"Markus Lanz": Bei Aussage von Migrationsforscher ist ZDF-Moderator "baff"

Zu Gast bei Markus Lanz waren (von links) Christian Dürr, Kristina Dunz, Ulf Röller und Daniel Thym. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Zu Gast bei Markus Lanz waren (von links) Christian Dürr, Kristina Dunz, Ulf Röller und Daniel Thym. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Nicht nur das Rentenpaket II, sondern auch die EU-Asylreform sorgte in den vergangenen Monaten immer wieder für hitzige Diskussionen. Bei "Markus Lanz" äußerte Migrationsforscher Daniel Thym nun seine ehrliche Meinung zum Migrationspakt und schockte damit vor allem den ZDF-Moderator.

Das Rentenpaket II sorgt in der Ampelkoalition weiter für Diskussionen. Der Grund: Mehrere FDP-Politiker fordern spürbare Änderungen. Ihre Begründung: Eine Rente mit 63 sei zu teuer für das Land und entziehe zudem dem deutschen Arbeitsmarkt wichtige Fachkräfte. Bei "Markus Lanz" äußerte sich am Dienstag auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr zum Chaos rund um das Gesetzesvorhaben, das nun im Mai durchs Kabinett gebracht werden soll. "Christian Lindner sagt 'Nein' zu diesem Rentenpaket und knickt dann 24 Stunden später wieder ein. Wie kann sowas sein?", wollte Lanz zunächst von dem FDP-Politiker wissen.

Dürr fing daraufhin an, über verschiedene Bausteine zu sinnieren, als Lanz ihn schließlich mit der Frage unterbrach: "Warum läuft das immer so ritualisiert chaotisch?" Dürr dementierte dies jedoch vehement und sagte: "Am Ende muss ein Gesamtpaket stimmen und finanzierbar sein." Der FDP-Politiker ergänzte energisch: "Wenn das insgesamt stimmt - sichere Renten für die Zukunft und stabile Beiträge - ist das Rentenpaket insgesamt gut. Und dann wird's auch kommen, daran habe ich keinen Zweifel." Für ihn komme eine generelle Rente ab 63 jedoch nicht infrage, stattdessen schlug Dürr vor: "Wir ergänzen das ganze System um die Flexibilität beim Renteneintritt. Das betrifft auch die Rente mit 67."

FDP-Politiker Christian Dürr redete sich um Kopf und Kragen, als es um das Hin und Her zum Rentenpaket II ging. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
FDP-Politiker Christian Dürr redete sich um Kopf und Kragen, als es um das Hin und Her zum Rentenpaket II ging. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Das Ziel müsse am Ende "mehr Erwerbsbeteiligung von Älteren" und "von Migranten" sein, um stets "ausreichend Menschen" in der Arbeitswelt zu haben. ZDF-Korrespondent Ulf Röller ließ sich davon jedoch nicht ganz überzeugen und unterstellte der Bundesregierung stattdessen "ein Verlässlichkeitsproblem" aufgrund der vielen Unstimmigkeiten und Streitereien. Lanz sprach in dem Zusammenhang auch den Zwölf-Punkte-Plan der FDP an und wollte wissen: "Wer hat den Fetisch mit den Punkten entwickelt?" Christian Dürr wehrte sich daraufhin entschieden gegen den Begriff "Fetisch" und erklärte: "Es hat einen ganz konkreten Anlass. Nämlich, dass wir aufgehört haben (...), in Wahlperioden zu denken." Laut Dürr hätten zu viele Vorgängerregierungen "nur in einer Wahlperiode gedacht und nach mir die Sintflut".

Diese Aussage brachte Journalistin Kristina Dunz zum Schmunzeln: "Jetzt kommt die Sintflut vorher." Markus Lanz lachte daraufhin lauthals: "Entschuldigung, der war nicht schlecht." Christian Dürr sah das jedoch anders: "Das ist ein interessanter Slapstick." Der FDP-Mann ergänzte ernst: "Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind ja offensichtlich. Deutschland hat zu wenig Wachstum, weil Vorgängerregierungen keine Reformpolitik gemacht haben." Sein Ziel sei es daher, "in diesem Land Reformen zu machen, damit wir erfolgreich sind".

Kristina Dunz ließ sich davon nicht überzeugen und merkte stattdessen an, dass die FDP mit ihrem Zwölf-Punkte-Plan eine Politik bestätige, "mit der Sie bisher nicht wirklich erfolgreich waren". Darauf konterte Dürr: "Es geht nicht darum, an den nächsten Wahltermin zu denken." Stattdessen gehe es "darum, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch wenn sie verdammt hart sind diese Entscheidungen."

Migrationsforscher Daniel Thym nannte die EU-Asylreform
Migrationsforscher Daniel Thym nannte die EU-Asylreform "ein Reförmchen", das die wahren Strukturprobleme nicht lösen werde. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Eine Entscheidung, die ebenfalls viel Zündstoff mit sich bringt: die Reform des europäischen Asylsystems. Dazu wollte Markus Lanz wissen: "Ist das ein Meilenstein oder Augenwischerei?" Migrationsforscher Daniel Thym antwortete ehrlich: "Das ist eher ein Meilensteinchen. (...) Da sind viele gute Ideen drinnen, aber das Grundproblem ist, dass die EU letztlich auf dem halben Weg stehen bleibt." Es gebe zwar laut Thym "eine verpflichtende Solidarität. Aber jedes Land kann frei entscheiden, wie es solidarisch Hilfe leistet. Ungarn kann 20.000 an Italien zahlen oder auch einen Drittstaat wie Tunesien, damit dort der Grenzschutz ausgebaut wird. Das reicht aus."

Darauf reagierte Lanz sichtlich schockiert: "Jetzt bin ich baff." Der Migrationsforscher nickte und ergänzte, dass der Migrationspakt für ihn bloß "ein Reförmchen" sei, denn "die Europäer haben sich intern nicht einigen können, was sie machen. Das hat zu einer sehr halbherzigen Reform geführt". Daraufhin fragte Lanz, ob die Reform unter diesen Umständen überhaupt einen Sinn ergebe. Dazu sagte Thym: "Es macht schon Sinn. Es ist besser als nichts. Es geht in die richtige Richtung, aber es wird die Strukturprobleme nicht lösen."

Düsterer sieht die Lage ZDF-Korrespondent Ulf Röller, Studiochef in Brüssel: Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni und den befürchteten Rechtsruck verstehe er den Eifer hinter dem Abkommen. "Die EU will vor den Wahlen den Eindruck vermitteln, dass sie in der Lage ist, die Migranten abzuwehren." Aber: "Der Migrationspakt tritt sowieso erst 2026 in Kraft. Diese Auffanglager an den Außengrenzen, wo die Schnellverfahren gemacht werden, gibt es noch gar nicht!"