Ukraine-Krieg: Die Ereignisse am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten in Russland

  • Biden zu nuklearen Drohungen: Atomkrieg kann nicht gewonnen werden

  • Russland-Experte: Putin wird nicht gut aus diesem Krieg rauskommen

  • Biden: Russland hat «schamlos» gegen UN-Charta verstoßen

  • Selenskyj fordert Kampfpanzer von Berlin - «Gebt uns diese Waffen»

  • Putin ordnet Teilmobilmachung in Russland an

  • Kiew reagiert mit Spott auf Moskaus Teilmobilmachung

  • Scholz nennt russische Teilmobilmachung "Akt der Verzweiflung"

Die Newslage im Livestream:

+++ Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten in Russland +++

Bei Protesten gegen die von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung sind in Russland in mehreren Städten Menschen festgenommen worden. Bis zum frühen Mittwochabend waren dem Bürgerrechtsportal OVD-Info zufolge russlandweit knapp 100 Menschen festgesetzt worden. In Tomsk und Irkutsk in Sibirien, in Jekaterinburg am Ural und an anderen Orten gingen demnach vereinzelt Menschen auf die Straße. Sie hielten Plakate mit den Farben der ukrainischen Flagge und Sprüchen wie «Nein zur Mobilisierung!» in die Höhe. Angesichts massiver staatlicher Repressionen in Russland dürften die Proteste aber wohl nicht allzu groß ausfallen.

In der Hauptstadt Moskau etwa warnten die Behörden noch vor Beginn einer geplanten Demonstration nachdrücklich vor einer Teilnahme: Die Staatsanwaltschaft drohte den Menschen mit bis zu 15 Jahren Haft. Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine vor knapp sieben Monaten geht die russische Staatsmacht unter anderem mit verschärften Gesetzen hart gegen Oppositionelle und Kriegsgegner vor.

+++ Biden zu nuklearen Drohungen: Atomkrieg kann nicht gewonnen werden +++

US-Präsident Joe Biden hat nukleare Drohungen von Russland, Nordkorea und anderen Ländern scharf verurteilt. «Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden», warnte Biden in seiner Rede bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Mittwoch in New York. Aber es gebe beunruhigende Trends und Russland spreche «unverantwortliche Drohungen» aus, so Biden. China betreibe eine «noch nie da gewesene Aufrüstung». Nordkorea verstoße weiterhin «in eklatanter Weise gegen die UN-Sanktionen». Biden fügte hinzu: «Wir werden nicht zulassen, dass der Iran in den Besitz einer Atomwaffe gelangt.» Diplomatie sei der beste Weg, das zu erreichen.

+++ Russland-Experte: Putin wird nicht gut aus diesem Krieg rauskommen +++

Der Russland-Experte Stefan Meister sieht die Teilmobilmachung des Kremls als «weitere Richtungsentscheidung» im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Russland werde trotz jüngst erlittener Niederlagen «nicht deeskalieren oder in eine Form von Waffenstillstandsverhandlungen eintreten», sondern vielmehr weitere Teile der russischen Bevölkerung in den Krieg hineinwerfen, sagte der Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Mobilisiert würden nicht nur junge Männer, sondern im Prinzip «jeder, der kampffähig ist» und vor kurzem eine Ausbildung gemacht habe oder in der Reserve sei.

Russland gehe es bei der Aktion darum, Gebiete zurückzuerobern oder zu halten, meint Meister. «Letztlich geht es darum, dass man die besetzten Gebiete integriert durch dieses Fake-Referendum und dann damit dort auch Wehrpflichtige stationieren kann», erklärt der Experte. In den für Russland reklamierten Gebieten könne man dann auch «Atomwaffen oder zumindest atomwaffenfähige Raketen» stationieren.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte in einer Fernsehansprache am Mittwochmorgen eine Teilmobilisierung in seinem Land angeordnet. Zugleich erklärte er, die am Dienstag angekündigten Abstimmungen in besetzten ukrainischen Gebieten über einen Beitritt zu Russland - die weltweit als völkerrechtswidrig angesehen werden - zu unterstützen.

+++ Biden: Russland hat «schamlos» gegen UN-Charta verstoßen +++

US-Präsident Joe Biden hat Russland angesichts des Krieges gegen die Ukraine einen «schamlosen» Verstoß gegen die UN-Charta vorgeworfen. «Ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist in sein Nachbarland eingedrungen und hat versucht, den souveränen Staat von der Landkarte zu tilgen», sagte Biden in seiner Rede bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Mittwoch in New York. Damit habe er gegen die Grundpfeiler der UN-Charta verstoßen. Die UN-Charta ist das Regelwerk der Vereinten Nationen.

Russlands Präsident Wladimir Putin habe gerade erst wieder «unverhohlene nukleare Drohungen gegen Europa ausgesprochen» und der Kreml organisiere Scheinreferenden, so Biden. Es handle sich um «ungeheuerliche Handlungen». Putin rechtfertige seinen Krieg mit der Behauptung, sein Land sei bedroht gewesen, sagte Biden. «Aber niemand hat Russland bedroht, und niemand außer Russland hat den Konflikt gesucht.»

US-Präsident Joe Biden. (Bild: Reuters)
US-Präsident Joe Biden. (Bild: Reuters)

+++ Selenskyj fordert Kampfpanzer von Berlin - «Gebt uns diese Waffen» +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nochmals eindringlich an Deutschland appelliert, seinem Land Kampfpanzer zu liefern. «Gebt uns diese Waffen», sagte Selenskyj im Interview mit Bild TV. «Für uns bedeuten Kampfpanzer heute, dass mehr Menschenleben gerettet werden können», betonte der Präsident. Selenskyj ließ das Argument der Bundesregierung, nicht im Alleingang handeln zu wollen, nicht gelten. «Sie sind ein unabhängiger Staat. Wenn Sie uns diese Waffen nicht geben wollen, dann nichts für ungut, Sie haben Ihre Meinung. Aber sagen Sie nicht: Zuerst USA, dann Polen und so weiter.»

Über die Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen debattiert auch der Bundestag am Donnerstagnachmittag. Die Unionsfraktion hat dazu einen Antrag eingebracht. Dort wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, umgehend «die Genehmigung für die Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und Transportpanzern aus Industriebeständen an die Ukraine» zu erteilen.

+++ Putin ordnet Teilmobilmachung in Russland an +++

Damit schafft der russische Präsident im Krieg in der Ukraine neue Fakten: Knapp sieben Monate nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine hat Wladimir Putin Russland eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte befohlen. Er habe diese Entscheidung nach einem Vorschlag des Verteidigungsministeriums getroffen und das Dekret unterschrieben, sagte der Kremlchef in einer Fernsehansprache am Mittwoch. Die Teilmobilisierung beginne noch an diesem Mittwoch. Damit will er auch Personalprobleme an der Front lösen. Zugleich kündigte Putin an, die "Referenden" in den besetzten Gebieten der Ukraine über einen Beitritt zu Russland zu unterstützen.

Die Teilmobilmachung bedeutet nach Putins Worten, dass Reservisten eingezogen werden. Sie würden den gleichen Status und die gleiche Bezahlung bekommen wie die jetzigen Vertragssoldaten und auch vor dem Fronteinsatz noch einmal militärisch geschult, versicherte er. Robert Habeck (Grüne) hat sich zu Russlands Entscheidung kritisierte die Entscheidung Russlands scharf. Das sei ein "schlimmer und falscher Schritt", erklärte der Bundeswirtschaftsminister in Berlin. Die Bundesregierung berate derzeit über eine Antwort auf diese Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Habeck sagte der Ukraine in diesem Zusammenhang erneut die volle Unterstützung Deutschlands zu. Mehr dazu lesen Sie hier.

+++ Kiew reagiert mit Spott auf Moskaus Teilmobilmachung +++

Kiew hat mit Spott auf die von Russlands Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung reagiert. Der externe Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, fragte am Mittwoch auf Twitter: "Läuft immer noch alles nach Plan oder doch nicht?" Der für "drei Tage" geplante Krieg dauere bereits 210 Tage. Die Russen, die eine Vernichtung der Ukraine forderten, hätten nun unter anderem die Mobilmachung, geschlossene Grenzen, blockierte Konten und Gefängnisstrafen für Deserteure erhalten. "Das Leben hat einen wunderbaren Sinn für Humor", schloss Podoljak.

Sein Kollege Olexij Arestowytsch interpretierte den Schritt des Kremls dahingehend, dass die hohen Verluste Russland zu dieser Maßnahme zwingen. "Es sind mehr als 100.000 an Getöteten und Verwundeten, eher knapp 150.000", schrieb Arestowytsch. Dabei seien bereits jetzt die nächsten 150.000 mental abgeschrieben. "Wie gut es doch ist, Russe unter Putin zu sein", schrieb er ironisch. Moskau hatte am Mittwoch von 5.937 toten eigenen Militärangehörigen seit Kriegsbeginn gesprochen. Auch unabhängige Beobachter halten die realen Verluste aber für ein Vielfaches höher als genannt.

+++ Scholz nennt russische Teilmobilmachung "Akt der Verzweiflung" +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Anordnung einer Teilmobilmachung in Russland als "Akt der Verzweiflung" bezeichnet. "Russland kann diesen verbrecherischen Krieg nicht gewinnen», sagte Scholz am Mittwoch in New York am Rande der UN-Generalversammlung. "Mit den jüngsten Entscheidungen macht (der russische Präsident Wladimir) Putin, macht Russland das alles nur noch viel schlimmer."

Scholz hatte während der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in der die ersten Rede eines Bundeskanzlers seit 15 Jahren vor den Vereinten Nationen der Ukraine weitere Unterstützung auch mit Waffen zugesichert und Russland "blanken Imperialismus" vorgeworfen. "(Präsident Wladimir) Putin wird seinen Krieg und seine imperialen Ambitionen nur aufgeben, wenn er erkennt: Er kann diesen Krieg nicht gewinnen", sagte Scholz. "Er zerstört dadurch nicht nur die Ukraine, er ruiniert auch sein eigenes Land."

Deshalb werde man keinen russischen "Diktatfrieden" akzeptieren - und auch keine Scheinreferenden, betonte Scholz. Damit spielte er auf die von Separatisten geplanten Abstimmungen in mehreren ukrainischen Regionen an, die am Dienstag angekündigt worden waren. Es wird nun befürchtet, dass Russland wie 2014 im Fall der Halbinsel Krim auch diese Regionen annektieren könnte.

Scholz hatte die geplanten Abstimmungen bereits vor seiner Rede am Rande der Generaldebatte für völkerrechtswidrig erklärt. Es sei "ganz, ganz klar, dass diese Scheinreferenden nicht akzeptiert werden können, dass sie nicht gedeckt sind vom Völkerrecht und von den Verständigungen, die die Weltgemeinschaft gefunden hat", sagte Scholz. "Das ist alles nur der Versuch einer imperialistischen Aggression, die dadurch verbrämt werden soll."

+++ Lambrecht: Putin schickt Tausende junger Menschen in sinnlosen Tod +++

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die von der russischen Führung angeordnete Teilmobilisierung scharf kritisiert. "Putins Entscheidung zur Teilmobilisierung ist ein Zeichen der militärischen und politischen Schwäche - genauso wie die angekündigten Scheinreferenden in den besetzten Gebieten", erklärte Lambrecht am Mittwoch.

"Skrupellos und brutal schickt er erneut Tausende junger Menschen in einen sinnlosen Tod in diesem brutalen und verbrecherischen Krieg", sagte Lambrecht. "Russland sollte sich jedoch nicht täuschen: Wir werden in unserer Unterstützung für den mutigen Abwehrkampf der Ukraine nicht nachlassen."

+++ Nawalny: Putin "wirft russische Bürger in den Fleischwolf" +++

Nach dem Befehl zu einer Teilmobilmachung in Russland hat der im Straflager inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny bei einem Auftritt vor Gericht beklagt, dass der "verbrecherische Krieg" von Präsident Wladimir Putin immer schlimmere Ausmaße annehme. Putin wolle so viele Menschen wie möglich in das Blutvergießen in der Ukraine mit hineinziehen, sagte Nawalny am Mittwoch bei einer Verhandlung, in der es um seine Rechte als Gefangener ging. "Um seine eigene Macht zu verlängern, zerfleischt er das Nachbarland, tötet dort Menschen. Und jetzt wirft er noch eine riesige Zahl an russischen Bürgern in den Fleischwolf", sagte Nawalny.

Das Team des Oppositionellen veröffentlichte im Nachrichtendienst Telegram die Aussagen Nawalnys und ein Bild, das zeigt, wie er aus dem Strafvollzug heraus an der Gerichtsverhandlung teilnimmt. Bei der Verhandlung wollte der Politiker unter anderem sein Recht auf Gründung einer Gefangenengewerkschaft durchsetzen - ohne Aussicht auf Erfolg. Einer Mitteilung von Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch zufolge kritisierte der Politiker, dass unbeteiligte Reservisten für den von Putin angezettelten Krieg eingezogen würden, aber der Kreml nicht die millionenstarke Armee in den Kampf schicke.

+++ Klitschko fordert "zivilisierte Welt" zur "Vernichtung des Bösen" auf +++

Nach der erneuten Atomdrohung von Russlands Präsident Wladimir Putin hat Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko die seiner Ansicht nach "zivilisierte Welt" zur "radikalen Vernichtung des Bösen" aufgefordert. "Die von Putin verkündete Mobilmachung und die Atomdrohungen werden dem Aggressor bei seinem Bestreben, die Ukraine und die Ukrainer zu unterwerfen und zu vernichten, nicht helfen", sagte der 50-Jährige laut einer Mitteilung vom Mittwoch.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. (Bild: Reuters)
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. (Bild: Reuters)

Der "Tyrann" Putin habe Prozesse in Russland gestartet, die ihn selbst zugrunde richten würden. Es sei keine Zeit mehr, von "irgendwelchen 'illusorischen' Friedensverhandlungen zu reden", betonte der Ex-Boxweltmeister. Russland hatte vor knapp sieben Monaten eine Invasion in die Ukraine begonnen. Mittels am Freitag startender Scheinreferenden will Moskau sich vier süd- und ostukrainische Gebiete einverleiben. Vorbild ist die Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim von 2014.

+++ Russland: Über 60.000 ukrainische Soldaten seit Kriegsbeginn getötet +++

Knapp sieben Monate nach Kriegsbeginn hat Russland die Zahl getöteter ukrainischer Soldaten mit mehr als 60.000 beziffert. Hinzu kämen fast 50.000 Verletzte, so dass die "Verluste" insgesamt bei mehr 100.000 lägen, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch im Staatsfernsehen.

Damit habe die Ukraine mehr als die Hälfte ihrer einstigen Streitkräfte, die anfangs aus mehr als 200.000 Menschen bestanden haben sollen, verloren, behauptete Schoigu. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht. Die Ukraine selbst hatte die Todesopfer in den eigenen Reihen Ende August auf annähernd 9.000 Soldaten beziffert.

Zuvor hatte Schoigu auch erstmals seit dem Frühjahr wieder Zahlen zu den russischen getöteten Soldaten genannt. "Die Verluste Russlands belaufen sich auf 5.937." Unabhängige Beobachter gehen allerdings von deutlichen höheren Verlusten Russlands aus. Die Ukraine nennt mehr als 55.000 getötete russische Soldaten.

+++ Selenskyj gibt sich demonstrativ gelassen wegen Scheinreferenden +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit demonstrativer Gelassenheit auf die Ankündigung von Scheinreferenden zum Anschluss besetzter Gebiete seines Landes an Russland reagiert. «Unsere Position ändert sich nicht durch Lärm oder irgendwelche Ankündigungen», sagte er in seiner Videoansprache am Dienstagabend. "Wir verteidigen die Ukraine, wir befreien unser Land, und wir zeigen vor allem keinerlei Schwäche."

Selenskyj dankte für die einhellige Verurteilung der russischen Pläne durch viele Länder und Organisationen. "Wir haben die volle Unterstützung unsere Partner", sagte er in Kiew. Bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen am Mittwoch wolle er die Position der Ukraine klar und deutlich zum Ausdruck bringen, kündigte er an. Er wird per Video nach New York zugeschaltet.

Die von Moskau gestützten Separatistengebiete Donezk und Luhansk sowie die im Krieg eroberten Regionen Donezk und Saporischschja planen vom 23. bis 27. September Volksabstimmungen. Die zeitgleichen Referenden ohne jedwede Kontrolle laufen auf einen schnellen Anschluss an Russland heraus und gelten als Moskauer Reaktion auf die ukrainische Gegenoffensive im Osten des Landes. Auf ähnliche Weise hat Russland sich 2014 die ukrainische Halbinsel Krim einverleibt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Bild: Reuters)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Bild: Reuters)

+++ Kiew will auch Abstimmung bei Scheinreferenden unter Strafe stellen +++

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Scheinreferenden in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine hat die Führung in Kiew ihre Landsleute vor einer Abstimmung gewarnt. "Jedwede Beteiligung an den "Referenden" wird als Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine gewertet", schrieb der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak auf Twitter. Zuvor hatte das ukrainische Außenministerium in einer Erklärung die Organisation der Scheinreferenden schon für strafbar erklärt.

Auch Vizepremier Iryna Wereschtschuk rief dazu auf, die Abstimmung zu ignorieren - "und damit der Armee und sich selbst zu helfen". Wer einen russischen Pass beantrage, müsse mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen, sagte sie im ukrainischen Fernsehen.

+++ Chef der Sicherheitskonferenz: Ukrainer benötigen Kampfpanzer +++

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat dafür geworben, der von Russland angegriffenen Ukraine auch Kampfpanzer zu liefern. "Die Bilder aus den befreiten Gebieten der Ukraine sind schrecklich. Die russischen Soldaten haben dort systematisch Kriegsverbrechen begangen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wir müssen die ukrainischen Streitkräfte jetzt nach Kräften unterstützen, damit sie ihr Land zurückerobern können und das Leiden der Menschen beenden. Dazu gehören auch schwere Waffen, gerade auch Kampfpanzer, die die Ukrainer jetzt benötigen."

Natürlich solle Deutschland nicht allein liefern, sagte Heusgen weiter. Es solle sich vielmehr zusammentun mit den Ländern, die zum Beispiel über den Leopard-Panzer verfügten. Die Länder könnten nach seinen Worten gemeinsam ausbilden, liefern und für die Instandhaltung sorgen. Heusgen meinte: "Deutschland stünde es gut an, dabei die Führung zu übernehmen."

Die Ukraine hat von westlichen Staaten wie Deutschland auch Kampf- und Schützenpanzer gefordert, die die Truppen bei Vorstößen und der Rückeroberung von Gebieten nutzen könnten und die für den Einsatz im direkten Gefecht gebaut sind. Bisher hat kein Nato-Land Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert. Kanzler Olaf Scholz (SPD) betont stets, dass es in dieser Frage keinen deutschen Alleingang geben werde.

+++ Union fordert in Antrag schwere Waffen für Ukraine +++

Die Union will das umstrittene Thema der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine im Bundestag zur Abstimmung stellen. Der Antrag mit dem Titel "Frieden und Freiheit in Europa verteidigen - Ukraine jetzt entschlossen mit schweren Waffen unterstützen" liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Laut der Tagesordnung des Bundestags (Stand: Dienstagabend) war zunächst unklar, ob über den Antrag nach der Debatte am Donnerstag direkt abgestimmt oder er zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden soll.

In dem Antrag der Oppositionsfraktion heißt es: "Als wirtschaftlich stärkste europäische Nation muss Deutschland jetzt Führungsverantwortung übernehmen und schwere Waffensysteme – auch aus Beständen der Bundeswehr – an die Ukraine liefern und die notwendige Ausbildung durchführen." Vor allem jene Kampf- und Schützenpanzer aus Beständen der Industrie, die schnell verfügbar seien, müssten beschleunigt an die Ukraine geliefert werden. "Das wird auch von vielen unserer osteuropäischen Partner, die selbst enorme Ressourcen zur Unterstützung der Ukraine aufgewendet haben, erwartet."

Der Antrag bezieht sich auf den 28. April, als der Bundestag der Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine zustimmte - und zwar mit breiter Mehrheit der Ampel-Koalition und der Union. Die darin formulierte Forderung des Parlaments habe die rot-grün-gelbe Bundesregierung nur unzureichend erfüllt, kritisiert die Union.

+++ Putin: Werden Russland mit "allen verfügbaren Mitteln" verteidigen +++

Nach der Ankündigung über eine mögliche Annexion weiterer ukrainischer Gebiete hat Kremlchef Wladimir Putin andere Staaten vor Angriffen auf Russlands Staatsgebiet gewarnt. "Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht wird, werden wir zum Schutz Russlands und unseres Volkes unbedingt alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen. Das ist kein Bluff", sagte Putin in einer Fernsehansprache.

Zugleich warnte Putin vor einer "Erpressung" Russlands mit Atomwaffen. "Diejenigen, die versuchen, uns mit Atomwaffen zu erpressen, sollten wissen, dass die Kompassrose sich in ihre Richtung drehen kann", sagte Russlands Präsident. "In unserer historischen Tradition, im Schicksal unserer Volkes liegt es, diejenigen zu stoppen, die nach der Weltherrschaft streben, die unserem Mutterland, unserer Heimat mit Zerstückelung und Unterdrückung drohen", sagte Putin. Die Atomwaffen Russlands sind im Zuge des Krieges in der Ukraine in Kampfbereitschaft versetzt worden.

VIDEO: Ukrainische Truppen drängen russischen Gegner im Osten weiter zurück