Hildegard Hamm-Brücher : Eine, die Zivilcourage vorlebte

Streitbar und unbeugsam: Die Grand Dame der FDP ist mit 95 gestorben.

Als sie noch im bayerischen Landtag saß, wurde Hildegard Hamm-Brücher – halb spöttisch, halb bewundernd – „der einzige Mann“ im Parlament genannt. In den Gremien ihrer Partei zeigte sie oft mehr Mut zur eigenen Meinung als es der jeweiligen FDP-Führung lieb war. Und auch im Deutschen Bundestag, dem sie von 1976 bis 1990 angehörte, bewahrte sie sich ein so hohes Maß an innerer Unabhängigkeit und Freiheit, dass sie im Heer der angepassten, auf Fraktionsdisziplin eingeschworenen Mandatsträger wie eine Ausnahmeerscheinung wirkte. Hildegard Hamm-Brücher, die jetzt im Alter von 95 Jahren in München starb, war ihr politisches Leben lang eine streitbare Person. Eine, die sich nie an die Leine der Parteiräson legen ließ. Eine, die Zivilcourage nicht nur forderte, sondern vorlebte. Tugenden, die erklären, warum sie „als große alte Dame“ des Liberalismus galt, die sich stets dann zu Wort meldete, wenn ihr die eigene Partei oder das Gemeinwesen auf Abwege zu geraten schien. Das hat ihr nicht nur Freunde gemacht. Auch in der FDP gab es Leute, die sie wegen ihr Lust, gegen den Stachel zu löcken, als „Querulantin“ abstempelten. Jürgen Möllemann gehörte dazu. Aber die Geringschätzung beruhte auf Gegenseitigkeit. Politiker seines Schlags, die Aufmerksamkeit durch große Sprüche und Spektakel zu erregen versuchen, waren ihr tief suspekt. Erst recht, wenn sie das Gefühl hatte, diese Parteifreunde seien dabei, die FDP auf einen populistischen Rechtskurs zu bringen. Als einer der ersten und schärfsten Kritiker wies „HHB“ den schnauzbärtigen Parteivize öffentlich zurecht. Als „Halbjüdin“ ausgegrenzt Ihre Sensibilität gegenüber Versuchen, aktuelle Politik aus der historischen Verantwortung zu lösen, stammt aus früher Erfahrung. Hildegard Hamm-Brücher, 1921 in Essen geboren, wurde mit zehn Jahre Vollwaise und erlebte, bei ihrer jüdischen Großmutter in Dresden wohnend, die Ausgrenzung aus der Gesellschaft als „Halbjüdin“. Freunde der Familie ermöglichten ihr den Besuch des Internates Salem am Bodensee. Da war sie, wie sie erzählte, mit vielen Gleichgesinnten zusammen, „die sich durchs Dritte Reich quälten.“ Nach dem Abitur studierte sie in München Chemie und hatte Kontakte zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Scholl, ohne von ihren Absichten zu wissen. Die Hinrichtung der Initiatoren wurde für sie zum Schlüsselerlebnis, das, wie sie sagte, „mein Leben und Denken fortan bestimmte.“...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung