Cleveland feiert Entführungsopfer Berry als Heldin

Entführungsopfer Berry (dpa)

Die Befreiung von drei Frauen nach langer Gefangenschaft sorgt in den USA für Freude. Andere Familien mit Vermissten schöpfen Hoffnung. Die Polizei gerät in die Kritik: Sie soll Hinweise ignoriert haben. 

Die US-Stadt Cleveland feiert das befreite Entführungsopfer Amanda Berry als Heldin. Nach zehn Jahren Gefangenschaft war es Berry gelungen, aus dem Haus des mutmaßlichen Entführers entkommen. Die Polizei befreite noch zwei weitere Frauen. "Amanda hier ist die echte Heldin", sagte der stellvertretende Polizeichef Ed Tomba am Dienstagabend (Ortszeit). "Sie hat die Sache ins Laufen gebracht (...) Ohne sie wären wir jetzt nicht hier." Gegen die Polizei wurden Vorwürfe laut. Sie soll frühe Hinweise auf ein Verbrechen zu schnell abgetan haben.

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Nach Berrys Flucht wurden auch Gina DeJesus und Michelle Knight aus dem Haus befreit. Beide waren wie Berry seit Jahren vermisst worden. Ein ebenfalls befreites sechsjähriges Mädchen soll die Tochter von Amanda Berry sein. Ariel Castro, der Hauptverdächtige, und zwei Brüder von ihm wurden festgenommen. Die Richter gaben der Polizei 48 Stunden Zeit, um die Vorwürfe gegen die Männer konkreter zu machen. 

Die Ermittler müssen sich allerdings Kritik gefallen lassen. Nachbarn hatten Medienberichten zufolge die Polizei mehrmals auf eigenartige Vorgänge und angeblich sogar auf "Frauen in Ketten" in dem Haus aufmerksam gemacht. Die Polizei verteidigte sich auf ihrer Internetseite: Man habe nur zwei Hinweise erhalten und sei diesen auch nachgegangen. Beide hätten nichts mit den vermissten jungen Frauen zu tun gehabt. Berry verschwand als 16-Jährige. 

Amanda Berry kam frei, nachdem ein Nachbar am Montag Hilferufe aus dem Haus gehört hatte. Mit seiner Hilfe rief sie den Berichten zufolge die Polizei. Auch wie die Ermittler mit diesem Notruf umgingen, sorgte für Aufregung. Das Opfer sei zunächst nicht ernst genommen worden, werfen Kritiker der Polizei vor. Auf ihrer Facebook-Seite versprach die Polizei eine Untersuchung. 

Die Ermittler wurden schon früher mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert: 2009 waren in einem Haus in einem anderen Stadtviertel Clevelands die Leichen von elf Frauen gefunden worden. Sie waren Opfer eines Massenmörders gewesen. Auch damals hatten einige Familien der Polizei Untätigkeit vorgeworfen. 

Berichte über mögliche weitere Schwangerschaften der Entführungsopfer beschäftigen die Polizei ebenfalls: Der Lokalsender ABC Channel 5 News berichtete unter Berufung auf Polizeiquellen, eine der Frauen habe zwei oder drei Fehlgeburten erlitten. Eine andere Quelle sprach von bis zu fünf Schwangerschaften der Opfer, so der Sender. 

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Worte der Unterstützung kamen von einem anderen ehemaligen Entführungsopfer aus den USA, von Jaycee Lee Dugard. Das berichtete die Zeitung "Los Angeles Times". Die Frauen brauchten nun Zeit für eine Heilung, wurde Dugard in einer Mitteilung zitiert. Dugard war 1991 als Mädchen entführt und 18 Jahre lang gefangen gehalten worden. 

Am Dienstag erhielt Dugard in Washington einen Preis einer Hilfsorganisation für entführte Kinder. "Gestern ist ein weiteres Wunder geschehen", sagte Dugards Mutter Terry Probyn bei der Preisverleihung. Dies berichtete der Sender NBC. Das Happy-End von Cleveland habe ihn darin bestätigt, dass man nie die Hoffnung aufgeben sollte, sagte John Walsh, der Mitbegründer des Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder. 

dpa

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