Alles muss ein Event sein - EM, du Stimmungskanone! Während die Fans feiern, wird die Uefa zum Party-Crasher

Maskottchen Albärt tanzt bei einem EM-Spiel auf dem Rasen<span class="copyright">dpa</span>
Maskottchen Albärt tanzt bei einem EM-Spiel auf dem Rasendpa

Die Fans sorgen bei der EM für eine geniale Stimmung. Vor und bei jedem Spiel ist Feuer drin - bis die Uefa den Stadion-DJ, Tanzbär Albärt und eine Fancam auspackt. Der Versuch, jedes Fußballspiel zu einem Event zu machen, scheitert grandios.

Die Stimmung bei der EM in Deutschland ist überragend. Fans von zahlreichen Nationen begeistern mit kreativen Tänzen und lauten Gesängen. Ein voller Erfolg. Das beginnt schon auf dem Weg zum Stadion. Wer bei EM-Spielen in München weniger als drei Stunden vor Anpfiff am Marienplatz unterwegs ist, wird von allen Seiten von feiernden Fanmassen begrüßt. Diese heizen dann auf der Zugfahrt zum Stadion richtig ein, auch auf den Metern von der U-Bahn zur Arena sieht man überall feiernde Menschen, hört laute Gesänge.

Im Stadion geht es weiter. Beim Spiel zwischen Rumänien und den Niederlanden sind beide Fanlager schon sehr früh auf ihren Plätzen. Als das Aufwärmen beginnt, wird es so richtig laut. Dann werden die Aufstellungen durchgegeben - jeder Spieler wird von den Rumänen oder den Niederländern gefeiert. Typische Lieder der jeweiligen Nationen werden über die Stadionlautsprecher gespielt und lassen die Anhänger immer wieder aufs Neue ausrasten.

Fans machen Stimmung, wenn sie wollen - nicht, wenn Uefa sich das wünscht

Doch plötzlich heißt es: nur noch drei Minuten Zeit zum Aufwärmen. Auf den Bildschirmen wird sogar ein sekundengenauer Countdown eingeblendet, der anzeigt, wie lange das Warm-Up noch dauert. Die Spieler machen sich sofort auf den Weg in die Kabine, Mitglieder der Trainerteams räumen hastig die Bälle ein. Plötzlich singen und klatschen nur noch wenige, während die Vorbereitungen für die Eröffnungszeremonie laufen.

Vor ebendieser werden die Zuschauer vom Stadionsprecher dazu aufgefordert, sich jetzt bitte auf ihren Plätzen einzufinden, damit die Zeremonie starten kann. Wie im Theater. Und dann heißt es plötzlich wieder: „Jetzt macht mal richtig Lärm!“ Das funktioniert aber nicht. Die Fans machen Stimmung, wenn sie wollen, wenn sie Bock haben - nicht, wenn die Uefa sich das wünscht.

Am Ende der Zeremonie werden die Nationalhymnen gespielt, die gute Stimmung ist wieder da. Die Rumänen schmettern los, als gäbe es kein Morgen. Auch während der ersten Halbzeit ist die Atmosphäre überragend. Die Niederländer feiern, die Rumänen jubeln nach jeder Grätsche. Geräusche, die Musik in den Ohren jedes Fußball-Fans sind, der diese EM im Stadion erleben darf.

Stadion-DJ, Tanzbär Albärt und Fancam machen der Stimmung den Garaus

Dann geht es in die Halbzeitpause. Die Fans feiern weiter - bis plötzlich der Stadion-DJ eingeblendet wird. Der legt eine Reihe generischer Popsongs auf und die Fans werden erneut vom Stadionsprecher dazu aufgefordert, doch bitte mitzumachen und zu tanzen. Als Unterstützung dient Maskottchen Albärt, der vor der rumänischen Kurve hin- und her wackelt - ein echter Tanzbär also. Erneut wird es im Stadion stiller.

Womöglich auch, weil einige Fans jetzt zum Handy greifen. Auf den Bildschirmen prangt nun ein großer QR-Code, der gescannt werden kann, um sich durch die „Fancam“ selbst für wenige Sekunden ins Stadion zu projezieren. Einige wenige nutzen dieses Feature zwar, aber die Begeisterung im Stadion hält sich doch eher in Grenzen. Die Fans haben richtig Bock - allerdings auf Fußball, nicht auf das Event, das die Uefa aus jedem Spiel zu machen versucht.

In der Halbzeitpause blendet die Uefa einen QR-Code für die "Fancam" ein
In der Halbzeitpause blendet die Uefa einen QR-Code für die "Fancam" ein

 

Dann kommen die Spieler wieder raus - und es wird wieder laut. Weitere 45 Minuten Feuer, nach der Partie feiern die Rumänen ihre Spieler noch eine Viertelstunde lang. Passenderweise endet das genau in dem Moment, als ein PR-Clip der Uefa im Stadion ausgespielt wird.

Uefa macht viel Unsinn im Stadion - eine Idee zündet aber richtig

Eines muss man der Uefa dennoch zugute halten: Während des Aufwärmens werden Videobotschaften von Legenden der jeweiligen Nationen ausgespielt. Gheorghe Hagi bei den Rumänen, Clarence Seedorf bei den Niederländern, Sir Alex Ferguson bei den Schotten.

Jedes Mal, wenn diese Legenden auf dem Bildschirm auftauchen, brechen die Fans in tosenden Jubel aus. Noch lauter als bei bei den „Hagi, Hagi“-Rufen waren die Rumänen an diesem Abend selten - und die waren wirklich sehr, sehr laut.