"Auf der Narzissten-Skala ist Donald Trump eine 8"

Donald Trump
Donald Trump

Der Psychiater Borwin Bandelow erklärt Trumps Persönlichkeitsstruktur und erläutert, was ihn mit Machthabern wie Erdogan und Putin verbindet.

Noch ist er nicht im Amt, doch schon jetzt bestimmt er die politischen Diskussionen weltweit: Donald Trump. Doch wer ist dieser Mann wirklich, der im Wahlkampf vor allem mit rassistischen, sexistischen und nationalistischen Äußerungen aufgefallen ist?

„Um festzustellen, dass Donald Trump ein Narzisst ist, muss man kein Psychiater sein“, sagt Prof. Dr. Borwin Bandelow im Interview mit Yahoo! Deutschland. Im Prinzip noch nichts Verwerfliches, wie der Buchautor und Stellvertretende Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen betont. Denn in diese Kategorie fällt zum Beispiel auch Thomas Gottschalk. Er gehört zu den sogenannten guten Narzissten, wobei auf der anderen Seite böse Narzissten wie Osama bin Laden, Saddam Hussein oder Mummar al-Gaddafi stehen. Menschen also, die zu allem fähig sind, solange es ihrem eigenen Wohlergehen entgegenkommt. Der Experte vergibt diesen Persönlichkeiten auf einer Narzissmus-Skala von 1 bis 10 eine glatte 10. „Trump ist eine 8“, sagt der Experte.

Wie bei den bösen Narzissten eindeutig antisozial ist eine seiner ersten Ankündigungen, bis zu drei Millionen Mexikaner außer Landes schaffen zu wollen. Wobei er in puncto Obamacare schon versöhnlichere Töne angeschlagen hat. „Er hat auch viele dicke Sprüche gebracht, bei denen er jetzt zurückrudern muss.“

Narzissten kennen keine Selbstkritik

Ausmachen wird ihm das genauso wenig wie die internationale Berichterstattung, die ihn nicht nur als machtbesessen, sondern auch als ignorant und dumm dastehen ließ. „Echte Narzissten pellen sich da ein Ei drauf“, sagt Prof. Bandelow. „Da greift die selektive Wahrnehmung.“ Trump wird also nur diejenigen Artikel oder Auszüge daraus wirklich wahrnehmen, die ihn in ein gutes Licht rücken. Für Selbstkritik fehlt Narzissten jeglicher Sinn. Die Gefahr bei solchen Menschen besteht vor allem darin, dass sie sich nur mit Jasagern umgeben. Wer alle Kritiker um sich herum feuert, kommt nicht einmal in die Verlegenheit, seine Beratungsresistenz zu beweisen.

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„Auf diese Art bekommen sie gar nicht wirklich mit, was draußen abläuft.“ Und doch haben sie feine Antennen dafür, wie sie an ihr Ziel kommen. „Trump ist extrem flexibel“, findet Prof. Bandelow. „Wenn eine Strategie nicht funktioniert, probiert er es mit einer anderen.“ Eine Eigenschaft, die ihn vor allem eines macht: unberechenbar.

Die Nähe zu Putin und Erdogan

„Macht ist besser als Geld“ ist so ein Satz, der für alle Narzissten gilt. Auch für Trump, dessen Protzerei legendär ist. „Deshalb fordert der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Teile Griechenlands zurück, deshalb hat Wladimir Putin die Krim annektiert und deshalb könnte auch Trump seinen Machtbereich erweitern, indem er zum Beispiel Kuba annektiert“, sagt Prof. Bandelow über den typisch narzisstischen Expansionswunsch.

Erdogan und Putin
Erdogan und Putin

Gut möglich, dass ein solches Vorhaben in den USA, wo wie in vielen Ländern Europas Nationalisten auf dem Vormarsch sind, gut ankommen würde. Und das ist es, worauf Narzissten in der Politik setzen: Sie überlegen, mit welcher Taktik sie den größten Zuspruch bekommen können. Ideale, sollten sie denn welche haben, werden dem völlig untergeordnet.

Der Unterschied zu Angela Merkel

Dass Trump mehrmals mitten in der Nacht und offensichtlich in Rage völlig deplatzierte Tweets absetzte ist Ausdruck einer weiteren narzisstischen Eigenart: den Kontrollverlust über ihre Impulse. Eine Störung, die bei rein narzisstischen Persönlichkeiten noch nicht vorliegt, bei Narzissten mit einer Persönlichkeitsstörung aber durchaus. Hier wandelt Trump zumindest hart an der Grenze.

Angela Merkel
Angela Merkel

Nur einer von vielen Punkten, indem er Angela Merkel nicht unähnlicher sein könnte. „Als Physikerin denkt sie emotionsloser nach und entscheidet sich schließlich für Strategien, die langfristig Bestand haben sollen.“ Denn wo Mathematikern die Theorie reicht, müssen die von Physikern entwickelten Pläne auch den Praxistest bestehen.

Woher kommt der Erfolg?

„In schwierigen Zeiten nimmt das Bauchgefühl überhand“, erklärt Prof. Bandelow den Sieg Trumps und mit ihm den länderübergreifenden Aufschwung der Populisten. „Dann setzen die Leute auf einen, der klare Ansagen macht und einfache Lösungen verspricht.“ Und da ist es den Frauen auch egal, wenn ihr künftiger Präsident zumindest ein Grabscher ist und den Mexikanern, dass er sie am liebsten alle loswerden will. „Bei den Männern springt das Endorphin-System an, wenn sie einen Mann sehen, der Milliarden verdient und von schönen Frauen umgeben ist. Und auf die Frauen wirken reiche Männer oft sexy, das ist ein Urinstinkt.“

Auch der Nationalstolz, den Trump extrem befeuert hat, läuft über das Endorphin-System. Und das ist in Deutschland nicht anders als in den USA. „Die Fremdenangst stammt noch aus Zeiten, in denen wir uns in Fellröcken die Schädel eingeschlagen haben“, sagt Prof. Bandelow. „Aber durch die Flüchtlingswelle kocht sie wieder hoch. Und das könnte bedeuten, dass auch bei uns die nächste Wahl vom Bauchgefühl entschieden wird.“

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