"Dann haben wir einen dritten Weltkrieg": Gregor Gysi fordert Friedensverhandlungen mit Russland

Gregor Gysi (rechs) stellte sich im Gespräch mit Markus Lanz auf die Seite von Papst Franziskus und wetterte gegen das
Gregor Gysi (rechs) stellte sich im Gespräch mit Markus Lanz auf die Seite von Papst Franziskus und wetterte gegen das

 

Dass Papst Franziskus jüngst die Ukraine dazu aufforderte, die "weiße Fahne" zu hissen, stieß weltweit auf Unverständnis. Bei "Markus Lanz" offenbarte Gregor Gysi nun, warum er derselben Auffassung ist. Mit seiner Argumentation stieß er jedoch bei den übrigen Gästen auf Granit.

Mit Blick auf die Wiederwahl von Wladimir Putin als Russlands Präsident sagte Linken-Politiker Gregor Gysi zunächst nüchtern bei "Markus Lanz": "Naturlich muss man moralisch das Ganze nicht anerkennen, was da gelaufen ist. Das ist ja in dem Sinne keine freie, unabhängige, gleichberechtige Wahl." Dennoch müsse man laut Gysi akzeptieren, dass Putin nunmal "der erste Mann des Landes" sei. Markus Lanz hakte prompt nach: "Ist Putin für Sie ein Diktator?" Gysi antwortete schwammig: "Er hat stark autoritative Züge." Lanz fragte weiter: "Aber er ist kein Diktator?" Nach kurzem Überlegen sagte der Politiker vorsichtig, dass Putin "in der Skala eher Richtung Diktator" tendiere. "Und ist er ein Mörder für Sie?", wollte Lanz daraufhin wissen. Gregor Gysi antwortete ähnlich schwammig: "Auf jeden Fall ist er verantwortlich für Kriegsverbrechen, (...) aber Mörder ist immer so eine individuelle Straftat."

Der ZDF-Moderator lenkte kurz darauf die Debatte in Richtung Papst Franziskus, der die Ukraine aufforderte, die "weiße Fahne" zu hissen und Friedensverhandlungen mit Russland einzugehen. Trotz weltweiter Kritik an der Aussage des Papstes konnte sich Gregor Gysi bei "Markus Lanz" der Forderung nur anschließen. Seine Aussage: "Der Papst hat völlig recht und dass Selenskyj ihn kritisiert, liegt nur daran, dass die NATO-Staaten diesen Krieg möglichst lange hinziehen wollen."

Eine Aussage, die bei Journalistin Sabine Fischer Schnappatmung auslöste. Die Russland-Expertin konterte streng: "Ich finde, das ist wirklich eine nicht akzeptable Täter-Opfer-Umkehr. Weil Sie unterstellen mit diesem Zitat, dass es die NATO ist, die in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg führt. Und das finde ich wirklich sehr problematisch." Journalist Florian Neuhann ergänzte ähnlich empört: "Gysis Behauptung, dass die NATO-Staaten diesen Krieg möglichst lange hinziehen wollen, grenzt tatsächlich an übler Nachrede."

Journalistin Sabine Fischer (rechts) machte im Gespräch mit Sabine Rennefanz deutlich, warum eine europäische Unterstützung in der Ukraine so wichtig ist. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Journalistin Sabine Fischer (rechts) machte im Gespräch mit Sabine Rennefanz deutlich, warum eine europäische Unterstützung in der Ukraine so wichtig ist. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

 

Sabine Rennefanz: "Die Ukraine verliert - ob uns das gefällt oder nicht"

Lediglich "Spiegel"-Kolumnistin Sabine Rennefanz stellte sich zumindest teilweise auf die Seite des Linken-Politikers und sagte, dass sie "diese Aufregung über die Äußerung des Papstes und auch diese absolute Verurteilung nicht so ganz verstanden" habe. Vielmehr plädierte Rennefanz: "Wir müssen realisitisch auf die Lage gucken. Wohin führt das alles? Darauf gibt es sehr, sehr wenig Antworten." Die Journalistin schockte daraufhin mit der Prognose: "Die Ukraine verliert - ob uns das gefällt oder nicht." Der Grund? "Die Sommer-Offensive hat nicht funktioniert. Es fehlt an Munition (...) und es nimmt im Land die Bereitschaft ab, zu kämpfen."

Dem konnte Markus Lanz nicht zustimmen: "Also ich habe das anders erlebt. (...) Es gibt den unbedingten Willen der Ukrainer, nicht unter russischer Herrschaft zu leben." Sabine Fischer ergänzte energisch, dass es nicht darum gehe, dass die Ukraine Russland besiege, "sondern es geht darum, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, sich zu verteidigen und möglichst viele Gebiete (...) zu befreien". Sie fügte mahnend hinzu: "Der militärische Erfolg der Ukraine steht und fällt mit unserer Unterstützung."

Dem entgegnete Gregor Gysi jedoch skeptisch, dass vielmehr "politisches Denken" gefordert sei und vor allem China und Indien als Vermittler in den Vordergrund treten müssten. Sabine Fischer konterte zunächst, dass es "immense diplomatische Bemühungen" seitens des Westens gegeben habe, um den Krieg in der Ukraine abzuwenden. Gleichzeitig wetterte Sie gegen Gysi: "Sie bauen hier ein Bild auf, das in keinster Weise irgendeiner Realität entspricht." Laut Fischer sei es "eine vollkommene Illusion, dass China sich in der Weise, wie Sie es jetzt suggerieren, jemals in diesem Krieg positionieren" werde. Gregor Gysi blieb dennoch bei seiner Meinung: "Ich möchte, dass der Krieg mal beendet wird! Und ich möchte mal von Ihnen einen Satz hören, wie Sie zum Ende des Krieges kommen." Gysi weiter: "Wenn wir Bodentruppen hinschicken als NATO, dann haben wir einen dritten Weltkrieg. Den können wir uns nicht leisten."

Journalist Florian Neuhann warnte bei
Journalist Florian Neuhann warnte bei

 

Gysi über Wagenknecht-Partei: Programm für Europawahl "könnte so von der AfD sein"

Ähnlich resolut sprach der Linken-Politiker auch über das "Bündnis Sahra Wagenknecht". Gysi kritisiert seine ehemalige Kollegin scharf: "Sie übernimmt die Europapolitik (...) von der AfD." Als Lanz überrascht nachhakte, bekräftigte der Politiker sein Argument mit den Worten: "Lesen Sie mal das Programm. Das könnte so von der AfD sein: so wenig wie möglich europäische Integration." Auch die Asylpolitik übernehme Wagenknecht laut Gysi "von der AfD". In Wirtschaftsfragen orientiere sie sich derweil an der CDU, während sie die Sozialpolitik von der Linkspartei annehme.

Eine Mischung, der Gysi nichts abgewinnen konnte. Im Gegenteil: "Am Anfang funktioniert so etwas, da sammelst du Stimmen. Aber dann wird es, glaube ich, eine Minusrechnung." Gleichzeitig unterstellte der Politiker seiner einstigen Parteikollegin zu viel Eitelkeit, als er abschließend sagte: "Also ich bin noch nie auf die Idee gekommen, eine Partei nach mir zu benennen!"

Bei
Bei