Gespräch: Gute Atmosphäre, schlechte Luft

Was sich die Bürger für den Kölner Westen wünschen - Redaktion besucht den...

Im Schatten hoher Platanen und neben einem Kaffeemobil ist der perfekte Ort, um über das Leben im Viertel zu diskutieren. Diese Erfahrung machte die Stadtteil-Redaktion bei ihrer zweistündigen Stipp-Visite auf dem Wochenmarktes in Weiden. Da war zum Beispiel die Gruppe von Veedelsbewohnern, die sich schnell auf dem Emil-Schreiterer-Platz versammelt hatte und angeregt unterhielt - sogar länger als der Redaktions-Besuch eigentlich dauern sollte. "Ja, der Markt hier ist wirklich schön", sagte Elisabeth Maria Spiegel, Vorsitzende der Bürgerinteressengemeinschaft Weiden, "besonders samstags. Es gibt richtig gute Dinge, wie frische Pasta, gefüllt mit Roter Beete und Johannisbeeren." Doch, in Weiden lasse es sich gut leben, aber... Den Satz beendete eine andere Besucherin: "Eigentlich müssten wir hier alle Gasmasken tragen." Spiegel erläuterte genauer, warum viele Bewohner im Kölner Westen eine solche Ausrüstung für nötig halten. "Wir wachsen und wachsen, bis wir irgendwann keine Luft zum Atmen mehr haben. Der Verkehr, der sich alltäglich durch die überlasteten Straßen im Viertel quält, habe durch die rapide wachsenden Viertel am Kölner Westrand - wie etwa Widdersdorf - drastisch zugenommen. "Die Aachener Straße ist zudem im Lkw-Führungskonzept, das die Stadt 2012 erstellt hat, als Verkehrsroute für die Brummis ausgewiesen", schilderte Spiegel, "und im Weidener Bereich werden seit zehn Jahren regelmäßig Schadstoff-Werte gemessen, die so weit über dem zulässigen Limit der EU-Richtlinie liegen, dass eine sofortige Gegenmaßnahme erforderlich wäre." Dagegen müsse man dringend etwas unternehmen. Wichtig sei auch, den Grünzug West als Luftschneise zu erhalten. "Der Rat der Stadt Köln kann zwar viel", führte Spiegel aus, "aber die Windrichtung ändern, das kann er nicht." Wenn die Luftzufuhr im Westen fehle, würden das auch die Menschen in Rath und Dellbrück zu spüren bekommen. Insgesamt ist der Straßenverkehr ein wichtiges und leidiges Thema im äußersten Westen des Stadtbezirks Lindenthal. Dazu gehört zum Beispiel der mangelnde Parkraum für Pkw. Um den Emil-Schreiterer-Platz herum ist mittlerweile Anwohnerparken eingeführt, was die Menschen dort grundsätzlich begrüßen. "Es ist gut, dass die Mitarbeiter des Rhein-Centers hier nicht mehr morgens ihre Autos abstellen und den ganzen Tag die Parkplätze blockieren", sagte Marktsprecher Wilhelm Hemmersbach, "aber an Markttagen müsste es erlaubt sein, eine Stunde kostenlos hier zu parken." Die Tickets seien zu teuer, um schnell einen Sack Kartoffeln oder eine Kiste Apfelsinen zu kaufen, die Mitarbeiter des Ordnungsamts allerdings schnell zur Stelle. Einige Kunden kämen nicht mehr. Eine Folge des Bewohnerparkens in der Nachbarschaft des Platzes beklagte auch Ingeborg Schweigert, eine Anwohnerin der Selma-Lagerlöf-Straße. "Die Autofahrer, die nicht mehr in dem Gebiet um den Emil-Schreiterer-Platz parken können, stellen ihren Pkw jetzt in unserer Straße ab. Der Bürgersteig ist vollgeparkt." Oft kämen ältere Menschen mit Gehhilfen nicht mehr dort vorbei und würden auf die Straße ausweichen. Es sei eine beliebte Strecke für den Durchgangsverkehr, der dort viel schneller unterwegs sei als mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. "Viele Kinder und Jugendliche fahren über unsere Straße mit dem Rad zur Schule", berichtete Ingeborg Schweigert, "ich habe schon abenteuerliche Situationen erlebt und bin nur froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist. Die Polizei muss dort endlich einmal etwas gegen die Temposünder tun." Über den viel zu schnellen Durchgangsverkehr klagten auch andere Besucher am Marktstand des "Kölner Stadt-Anzeiger". Besonders gefährlich sei es in der Belvederestraße für die vielen Kinder, die sie als Schulweg nutzen, sagte Barbara Krämer. Ein anderer Besucher ärgert sich über die Zustände in der Schillerstraße. Dort wohnten viele Kinder, die überraschend auf die Straße laufen könnten, die Autofahrer aber kümmere das nicht. "Man müsste dort die Höchstgeschwindigkeit auf 30 reduzieren", forderte er. Der Durchgangsverkehr belaste zwar das Viertel. Die KVB mache es den Menschen aber auch nicht eben leicht, die Bahn zu nehmen. "Nun soll ich bald keine Vierertickets mehr kaufen können. Ich bin Rentner und habe kein Internet. Ohne ein Ticket, das ich an Automaten kaufen kann, bin ich aufgeschmissen. Dann muss ich schwarz oder Auto fahren." Diese Sorge, dass bald KVB-Tickets nur noch über das Handy besorgt werden können, teilten mehrere Marktbesucher. "Dass die KVB die Fahrkarten abschaffen möchte, ist für mich furchtbar. Ich kann mir doch nicht nur deswegen einen Computer zulegen", meinte Käthe Pagendarm. Radfahren sei doch grundsätzlich die bessere Alternative zum Autofahren, gab der Lövenicher Reinhard Schmitz zu bedenken. "Die E-Bikes machen das Radfahren jetzt auch für ältere Menschen attraktiv", sagte er, "aber der Radverkehr wird in Köln überhaupt nicht eingeplant. Das Radwegenetz wird nicht ausgebaut. Da steigt niemand aufs Rad um. Das ist an vielen Stellen, wie bei uns am Brauweilerweg, viel zu gefährlich." Aber nicht nur für den Radverkehr werde zu wenig getan, finden viele der Marktbesucher. Regelrecht abgeschnitten fühlt sich zuweilen Maria Achtermeier tief im Westen. Die 82 Jahre alte Weidenerin wünscht sich eine direkte Busverbindung zwischen ihrem Stadtteil und weiter westlich gelegenen Vierteln. Will sie zum Beispiel zu ihrem Schrebergarten in Lindenthal gelangen, dann fährt sie mit der KVB-Linie 1 zur Moltkestraße und von dort mit dem 146er Bus in ihre Laube. Häufig muss sie auch ins Krankenhaus Hohenlind zu Besuch, dann nimmt sie die Linie 136 von der Moltkestraße. "Ich bin jedes Mal jeweils eine Stunde hin und eine Stunde zurück unterwegs", sagt sie und fragt: "Warum kann man nicht einen Bus beispielsweise den Militärring entlang fahren lassen?" Klaus-Dieter Gerth verweist dagegen auf die gute Anbindung seines Stadtteils an die City: Die S-Bahn zum Beispiel erreiche in wenig mehr zehn Minuten die Station Köln-Hauptbahnhof, erläutert er. Überhaupt ist er voll des Lobes für sein Viertel: In Weiden sei ein angenehmes, ruhiges Leben ohne Großstadtgetriebe möglich. "Gleichzeitig gibt es genügend Ärzte, Schulen und Kindergärten." Das Viertel gelte als ähnlich attraktiv wie Junkersdorf, die Lebenshaltungskosten lägen jedoch darunter - etwa was Mieten und Einkauf angehe: "Hier wohnen großteils Leute, denen es gut geht - aber auch keine Superreichen." Nur wenige negative Punkte seien zu erwähnen. So verfüge man zwar mit dem Rhein-Center über ein interessantes Shopping-Zentrum, aber rundum komme es häufig zu Staus. "Diese Problematik müsste gelöst werden." Auch an der KVB-Haltestelle gegenüber werde es oft gefährlich eng, vor allem, wenn ebenfalls Rollstuhlfahrer, Senioren mit Rollator oder Eltern samt Kinderwagen die Drängelgitter am Gleisübergang passieren wollten. Sein Vorschlag: "Den Abstand zwischen den Metall-Absperrungen...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta