Türkischer Team-Manager Hamit Altintop bekennt: "Der Frau gefällt das nicht"
Beim letzten Achtelfinale liegt Liebe in der Luft: zwischen Laura Wontorra und Tabea Kemme, Ralf Rangnick und Marko Arnautovic, der türkische Mannschaft und dem Tor. Nur Hamit Altintop hat Ärger mit seiner Frau.
Den größten Aufreger gab es schon lange vor Anpfiff des letzten Achtelfinales: Das Spiel läuft nicht bei den Öffentlich-Rechtlichen, sondern bei MagentaTV. Der Telekom-Ableger zeigt die Partie zwar auch live und kostenlos auf seinem YouTube-Kanal. Aber diese Info dürfte den meisten der Gelegentlich-mal-ein-Fußball-Länderspiel-statt-ARD-Serie-Guckerinnen und -Guckern entgangen sein.
Nun geht es also exklusiv ins Magenta-Studio, dessen pinke Wände sich prima mit den eingeblendeten Länderflaggen beißen. Michael Ballack ist als Experte dabei, diesmal moderiert Sascha Bandermann. Die zwei kennen sich aus, sind aber im Vergleich zu Kramer/Mertesacker oder Schweinsteiger/Sedlaczek so unterhaltsam wie ein Verkaufsgespräch mit einem Staubsaugervertreter. Dann denkt man kurz, Magenta TV würde den Wetterbericht einblenden. Aber es ist Fußball-Analyst Jan Henkel, der vor einer ziemlich großen Leinwand (nicht so groß wie die vom ZDF, natürlich nicht!) fuchtelnd die Laufwege der Österreicher erklärt, als sei er ARD-Wettermann Donald Bäcker, der das Sturmtief Ralf ankündigt.
Rangnick über Arnautovic: "Super Körper"
Über dem Stadion in Leipzig braut sich tatsächlich etwas zusammen. Aber noch stehen Laura Wontorra und ihr "Schätzchen" Tabea Kemme im Trockenen. Ralf Rangnick schaut vorbei. Der ist unlängst 66 geworden und verrät, er habe sich beim Kerzenausblasen natürlich einen Sieg der ÖFB-Elf gewünscht. Man hätte ihn warnen sollen: Solche Wünsche darf man nicht laut aussprechen, dann wird es damit nämlich nichts.
Laura Wontorra bohrt noch investigativ-indiskret nach, wie es denn zu der "Liebesgeschichte" zwischen ihm, dem Taktikfuchs, und dem Ex-Rebellen Marko Arnautovic gekommen sei. "Ich weiß nicht, ob's ne Liebesgeschichte ist", antwortet Rangnick defensiv. Um dann hinzuzusetzen: "Er hat nen super Körper." Ehrlich, ein Dementi sieht anders aus.
Nach dem österreichischen Trainer steht der türkische Team-Manager Rede und Antwort. Und Hamit Altintop hat sich offenbar vorgenommen, den englischen Fans und einer deutschen Spielerfrau zu zeigen, wie man sich als guter Gast verhält. Findet zum Beispiel nicht, dass Leipzig ein "Shithole" ist. Hat auch keinen Kulturschock. Er lobt lieber: Bayern München für die Jugendarbeit, die komplette Organisation der EM und sogar - Achtung! - den Rasen.
Nur die Regelung, nach zwei Gelben Karten gesperrt zu werden, findet er "blöd". Klar: In das Spiel gegen Österreich gehen die Türken mit zehn vorbelasteten Spielern (Österreich immerhin mit acht). Altintop bleibt trotzdem gelassen: "Dann schauen wir mal, wer beim nächsten Spiel in Berlin zur Verfügung steht."
Es geht lustig los
Der Mann hat eben Vertrauen in seine Mannschaft. Erstens kennt er einige Spieler seit rund sechs Jahren. Zweitens ist er mit dem Team seit Ende Mai dauernd zusammen. "Der Frau gefällt das nicht", gibt er zu. "Aber so ist das, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen."
Bevor das Spiel in Leipzig angepfiffen wird, reden noch alle über den möglichen Ausgang (Ballack tippt 3:1 für Österreich, Ex-ÖFB-Spieler Marc Janko 3:0) und vor allem über Marcel Sabitzers Frisur. Der trägt nämlich jetzt sogenannte Cornrows, genau wie sein Non-Playing-Captain David Alaba. Da hat man doch sofort ein Bild vor Augen, wie sich die beiden im Team-Hotel in Berlin gegenseitig die Zöpfchen flechten. Ist aber nicht so. Es gibt auch beim ÖFB Teamfriseure. Marc Janko dazu: "Die fliegen hier ein und aus."
Dann ist die "Ouvertüre vorbei, es folgt das Main-Event": Das Spiel in Leipzig kommentiert Wolff Fuss, an seiner Seite natürlich Lothar Matthäus. Und es sind keine 60 Sekunden gespielt, da hat sich Fuss schon heiser geschrien. Weil die Türkei 1:0 führt. Loddar dazu ganz cool: "Es geht schon mal lustig los."
Alle rasten völlig aus
Es bleibt auch lustig: Nicht nur die ersten 57 Sekunden sind unterhaltsamer als das gesamte Spiel England - Slowakei (oder generell alle Englandspiele). Schon die ersten 45 Minuten geht es hin und her wie beim Wimbledon-Finale. Dann öffnet der Himmel seine Schleusen (ist eben nichts mit "Kaiserwetter" beim "Sommermärchen 2.0"), und in der Halbzeitpause teilen sich Laura Wontorra und Tabea Kemme einen Schirm. Wie lautet eigentlich das weibliche Pendant zu "Bromance"?
In der 59. Minute rastet dann Wolff Fuss völlig aus, weil die türkischen Fans völlig ausrasten. Weil ihre Mannschaft völlig ausgerastet ist und einfach mal gegen den nach der Vorrunde gar nicht mehr so geheimen Geheimfavoriten 2:0 führt. Da spricht Matthäus ein Machtwort. "Die Österreicher brauchen jetzt ein Tor", sagt er. "Ein schnelles Tor."
Und weil man Matthäus nicht widerspricht (auch nicht, wenn er Tschechien "die Tschechei" nennt), schiebt Michael Gregoritsch das Leder umgehend ins Netz. Es ist übrigens laut Laura Wontorra der 100. Treffer bei dieser EM. Nutzt Gregoritsch aber wenig: Weil Matthäus es versäumt, auch den Ausgleichstreffer einzufordern, verliert Österreich dieses Achtelfinale tatsächlich mit 1:2. Nach dem Spiel tritt ein sichtlich frustrierter Ralf Rangnick vor die Kamera. Einen sicherlich erfreuten Hamit Altintop bekommt man nicht zu sehen. Der sitzt wahrscheinlich schon wieder im Autokorso. Nach Berlin.
Ayhan: "Bisschen viel Spannung"
Am Ende wird noch einmal ausgiebig gelobt. Gregoritsch lobt den gegnerischen Torwart: "Die Parade in der letzten Minute war eine der besten, die ich je gesehen habe." Tabea Kemme lobt den Doppeltorschützen Merih Demiral wegen einer fairen Geste, die er den Österreichern gegenüber gemacht hat. Demiral machte während des Spiels übrigens viele Gesten. Leider auch nicht so schöne.
Wer das aber nicht mitbekommen hat, kann die Stimmung voll und ganz genießen. Und während in den Interviews der freudentrunkene türkische Torwart-Held Mert Günok zugibt, dass es ihm schwerfalle, "etwas Sinnvolles zu sagen", bringt Kaan Ayhan das Spiel auf den Punkt: "Bisschen viel Spannung. Wir haben heute nicht den schönsten Fußball gesehen, aber das Herz auf dem Platz gelassen. Ich hoffe, es war ein gutes Spiel zum Zuschauen." Das war es auf alle Fälle. Dafür danke.