-zu-drei-Entscheidung stoppte ein Richter-Gremium in New Orleans das Gesetz vorerst wieder. An diesem Mittwochmorgen wolle das Gericht aber in dem Fall weiter verhandeln, berichten US-Medien. Wie es danach für das Gesetz weitergeht, ist noch unklar. Auch Klagen des Justizministeriums sowie mehrerer Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen müssen noch ihren Weg durch die juristischen Instanzen nehmen.
Warnungen vor Konsequenzen
Menschen- und Bürgerrechtler warnen vor Diskriminierung und «racial profiling». Davon spricht man, wenn Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden. Abbott wies dies zurück, berichtete CNN. Kritik gab es dennoch: «Heute ist der 19. März, ein Tag, der meiner Meinung nach als ein "Zeigen Sie mir Ihre Papiere-Tag" in die Geschichte eingehen wird», sagte Domingo Garcia, Präsident der Organisation Lulac, die sich für die Rechte von Latinos in den USA einsetzt, in einem CNN-Bericht.
Biden steht bei dem Thema Migration unter großem Druck. Eine im Februar veröffentlichte CNN-Umfrage ergab, dass nur 30 Prozent der Amerikaner mit Bidens Leistung in dieser Frage einverstanden seien und 79 Prozent der Wähler die Situation an der US-Südgrenze als Krise bezeichneten.