"Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende": Jetzt reden die Frauen

Die Niederländerin Sharlely "Lilly" Becker war 14 Jahre mit dem deutschen Tennisstar Boris Becker liiert und verheiratet. In der zweiteiligen Doku "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" bei Paramount+ spricht sie offen über ihre Beziehung. (Bild: Paramount+)
Die Niederländerin Sharlely "Lilly" Becker war 14 Jahre mit dem deutschen Tennisstar Boris Becker liiert und verheiratet. In der zweiteiligen Doku "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" bei Paramount+ spricht sie offen über ihre Beziehung. (Bild: Paramount+)

Die zweiteilige Dokumentation "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" bei Paramount+ versucht sich ab 4. August an einem Psychogramm des deutschen Tennis-Superstars. Dabei lässt sie Ex-Frauen, Wegbegleiter und Freunde zu Wort kommen. Ein Boulevard-Magazin in Spielfilmlänge?

Im April 2023 feierte beim Streaming-Konkurrenten Apple TV+ die vierstündige Edel-Dokumentation "Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" von Oscar-Preisträger Alex Gibney ("Taxi zur Hölle") Premiere. In dem sehenswerten Film ließ sich der gefallene Tennis-Weltstar vom amerikanischen Filmemacher über mehrere Jahre begleiten. Dabei gab er ihm sein letztes Interview direkt vor der Urteilsverkündung im Londoner Steuerprozess vom April 2022. Die nun mit zweimal 45 Minuten deutlich kürzere, britische Dokumentation "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" (ab Freitag, 4. August, Paramount +) muss nun ohne Boris Becker als Gesprächspartner auskommen. Dafür lässt sie ausführlich Ex-Freundinnen, Jugendfreunde und berufliche Wegbegleiter wie Ex-Trainer Günther Bosch, Beckers langjährigen "Bild"-Vertrauten Rolf Hauschild oder Christian Schommers, den Autor der 2013 veröffentlichten Biografie "Das Leben ist kein Spiel", zu Wort kommen.

Im Zentrum des Films von Produzent und Regisseur Stephen Finnigan steht klar Beckers Ex-Frau Sharlely "Lilly" Becker, die mit dem deutschen Tennisstar 14 Jahre liiert war. In einem Schlüsselzitat des Films fasst sie den schillernden Charakter des Protagonisten so zusammen: "Dieser Typ hat etwas an sich. Er ist süß, er ist freundlich, er ist lustig. Aber er ist auch arrogant. Er ist ein Lügner." Die Selbstbezogenheit des Mannes, der mit 17 Jahren durch seinen Wimbledon-Sieg 1985 zum weltweiten Superstar wurde, kommt auch in anderen Zitaten zum Vorschein: "Er wurde so bejubelt, es war für mich schwer, ihn mit den Füßen auf dem Boden zu behalten", erzählt sein Ex-Trainer Günther Bosch, mittlerweile 86 Jahre alt, der sich bereits 1987 - nach zwei Wimbledon-Siegen in Folge - von seinem Schützling trennte. Weil er spürte, dass dieser mehr auf andere hörte als auf ihn.

Der Südafrikaner Kevin Curren, heute 65 Jahre alt, war Boris Beckers Endspielgegner in dessen erstem Wimbledon-Finale 1985. Im Film erzählt er, wie ihm die Aufschläge seines 17-jährigen Kontrahenten "wie eine abgefeuerte Kugel" um die Ohren flogen.
 (Bild: Paramount+)
Der Südafrikaner Kevin Curren, heute 65 Jahre alt, war Boris Beckers Endspielgegner in dessen erstem Wimbledon-Finale 1985. Im Film erzählt er, wie ihm die Aufschläge seines 17-jährigen Kontrahenten "wie eine abgefeuerte Kugel" um die Ohren flogen. (Bild: Paramount+)

Ein gutes Stück weit von der Realität entrückt

Wer die bildgewaltige, sehr kunstvoll erzählte und geschnittene Gibney-Doku von Apple bereits kennt, wird im Paramount-Film nun nicht viel Neues entdecken. Ein wenig boulevardiger und an der "Beziehungsebene" interessierter kommt der Film daher. Die Faszination des Tennissports mit seinen zutiefst psychologischen Duellen, die in "Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" wunderbar herausgearbeitet werden, spielt bei "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" kaum eine Rolle.

Auch wenn Beckers Skandale und Prozesse hier ebenfalls solide dokumentiert werden, das Interesse der Filmemacher liegt klar auf Boris Beckers Beziehungen. Nachdem Barbara Becker im Apple-Film, also dem von Becker selbst mitgetragenen Film, eine ziemlich gute Figur machte, dürfen hier nun Sharlely "Lilly" Becker, die Tänzerin Caroline Rocher, die Becker 2002 in einem New Yorker Club kennenlernte und mit der er drei Jahre zusammen war, und auch Kurzzeit-Verlobte Alessandra "Sandy" Meyer-Wölden sprechen. Dazu gesellen sich Jugendfreunde, Ex-Gegner wie Kevin Curren, Pat Cash oder Tim Mayotte und eben die genannten Wegbegleiter und Journalisten wie Rolf Hauschild oder Christian Schommers.

Das Fazit der Paramount-Doku ist kein anderes als das des Apple-Films: Erzählt wird von einem hochtalentierten Tennis-Genie mit Charme und eisernem Willen, aber eben auch von großer Selbstbezogenheit, die Becker ein gutes Stück weit von der Realität entrückte. Im Grunde genommen also eine Geschichte, die man schon kannte und die schon erzählt wurde. Weil Geschichten von "Aufstieg und Fall" besonderer und prominenter Menschen immer wieder faszinieren und diese hier zudem ordentlich mit Beziehungs-Details unterfüttert wird, dürfte auch diese Doku ihr Publikum finden.

Dass Boris Becker eher nicht zu den Fans der Produktion zählen dürfte, beweisen mehrere wohl erwirkte Gegendarstellungen des Ex-Tennisstars, die den Abspann von "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende" zieren. Vielleicht ist es damit auch erst mal gut mit Boris Becker-Dokus. Eine Pause wäre allen Beteiligten durchaus zu wünschen.

Alessandra "Sandy" Meyer-Wölden, später auch Ehefrau von Oliver Pocher, macht im Jahr 2008 durch eine nach drei Monaten gelöste Verlobung mit Boris Becker Schlagzeilen. Auch sie äußert sich in der Doku "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende". (Bild: Paramount+)
Alessandra "Sandy" Meyer-Wölden, später auch Ehefrau von Oliver Pocher, macht im Jahr 2008 durch eine nach drei Monaten gelöste Verlobung mit Boris Becker Schlagzeilen. Auch sie äußert sich in der Doku "Boris Becker: Aufstieg und Absturz einer Legende". (Bild: Paramount+)