20 Tote nach Anschlägen in Dagestan - Russland ermittelt wegen "Terrorakten"

Nach einer Serie von Anschlägen auf orthodoxe Kirchen, Synagogen und die Polizei in der mehrheitlich muslimischen russischen Kaukasusrepublik Dagestan hat sich die Zahl der Toten auf 20 erhöht. Weitere 26 Menschen wurden Behördenangaben zufolge verletzt. (Handout)
Nach einer Serie von Anschlägen auf orthodoxe Kirchen, Synagogen und die Polizei in der mehrheitlich muslimischen russischen Kaukasusrepublik Dagestan hat sich die Zahl der Toten auf 20 erhöht. Weitere 26 Menschen wurden Behördenangaben zufolge verletzt. (Handout)

Nach einer Serie von Anschlägen auf orthodoxe Kirchen, Synagogen und die Polizei im Süden der mehrheitlich muslimischen russischen Kaukasusrepublik Dagestan hat sich die Zahl der Toten auf mindestens 20 erhöht. Weitere 26 Menschen wurden bei den koordinierten Angriffen mehrerer Bewaffneter verletzt, wie örtliche Behörden am Montag mitteilten. Fünf der Täter wurden laut dem russischen Ermittlungskomitee bei einem Anti-Terror-Einsatz getötet. Russischen Nachrichtenagenturen zufolge stammen die Täter aus Dagestan.

Die Anschläge, zu denen sich zunächst niemand bekannte, wurden bereits am Sonntag verübt und richteten sich der Ermittlungsbehörde zufolge gegen zwei orthodoxe Kirchen, zwei Synagogen und einen Polizei-Kontrollpunkt in Dagestans Regionalhauptstadt Machatschkala und in der nahegelegenen Stadt Derbent am Kaspischen Meer. Die russische orthodoxe Kirche teilte mit, Erzbischof Nikolai Kotelnikow sei in Derbent "brutal ermordet" worden.

Unter den Toten befanden sich den Ermittlern zufolge auch 15 Polizisten. Die Verletzungen einiger Menschen seien schwer, weshalb sich "die Zahl von 20 Toten noch verändern kann", teilte ein Sprecher von Dagestans Gesundheitsministerium der Nachrichtenagentur AFP mit. Die Behörden der Kaukasusrepublik riefen eine dreitägige Staatstrauer aus.

Die russischen Behörden leiteten strafrechtliche Ermittlungen wegen mehrerer "Terrorakte" ein. "Im Zuge der Unterdrückung der kriminellen Handlungen wurden fünf Personen, die an der Begehung der Straftat beteiligt waren, liquidiert", erklärte das russische Ermittlungskomitee am Montag. Zunächst war unklar, wie viele Menschen an den Angriffen beteiligt waren. Die Ermittler erklärten, sie arbeiteten daran, "weitere beteiligte Personen zu identifizieren".

Dagestans Gouverneur Sergej Melikow erklärte, die Anschläge zielten auf eine Destabilisierung der Region ab. "Wir wissen, wer hinter diesen Terroranschlägen steckt und welche Ziele sie verfolgen", betonte er, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Allerdings stellte er einen Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine her: "Wir müssen verstehen, dass der Krieg auch in unsere Häuser kommt. Wir haben es bereits gespürt, aber heute stehen wir ihm gegenüber", erklärte er.

Wie russische Nachrichtenagenturen mit Verweis auf Melikow berichteten, stammen die Täter aus Dagestan.

Melikow besuchte am Montag eine Kirche und eine Synagoge in Derbent. In Onlinemedien veröffentlichte er Videos, die eine Blutlache in der Kirche und das völlig ausgebrannte Innere einer Synagoge zeigten.

Die Angriffe ereigneten sich rund drei Monate nach dem Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hill in einem Vorort von Moskau mit mehr als 140 Todesopfern, zu dem sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hatte. Russische Behörden hatten damals Kiew vorgeworfen, eine Rolle bei dem Angriff gespielt zu haben, ohne jemals Beweise vorzulegen.

Die mehrheitlich muslimische Region Dagestan liegt an der Grenze zu Georgien und Aserbaidschan. Im April waren in der Kaukasusrepublik vier Menschen im Zusammenhang mit dem  Anschlag auf die Crocus City Hall festgenommen worden. Sie sollen nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB Geld und Waffen für den Anschlag geliefert haben.

Zahlreiche Kämpfer aus Dagestan hatten sich in den vergangenen Jahren dem IS in Syrien angeschlossen. In der Nachbarrepublik Tschetschenien kämpfte Russland in den 90er Jahren in zwei blutigen Kriegen gegen islamistische Separatisten. Seit dem Ende der Tschetschenien-Kriege befinden sich die russischen Behörden in einem schwelenden Konflikt mit militanten Islamisten aus dem gesamten Nordkaukasus, in dem bereits zahlreiche Zivilisten und Polizisten getötet wurden.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor mehr als acht Monaten haben sich die Spannungen in der Region weiter erhöht. Im Oktober hatte eine wütende Menschenmenge in Dagestan auf der Jagd nach jüdischen Passagieren einen Flughafen gestürmt.

Der Kreml wies die Möglichkeit einer Rückkehr einer Gewaltwelle, wie sie die Kaukasusregion in den 90er und 2000er Jahren erschüttert hatte, zurück. Russland habe sich verändert, die russische Gesellschaft sei "gefestigt", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Solche Erscheinungsformen des Terrorismus werden von der Gesellschaft in Russland oder in Dagestan nicht unterstützt."

bur/lt