Warum AfD und NPD frei tagen sollten

Wer der AfD eine (temporäre) Heimat gibt, muss mit viel Gegenwind rechnen (Bild: Oliver Berg/dpa)
Wer der AfD eine (temporäre) Heimat gibt, muss mit viel Gegenwind rechnen (Bild: Oliver Berg/dpa)

Gegen die Maritim-Hotels läuft ein Proteststurm: Sie beherbergen AfD-Versammlungen. Der Widerstand dagegen schadet aber der Demokratie.

Ein Kommentar von Jan Rübel

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In Köln sind die Narren los, gerüchteweise soll es gar eine Verlängerung der Karnevalssaison bis in den April hinein geben – wenn die AfD in Köln ihren Bundesparteitag abhalten will. Das machen Parteien hin und wieder, aber weil die AfD nicht nur rechts- bis nationalkonservative Inhalte vertritt, sondern auch gegen andere Menschen hetzt und zunehmend ein menschenfeindliches Weltbild annimmt, regt sich gegen diese Tagung Widerstand.

Viele Gruppen, Einzelpersonen und auch bekannte Karnevals-Bands protestieren gegen die Entscheidung des Kölner Maritim-Hotels, die AfD zu beherbergen. Auf den ersten Blick einleuchtend: Die Populismen und Verfälschungen der AfD schmerzen, man fragt sich: Was kann ich dagegen tun? Und wenn die Mitglieder dieser Partei zuhauf an einem Ort versammelt sind – warum sie nicht daran hindern, damit sie nicht noch weiter an ihren Populismen schmieden können?

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Weil es die Demokratie gebietet. Ich habe nie verstanden, wieso man Vereinigungen, Organisationen und Parteien, die nicht verboten sind, davon abhalten will, von ihrem Recht Gebrauch zu machen.

Das erinnert mich an eine Anekdote, die mir einmal bei Recherchen zur NPD widerfuhr, einer Partei, der die AfD immer ähnlich wird.

Die NPD ist eine Partei von Nazis für Nazis, sie steht in der Tradition des deutschen Faschismus, eine Art indirekter Nachfolger der NSDAP von Adolf Hitler. Verboten ist sie nicht. Vor ein paar Jahren betrieb ich eine Langzeitrecherche über die Parteizentrale in Berlin-Köpenick, ich wollte ein Binnenporträt dieses Braunen Hauses schreiben. Die NPD ließ mich hinein und frei agieren. Einmal saß ich mit dem damaligen Bundesvorsitzenden Udo Voigt an einem Tisch und schaute ihm über die Schulter, wie er den kommenden Bundesparteitag plante – es gab keinen Tagungsort, nur Absagen. „Wie kann das Recht sein?“, fragte er. Und eine Begründung dafür fiel mir nicht ein.

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<strong>Björn Höcke wird zum Buhmann der Rechten stilisiert. (Bild: AP Photo/Jens Meyer)</strong>
Björn Höcke wird zum Buhmann der Rechten stilisiert. (Bild: AP Photo/Jens Meyer)

Lassen sich Rechte teilen?

Nicht, dass sie mir nicht einfiel, weil ich etwa damals ausgeblendet hätte, wie böse die NPD ist. Mir kam eine Erklärung auch nicht deswegen über die Lippen, weil ich mich in dem Moment heimelig gefühlt hätte, den Voigt irgendwie nett – sondern, weil ich es bis heute nicht verstehe, wie man eine Gruppe, die Freiheit und Respekt bekriegt, mit Mitteln der Unfreiheit bekämpft. Es kommt mir vielmehr wie eine Preisgabe unserer Werte vor, wenn wir gewisse Rechte anderen vorbehalten.

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Versammlungsfreiheit ist einer der wichtigsten Werte in der Demokratie. Wer bestimmt, wem sie zufällt und wem nicht? NPD und nicht wenige Kameraden in der AfD würden sicherlich gern darüber bestimmen; das entlarvt sie nur. Dass die NPD regelmäßig Probleme mit dem Abhalten ihrer Parteitage hat, bewirkt ausschließlich: dass sie weiter an ihrem Opfermythos basteln kann und das Wasser in der Badewanne des Selbstmitleids nie erkaltet.

Wenn die AfD im April in Köln zusammenkommt, sollte sie schon merken, dass sie nicht unbedingt für „das Volk“ spricht. Eben jenes kann sich ja bemerkbar machen. Sowas ist wirkmächtiger als ein „Problem“ durch „Verbot“ „wegdelegieren“ zu wollen.

Das gleiche gilt übrigens für den Hobbyführer Björn Höcke von der AfD. Dem hat das Maritim-Hotel Hausverbot erteilt. Souveräne Züge sehen anders aus.

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