Großer Überblick - Prämien, Kindergeld, Steuerklassen - was sich mit dem Haushalts-Durchbruch ändert
Nach zähen Verhandlungen erzielten die Spitzen der Ampel-Regierung einen Durchbruch für den kommenden Bundeshaushalt. FOCUS Online berichtet, welche Veränderungen Millionen von Menschen jetzt erwarten können.
Die Bundesregierung hält durch. Trotz der vielen Unstimmigkeiten kommt es nun doch nicht zum Bruch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten in den vergangenen Wochen häufig verhandelt. Sie wollten eigentlich bis zu diesem Mittwoch eine Verständigung schaffen. Nun erfolgte der Durchbruch erst am Freitag in den frühen Morgenstunden.
Und wie geht es nun weiter? Im ersten Schritt informieren die Parteispitzen die Fraktionen. Im Anschluss geht es um die Haushaltsberatungen in den jeweiligen Ressorts. Und hier könnte es zu hitzigen Debatten und Anpassungen kommen. Die Bundesregierung will nach bisherigen Plänen den Haushaltsentwurf am 17. Juli im Kabinett verabschieden. Er soll dann nach der Sommerpause im Bundestag beraten und Ende November beschlossen werden.
Welche Änderungen der Bundeshaushalt bringt
Die FDP hat sich offenbar durchgesetzt. Die Schuldenbremse wird eingehalten. Der Staat soll also auch in Zukunft mit dem Geld auskommen, das die Menschen in Deutschland erarbeiten. Das hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr im Vorfeld in Interviews immer wieder betont. SPD und Grüne wollten eine Aufweichung. Denn in der Planung klaffte eine Lücke von zehn Milliarden Euro. Diese soll nun durch Einsparungen geschlossen werden. Doch was genau ist geplant?
Kindergeld, Kinderzuschlag und die Kita-Qualität
Nach Informationen von FOCUS online soll das Kindergeld um fünf Euro angehoben werden. Die Erhöhung fällt geringer aus als erwartet. Ursprünglich standen 50 Euro im Raum. Eine Kindergelderhöhung war erwarten worden, denn die Bundesregierung hatte den Kinderfreibetrag bereits zum 1. Januar 2024 von 6024 auf 6384 Euro (pro Kind für beide Elternteile) erhöht.
Für Familien mit Kindern heißt das wohl: Es gibt ab 1. Januar 2025 dann 255 Euro pro Kind.
Auch der Kinderzuschlag für bedürftige Familien im Bürgergeld soll im kommenden Jahr um fünf Euro angehoben werden. Er beträgt derzeit 20 Euro für Kinder und Jugendliche in den Regelbedarfsstufen 3 bis 6. Der Zuschlag wird zusätzlich zum Regelbedarf gezahlt.
Darüber hinaus investiert der Bund in den Jahren 2025 und 2026 jeweils zwei Milliarden Euro in die Qualität der Kitas. Mit dem Geld sollen die Personalsituation verbessert, Fachkräfte gewonnen und Kita-Leitungen gestärkt werden. Gleichzeitig sollen die Mittel in bedarfsgerechte Angebote und in die sprachliche Bildung investiert werden. Sozialausgaben von 1,2 Billionen Euro - Ampel streitet übers Bürgergeld - doch Deutschlands Sozialstaat hat größeres Problem
Steuerprämien für Mehrarbeit
Zentrales Element des Bundeshaushalts ist es, gegen den Arbeitskräftemangel vorzugehen. Dazu sind Prämien und Zuschläge geplant, wenn Arbeitnehmer länger arbeiten. Möglich wäre ein zusätzlicher Freibetrag bei der Einkommensteuer. Wie hoch dieser sein soll, ist allerdings völlig offen.
Die Freibeträge könnten sowohl für Rentner gelten, die länger in einem Unternehmen arbeiten wollen, als auch für Arbeitnehmer, die etwa Überstunden leisten, um aufgrund von Personalengpässen länger arbeiten müssen.
Darüber hinaus sollen die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und die Arbeitsanreize, auch durch steuerliche Maßnahmen, erhöht werden. Die Regierung plant, mit einem „Wachstumsturbo“ anzusetzen. Dabei sollen private Investitionen stärker gefördert werden. Auch sollen Unternehmen bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten erhalten.
Im Bürgergeld soll eine „Anschubfinanzierung“ eingeführt werden, wie es in einem Papier heißt. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem Bürgergeldbezug herauskommen, sollen sie im ersten Jahr nun deutlich mehr von ihrem Verdienst behalten, ohne dass dies etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.
Steuersenkungen durch die „kalte Progression“
Um steuerliche Mehrbelastungen auszugleichen, die durch die hohe Inflation entstehen, soll die Steuerlast für Millionen Menschen angepasst werden. Dazu passt die Bundesregierung für 2025 die Tarife der Einkommensteuer, sowie Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag und den „Soli“-Freibetrag an.
Der Begriff der „kalten Progression“ bezeichnet eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn beispielsweise eine Gehaltserhöhung komplett durch die aktuelle Teuerung aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt.
Die Bundesregierung will außerdem weitere Subventionen streichen, welche genau, das ist noch nicht definiert.
Steuerklassen-Kombi III und V fällt weg
Die unterschiedlichen Steuerklassen (III und V) für Ehepaare sollen abgeschafft werden. Stattdessen soll es nur noch eine Steuerklasse für beide Eheleute geben. Bisher wird der Gutverdiener nach Steuerklasse III besteuert, der Geringverdiener nach Steuerklasse V. Während der Besserverdiener dadurch weniger Steuern zahlt und somit mehr Netto auf dem Konto hat, ist es beim Geringverdiener umgekehrt. Nach Einreichung der Steuererklärung gibt es in der Regel und je nach Höhe des zu versteuerten Einkommens Geld vom Fiskus zurück.
Durch die Abschaffung der Steuerklassen III und V zahlt der Geringverdiener dann weniger Steuern, der Besserverdiener wiederum mehr. Unter dem Strich soll für das Paar keine Mehrbelastung entstehen. Allerdings zeigen Rechnungen: In einigen Fällen kommt es dann doch zu einer Mehrbelastung. Und davon profitiert der Staat.
Mehr Geld für die Innere Sicherheit
Nach Informationen will die Bundesregierung zusätzlich rund eine Milliarde Euro in die Innere Sicherheit investieren. Laut den Haushaltsplanungen für 2024 stehen dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) rund 13,3 Milliarden Euro zur Verfügung.
Für das Folgejahr steht also ein Etat von knapp 14,5 Milliarden Euro bereit. Wie das Geld genau eingesetzt wird, ist noch unklar. Wichtige Ausgaben des Innenministeriums sind die Stärkung der Bundespolizei, der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Digitalisierung.
Weniger Geld für die Bundeswehr
Der Bundeswehr wird wesentlich weniger zusätzliches Budget bereitgestellt als gefordert. Der Verteidigungshaushalt soll lediglich um etwa 1,2 Milliarden Euro von derzeit rund 52 Milliarden Euro erhöht werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte hingegen eine Erhöhung um 6,5 bis sieben Milliarden Euro gefordert.