The Social Pulse: Wyld Shop - was steckt dahinter?

Sich Wildtiere ganz bequem nach Hause schicken lassen – damit warb der Wyld Shop erst kürzlich und sorgte damit für jede Menge Empörung in den sozialen Medien. Tierschützer wie Robert Marc Lehmann schüttelten fassungslos den Kopf, als sie sich durch die Webseite klickten, die dem Kunden einen aufgeweckten Katta oder einen majestätischen Tiger versprach. Nun ist der Shop endlich live – und dahinter verbirgt sich natürlich etwas völlig anderes.

Einen majestätischen Löwen im Wyldshop bestellen? Nein! (Symbolbild: Getty Images)
Einen majestätischen Löwen im Wyldshop bestellen? Nein! (Symbolbild: Getty Images)

"Hier kannst du dir schon bald einen eleganten Karakal, einen cleverer Weißbüschelaffen oder ein niedliches Erdmännchen nach Hause schicken lassen – zum ganz entspannten Kuscheln zu Hause mit deinem exotischen Haustier", hieß es auf der Webseite des Wyld Shops noch vor ein paar Stunden. Die Webseite warb damit, als erster Anbieter für exotische Haustiere live zu gehen, bei dem man sich ganz easy Wildtiere wie Polarfüchse, Tiger und sogar Löwen für mehrere tausend Euro ordern und sich bequem nach Hause schicken lassen kann.

"Ich konnte nicht glauben, dass das wirklich real ist", sagte Tierschützer Robert Marc Lehmann, der ebenfalls auf den Shop aufmerksam wurde, und seinem Unmut darüber in einem Youtube-Video freien Lauf ließ.

Der Meeresbiologe vermutete als Erstes, dass Youtuber Marvin Wildhage dahinter stecken könnte, der für das Erstellen von Fake-Shops bekannt ist und in erster Linie Influencern einen Streich spielt. Auf eine Nachricht Lehmanns antwortete Wildhage jedoch: "Ich wünschte, es wäre ein Prank, aber ich habe damit nichts zu tun."

Wer steckt hinter Wyld Shop?

"Da Marvin Wildhage damit nichts zu tun hat, frage ich mich, wer dann?", fragte Robert Marc Lehmann. Doch einer seiner Fans traute Marvin nicht und schrieb: "Nur weil Marvin sagt, dass er es nicht war, heißt das nicht, dass er das nicht wirklich war. Er hat schon öfters Videos gemacht und es verneint, obwohl er dahinter steckte. Auf sein Wort kann man in der Hinsicht nicht vertrauen."

"Das, was wir uns gleich angucken, kann eigentlich nicht sein", erklärte auch Youtuber Lehmann, obwohl auf den ersten Blick alles auf einen echten Online-Shop hindeutete, zu dem es am 21. August sogar eine Pressemitteilung gab. "Für alle, denen das Gewöhnliche nicht genug ist, geht Wyld, der innovative Marktplatz für exotische Haustiere am 13. September online", heißt es darin.

Wer ist Robert Marc Lehmann: Warum du sein Buch kaufen und Mission Erde sehen solltest

Es wurde einem auch versichert, dass Wyld den größten Wert auf verantwortungsbewussten Handel und höchste Qualität legt und die Kunden sich darauf verlassen können, dass ihre Käufe in Deutschland komplett legal sind. "Alle exotischen Haustiere werden sorgfältig von renommierten Züchtern und Händlern ausgewählt", heißt es weiter. Auch werden Wildtier-Fans darüber informiert, dass der Onlineshop seine Präsenz weiter ausbauen und in naher Zukunft weitere Showrooms in ganz Deutschland eröffnen will, damit Tierliebhaber die faszinierende Welt von Wyld auch vor Ort erleben können. Als erster seiner Art sollte auch der Wyld-Store in Berlin schon bald seine Pforten öffnen.

Das kann doch nicht echt sein – oder doch?

"Das ist doch von Marvin oder von Böhmermann", schimpfte Lehmann, als er die Pressemitteilung im Youtube-Video vorlas. "Wer schreibt denn so 'ne scheiße?" Der Tierschützer fügte hinzu: "Verantwortungsbewusst? Wir reden hier von Tigern und so." Und auch die Youtube-User konnten nicht glauben, dass der Shop echt sein soll. So schrieb ein Nutzer: "Das MUSS ein Fake sein. Sonst tut mir der arme DHL Lieferant leid, wenn er mehrere Löwen in den 6. Stock tragen muss." Ein anderer meinte: "Ich kann jetzt nur noch hoffen, dass PETA oder Joko & Klaas irgendwie dahinterstecken ....es bleibt spannend. Sollte das wahr sein, was ich nicht glaube, werde ich aber echt versuchen so viele Menschen wie möglich zu mobilisieren um dagegen vorzugehen bzw. protestiere."

Ein User ging sogar so weit, die Bilder der Tiere zu googlen und schrieb: "Wenn man über Google die Bilder der Tiere suchen lässt, erscheinen random Bilder aus dem Internet. Die haben also irgendwelche Bilder aus dem Internet für Ihre Website verwendet. Wenn die Person tatsächlich diese Tiere verkauft, würde man doch erwarten, dass sie Originalbilder der Tiere hochlädt oder nicht? Das kann nur Fake sein!"

The Social Pulse: Robert Marc Lehmann zeigt Karte von Tierschutzskandalen in Deutschland

Das Impressum des Shops bot zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur begrenzte Informationen – und keine Hinweise auf den wahren Betreiber. Es gab einen Verantwortlichen für die Seite: die WYLD24 Animal Trading GmbH i.Gr., eine Firma in Gründung also, die noch nicht im Handelsregister eingetragen war. Auch war keine Adresse angegeben, nur ein Postfach. Auffällig war auch, dass der Name eines Geschäftsführers oder einer Geschäftsführerin nicht genannt wurde. Normalerweise ist diese Angabe im Impressum obligatorisch.

Marketing-Stunt vermutet – nun gibt es die Auflösung!

Doch Robert Marc Lehmann wäre natürlich nichts ohne seine ganzen Fans, die während des Livestreams die Telefonnummer anrufen, die ebenfalls auf der Webseite angegeben ist, um der Sache auf den Grund zu gehen. "Krass. Wenn man da anruft geht wirklich jemand ran. Klingt voll real. Bin gespannt, wie sich das entwickelt", berichtet ein Youtube-User. Ein weiterer Nutzer erklärt: "Hab da angerufen und fast 5 Minuten mit denen geredet. Die meinen das 100% ernst. Voll krass."

"Hier gibt es kuschelige Nasenbären. Ich sag's euch, der Shop wurde doch nur für mich gemacht", so Lehmann ungläubig. Als er auch noch Petfluencer entdeckte, meinte er: "Das ist doch safe 'ne angemeldete Demo von Peta oder sowas." Dann kam ihm noch die Idee, dass ihn die Zoos verarschen wollen. "Ich weiß es nicht", so Lehmann. "Das kann nur 'ne Tierschutzgeschichte sein", schlussfolgerte er. "Das ist fake, 100%."

The Social Pulse: Robert Marc Lehmann kritisiert Anti-Influencer-Strategie von Zoos

Die Vermutung lag nahe, dass es sich beim Wyld Shop um einen PR-Stunt von Tierschützern handeln könnte, die auf die laschen Wildtierhandelsgesetze in Deutschland aufmerksam machen wollen. Die rechtlichen Angaben auf der Website entsprechen nämlich tatsächlich den geltenden Gesetzen.

Auch wenn es unglaublich klingt: In der EU ist der Handel mit den meisten Wildtieren legal, solange die Tiere aus legaler Zucht stammen und es sich nicht um illegale Wildfänge handelt. In einigen deutschen Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Baden-Württemberg dürfen Privatpersonen tatsächlich Löwen oder Tiger halten. Selbst wenn der Shop real wäre, würde er wahrscheinlich nicht gegen EU-Richtlinien verstoßen.

Doch alle Tierliebhaber können nun endlich aufatmen! Hinter dem Wyld Shop verbirgt sich Gott sei Dank kein Online-Shop für exotische Haustiere. Auf der Instagram-Seite und auf der Webseite des "Shops" verkündete Wyld nun, was dahintersteckt. Wer nun auf https://wyld.shopping/shop/ klickt, wird automatisch auf https://positivliste.org/shop/ weitergeleitet. Auf der Homepage dann die Worte, die bei den meisten für Erleichterung sorgen müssten: "Exotische Tiere sind keine Haustiere!"

In einem Infotext wird dann ausführlich darauf hingewiesen, dass Äffchen und Tiger nicht ins Wohnzimmer gehören, weil: "Eine artgerechte Haltung dieser und anderer Exoten ist aufgrund der hohen Ansprüche der Tiere kaum möglich. Die Besitzer:innen sind daher mit den Bedürfnissen der Tiere und der finanziellen Belastung schnell überfordert." Gleichzeitig würden diese Tiere Wildtiere bleiben. "Die Nähe zum Menschen erzeugt unnötigen Stress, der zu unberechenbarem Verhalten führt, das Menschen oder Tiere verletzen kann. Jedes Jahr werden deshalb unzählige exotische Tiere ausgesetzt, vernachlässigt oder unter schlechten Bedingungen gehalten", mahnt Positivliste.org. "Damit muss jetzt Schluss sein!"

Eine Positivliste bietet die Lösung

Hinter der Aktion steckt eine der größten und ältesten Tierschutzorganisationen in Europa: die Animal Advocacy and Protection (AAP), die 1972 gegründet wurde und sich um exotische Säugetiere wie Affen, Löwen und Tiger kümmert.

AAP setzt sich nicht nur für bessere Tierschutzgesetze in ganz Europa ein, sondern nimmt auch exotische Tiere in Obhut, wenn sie in Not sind. Mit einer Positivliste will die Organisation nun dafür sorgen, dass der Handel und die Haltung von Wildtieren verboten wird. "Eine Positivliste für Haustiere definiert, welche Tierarten für den Handel und die private Haltung geeignet und erlaubt sind", heißt es auf der Webseite. Im Klartext heißt das also: Jedes Tier auf der Liste ist für die private Haltung und den Handel zugelassen. Alle anderen Tiere sind verboten.

"Eine bundeseinheitliche Positivliste kann den vielfältigen Problemen bei der privaten Haltung exotischer Haustiere begegnen und ermöglicht eine präventive und ressourcenschonende Lösung", argumentiert die AAP die Aktion. Ein Vorteil sei der präventive Charakter von Positivlisten. Nur wenn eine Tierart festgelegte Kriterien erfülle, werde sie in die Positivliste aufgenommen. "Positivlisten haben sich bereits in anderen EU-Staaten als effektiv, effizient und zielführend erwiesen", so die Tierschützer.

Was man tun kann

Wer mithelfen will, kann das ebenfalls gerne tun. "Werde laut, werde kreativ, #werdewyld", fordert die AAP von allen, die in den sozialen Medien unterwegs sind und auf das Problem aufmerksam machen können. Zudem hat die Organisation eine Petition in die Wege geleitet, die man unterzeichnen kann, um dem Tierleid ein Ende zu setzen. Wer sich nun denkt, #Meowtoo, der sollte nicht lange zögern, oder wie es AAP sagen würde: "Also schließe dich der Kampagne an und kämpfe für eine Verbesserung der Lebensumstände unzähliger exotischer Tiere!"