"Babylon Berlin"-Star Liv Lisa Fries: Schauspielern, bis es weh tut

Für ihre Rollen gibt Liv Lisa Fries alles. Am 31. Oktober feiert sie ihren 30. Geburtstag und die Tatsache, dass ihre Zeiten als Newcomerin vorbei sind. Denn sie ist längst angekommen – im Business genauso wie bei sich selbst.

Liv Lisa Fries auf der Premiere für die 3. Staffel von "Babylon Berlin" im Zoo-Palast in Berlin. (Bild: Getty Images)
Liv Lisa Fries auf der Premiere für die 3. Staffel von "Babylon Berlin" im Zoo-Palast in Berlin. (Bild: Getty Images)

Berühmt geworden ist Liv Lisa Fries durch ihre Rolle der frechen, feierwütigen Charlotte Richter, die sich in dem Glamour-Krimi der 20er-Jahre "Babylon Berlin" als einzige Frau zwischen ziemlich verstaubten Ermittlern durchsetzen muss – und das auch erfolgreich tut. Selbstredend ist eine große Portion Hartnäckigkeit nötig, um sich in der Sky-Erfolgsserie zur Assistentin des Kommissars Gereon Rath (Volker Bruch) hochzuarbeiten. Doch Charlotte steht immer wieder auf, ganz egal wie hart sie von verbalen oder körperlichen Attacken auch getroffen wird. Dieses Durchhaltevermögen ist es, welches Liv Lisa Fries auch ganz persönlich mit ihrer bislang größten und bekanntesten Rolle verbindet.

“Babylon Berlin“: Gab es damals schon Frauen wie Charlotte Ritter bei der Polizei?

Liv Lisa Fries wurde 1990 in Berlin geboren – eine Stadt, die sie seit jeher am liebsten mit dem Fahrrad erkundet. "Es ist für mich eine Art Autonomie, ich kann mich dabei bewegen, wie ich es möchte", sagte sie jüngst gegenüber dem Fahrradmagazin "Karl". Spontane Abzweigungen nehmen, neuen Spuren folgen und jede körperliche Anstrengung erdulden – das brachte sie auch in ihrer Karriere als Schauspielerin weiter.

Zum ersten Mal stand sie im Alter von 15 Jahren vor der Kamera; inspiriert von Natalie Portmans Auftritt in einem Film, der noch heute zu ihren absoluten Lieblingen gehört: "Léon – Der Profi". Fries fasste den Entschluss, selbst Schauspielerin zu werden und guckte sich am Tag der offenen Tür an einer Schauspielschule in Berlin um, in der direkt ein Produzent auf sie aufmerksam wurde und sie vom Fleck weg für eine kleine Rolle in dem Kinofilm "Elementarteilchen" engagierte.

Ihre erste Passage fiel dem Schnitt zum Opfer

Die Aufregung und Freude, die Fries damals empfunden hat, kann man sich kaum ausmalen: Der erste Job und dann auch gleich an der Seite von Moritz Bleibtreu, Christian Ulmen, Franka Potente und vielen weiteren berühmten Gesichtern. Doch leider war Fries am Ende gar nicht im Film zu sehen – ihre kleine Rolle fiel dem Schnitt zum Opfer.

Liv Lisa Fries in ihrer Rolle der gewalttätigen Linda in "Sie hat es verdient". (Bild: Das Erste)
Liv Lisa Fries in ihrer Rolle der gewalttätigen Linda in "Sie hat es verdient". (Bild: Das Erste)

Nichts, wovon sich Fries beeindrucken ließ: Sie kämpfte Charlotte-mäßig weiter und ergatterte ihre erste größere Hauptrolle nach einigen Nebenrollen ("Schimanski – Tod in der Siedlung" und "Die Welle") schließlich 2010 in dem Fernsehdrama "Sie hat es verdient" von Thomas Stiller. Darin spielte sie die aggressive Jugendliche Linda, die ihre Mitschülerin zu Tode quält. Eine extreme Rolle, für die sie 2011 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet wurde. Mehr als verdient, denn Fries hat alles gegeben: Sie bereitete sich mitten während der Abi-Prüfungen auf die Darstellung eines Charakters vor, der ihr fremder nicht hätte sein können.

Dafür hat sie einen Monat lang jeden körperlichen Kontakt bis hin zu Umarmungen vermieden und versucht, in Lindas Namen Tagebuch zu schreiben. Der Drehbuchautor und Regisseur Thomas Stiller sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" einmal: "Wie die Jugendlichen gespielt haben - Liv, aber auch die anderen. Da dachte ich mir: wo nehmen die das her? So echt, so wirklich. Das war bislang einer der wenigen Momente, in denen ich von Schauspielern überrascht wurde."

Atmen durch einen Strohhalm

Wie weit Liv Lisa Fries geht, um sich voll und ganz auf ihre Rollen einzulassen, stellte sie auch in dem Spielfilm "Und morgen Mittag bin ich tot" unter Beweis. Darin spielt sie eine an der autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose erkrankte Frau, die in die Schweiz reist, um Sterbehilfe zu bekommen.

Für ihre Rolle in "Und morgen Mittag bin ich tot" wurde die Schauspielerin mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. (Bild: Das Erste)
Für ihre Rolle in "Und morgen Mittag bin ich tot" wurde die Schauspielerin mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. (Bild: Das Erste)

Zur Vorbereitung begleitete die Schauspielerin eine an Mukoviszidose erkrankte Frau für sechs Monate. Fries nahm zehn Kilo ab, steckte sich einen Strohhalm in den Mund, hielt sich die Nase zu und rannte Treppen hoch. Immer und immer wieder, bis ihr Körper gelernt hatte, was es bedeutet, keine Luft zu bekommen. Für ihre Darstellung wurde sie viermal ausgezeichnet – unter anderem in der Kategorie "Beste Nachwuchsdarstellerin" beim Bayerischen Filmpreis 2013.

Gelobt von Hollywood-Star Jeff Goldblum

Für ihre bislang größte und international bekannte Rolle der Charlotte Richter in "Babylon Berlin" bereitete sich Fries mit Lektüre aus den 20er-Jahren vor. Bücher sind übrigens eine große Leidenschaft der Schauspielerin, die das Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie begann, es aber abgebrochen hat, weil selbst ihre Tage nur 24 Stunden zählen.

International bekannt wurde Liv Lisa Fries durch ihre Rolle der Charlotte Richter in "Babylon Berlin". (Bild: ddp)
International bekannt wurde Liv Lisa Fries durch ihre Rolle der Charlotte Richter in "Babylon Berlin". (Bild: ddp)

Für ihre Darstellung der Charlotte Richter wurde Fries mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet und für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. "Babylon Berlin" wurde bis heute in 90 Länder verkauft und wird auch von internationalen Stars gerne geguckt. "Neulich wurde die Serie von Jeff Goldblum gelobt", erzählte Fries in einem Interview mit dem "Spiegel" und meint weiter: "Das ist doch der Wahnsinn!"

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Wir kennen Liv Lisa Fries in allen Facetten – aber nicht privat

Ihr schauspielerisches Talent hat Liv Lisa Fries eindeutig unter Beweis gestellt. Von der aggressiven, gewalttätigen Schülerin über eine schwer erkrankte Frau auf der Suche nach Sterbehilfe bis zur frechen Powerfrau in den 20er-Jahren spielte sie bislang jede Rolle so überzeugend, dass Kollegen und Fans schwärmen. Die einzige Facette, die verborgen bleibt, ist die ganz private Liv Lisa Fries. In Social-Media-Portalen wie Instagram und Facebook sucht man sie vergeblich – ob die Schauspielerin in einer Beziehung oder verheiratet ist? Nicht bekannt. Dafür aber ihr Lebensmotto, das vom DDR-Liedermacher Gundermann inspiriert ist und welches sie im Gespräch mit dem "Spiegel" verriet: "Jeden Tag etwas haben, ein Lachen, einen Sieg, eine Träne, einen Schlag in die Fresse." In die Fresse? "Klar", sagt Fries. "Jedenfalls metaphorisch. Ich möchte mich und die Welt spüren."

Mehr von Liv Lisa Fries dürfen wir voraussichtlich Ende nächsten Jahres sehen. Im Frühjahr 2021 sollen die Dreharbeiten der 4. Staffel von "Babylon Berlin" beginnen. Die neue Staffel wird auf dem Erfolgsroman von Volker Kutscher "Goldstein" basieren. Staffeln 1 bis 3 stehen auf Sky Ticket und Sky Go zum Abruf bereit.