Georgien: Venedig-Kommission drängt auf Abschaffung des "Agentengesetzes"

Georgien: Venedig-Kommission drängt auf Abschaffung des "Agentengesetzes"

Die Venedig-Kommission (Europäische Kommission für Demokratie durch Recht) hat Georgien aufgefordert, das Gesetz über "ausländische Einflussnahme" aufzuheben.

Das Gesetz hatte eine Welle von Protesten ausgelöst. Viele befürchten es könnte abweichende Meinungen unterdrücken und Georgiens Beitritt zur EU behindern.

Das Gesetz sieht vor, dass sich Medien, Nichtregierungsorganisationen und andere gemeinnützige Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland beziehen, als "ausländisch beeinflusst" registrieren lassen müssen.

Die georgische Regierung sagt, das Gesetz sei notwendig, um den ihrer Meinung nach schädlichen ausländischen Einfluss auf die Politik des Landes einzudämmen und um zu verhindern, dass nicht näher bezeichnete ausländische Akteure versuchen, das Land zu destabilisieren.

Das Gesetz ist nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar

In ihrer Stellungnahme teilte die Kommission mit, dass die im Gesetz vorgesehenen Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Schutz der Privatsphäre nicht mit den strengen Kriterien der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vereinbar sind. Sie entsprechen nicht den Anforderungen der Rechtmäßigkeit, der Legitimität, der Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft und der Verhältnismäßigkeit sowie dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung.

Gesetzesverabschiedung entspricht nicht den europäischen Anforderungen an eine demokratische Rechtsetzung

Die Venedig-Kommission bedauere darüber hinaus, dass dieses menschenrechtlich sensible, aber auch in der georgischen Gesellschaft höchst umstrittene Gesetz in einem Verfahren verabschiedet wurde, das keinen Raum für eine echte Diskussion ließ und die Bedenken großer Teile der georgischen Bevölkerung offen missachtete. Diese Vorgehensweise entspricht nicht den europäischen Anforderungen an eine demokratische Rechtsetzung, so die Venedig-Kommission.

Die Venedig-Kommission wurde 1990 vom Ministerkomitee des Europarates in Straßburg ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe besteht darin, Demokratie, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit vor allem in osteuropäischen Ländern zu etablieren und zu festigen. Der Kommission gehören 62 Staaten an.