Mythos IQ: Warum Teenager schlauer als Einstein sind und wie man die eigene Leistungsfähigkeit steigert

Schlauer als Einstein: Vier britische Schülerinnen erreichten einen IQ von über 160. (Symbolbild: Thinkstock)
Schlauer als Einstein: Vier britische Schülerinnen erreichten einen IQ von über 160. (Symbolbild: Thinkstock)

Sie zählen zu den größten Genies der Welt, ihnen wird ein Intelligenzquotient von 160 nachgesagt: Albert Einstein, Bill Gates und Stephen Hawking. Vier britische Schulmädchen können da nur lächeln. Lauren Marbe, Neha Ramu, Fabiola Mann und Olivia Manning, alle zwischen zwölf und 16 Jahren alt, räumten im letzten Jahr bei IQ-Tests 161 und 162 Punkte ab. Um das einordnen zu können: Der IQ-Durchschnittswert ist 100, ab 130 gilt man als hochbegabt. Der deutsche Psychologe und Intelligenzexperte Siegfried Lehrl klärt im Gespräch mit Yahoo!, ob die vier Teenies wirklich schlauer als Einstein sind, wozu IQ-Tests überhaupt taugen und wie jeder seine Intelligenz verbessern kann.

Yahoo! Nachrichten: Herr Lehrl, sind diese jungen Mädchen wirklich schlauer als Genies wie Albert Einstein oder Stephen Hawking?
Das kann man so nicht sagen. Einstein hat nie einen IQ-Test gemacht. Bei ihm wurden verschiedene IQs angenommen, manche gingen auch von 175 aus. Der IQ vergleicht immer die Leistungen einer Altersstufe. Die mittlere, also durchschnittliche Intelligenz liegt bei einem IQ von 100. Nach den Normen erreicht eines von 31.600 16-jährigen Mädchen in Großbritannien einen IQ von 160.

Die Meldungen von superschlauen Teenies kommen vermehrt aus Großbritannien. Sind die Kinder von der Insel einfach klüger?
Nein. Ein guter Anhaltspunkt ist der Pisa-Test, der ja nichts anderes als ein Intelligenztest ist. Die Briten sind in allen drei wichtigen Kompetenzen (Lesen, Mathe, Naturwissenschaften) schlechter als die Deutschen. Hätten wir in Deutschland britische Intelligenzverhältnisse, hätten wir bei 82 Millionen Einwohnern 71 Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren, die einen IQ von 160 oder mehr erreichen. Tatsächlich dürften es aber noch einige mehr sein.

Ist der IQ in der Pubertät besonders hoch?
Der IQ steigt bis zum Schulende und so lange, wie man sich mit Neuem auseinandersetzt. Wer einen Hauptschulabschluss macht, bei dem steigt der IQ bis kurz nach dem Abschluss, wer danach noch eine Lehre macht, bei dem steigt der IQ weiter. Bei Personen, die die Universität abschließen, wächst der IQ sogar bis zum Alter von etwa 25 Jahren. Wenn der Beruf dann herausfordernd ist, steigt der IQ noch weiter an oder bleibt zumindest auf dem gleichen Niveau. Bei einer schlechten Ausbildung und wenn Routine in der Arbeit auftaucht, sackt er ab.

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Was sagt ein IQ-Test überhaupt aus?
Er misst die geistige Leistungsfähigkeit. Es gibt zwei Komponenten, die von den meisten der heutigen Tests geprüft werden. Die kristalline Intelligenz umfasst das Allgemeinwissen und das Wissen, das man sich im Laufe des Lebens aneignet. Die fluide Intelligenz hängt eng mit der Leistungsfähigkeit des Gehirns zusammen und umfasst beispielsweise die Fähigkeit, neue Probleme ohne den Rückgriff auf Erfahrungen zu lösen, logisch zu denken, sich Dinge räumlich vorstellen zu können. Leute mit einer hohen fluiden Intelligenz bekleiden eine bessere berufliche Stellung, verdienen mehr, leben gesünder und länger und sind psychisch stabiler.

Wozu braucht man IQ-Tests?
Man kann damit gute Vorhersagen machen, zum Beispiel ob jemand später gut im Umgang mit Kindern ist. Menschen mit höherem IQ leben meist länger und werden später weniger Krankheitskosten verursachen. Ich persönlich denke, man kann auf den IQ verzichten. Man kann Menschen auch miteinander vergleichen, indem man untersucht, wie schnell jemand Informationen verarbeiten und sich merken kann.

Wie kann man den IQ und damit ja auch die Leistungsfähigkeit steigern?
Man kann ihn durch die Ernährung verringern oder erhöhen. Zu achten ist auf den Gehalt von Glukose, also Traubenzucker. Ist zu viel oder zu wenig Glukose im Gehirn, sackt die Leistung ab. Wenn es darum geht, lange durchzuhalten, zum Beispiel bei einer Klassenarbeit, muss Glukose lange verfügbar sein. Das gelingt durch das Essen von Vollkornbrot, Haferflocken, Hülsenfrüchte und Bananen. Wenn man erschöpft ist, sollte man erst kleine Übungen absolvieren, um sich wieder aufzuraffen. Da eignet sich MAT, Mentales-Aktivierungs-Training. Man kann zum Beispiel in einem Text alle Wörter, die auf „eit“ enden, mit einem Stift einkreisen.

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Und wie verbessert man die Intelligenz langfristig?

Durch Gehirntraining und Ernährung. Studien zeigen, dass der Verzehr von Kaltwasserfischen mindestens einmal in der Woche und über mehrere Wochen und Monate weg die Leistungsfähigkeit steigert. Besonders gut sind Lachs, Thunfisch, Hering und Sardinen. Thunfisch sollte man aber nur einmal im Monat essen, weil er Schwermetall enthalten kann. Da geht es um die Omega-3-Fettsäuren, die sind auch in Rapsöl, Leinöl und Walnussöl enthalten. So werden die Kinder in der Schule besser, nehmen später in der Gesellschaft eine höhere Stellung ein und verdienen mehr - nur weil sie anders gegessen haben. Und man wird im Alter nicht so schnell dement. Auch in Ginkgo-Präparaten wurde eine Wirkung nachgewiesen. Da ist es aber unklar, ob das auch bei jungen Erwachsenen hilft oder nur bei Senioren.

Welche Faktoren beeinflussen den IQ noch?

Die Genetik und die Erziehung. Die positiven und negativen Aspekte multiplizieren sich jeweils. Sind Eltern intelligent, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch das Kind intelligent wird – wegen der Erbanlage und der Ernährung, Bewegung und Erziehung. In gut gebildeten Familien gibt es meist besseres Essen und eine bessere Erziehung. Bei sozial schwachen Familien ist dies oft nicht der Fall, da gibt es oft eher süßes und fettes Essen und weniger Bewegung. Wer sich mehr bewegt, ist geistig stärker angeregt.