Hilfe für Gaza soll wieder über Rafah kommen
Israel und Ägypten sollen sich einem Medienbericht zufolge auf Druck der USA auf die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah im Süden des umkämpften Gazastreifens für den Transport humanitärer Hilfe geeinigt haben. Das berichtete der israelische Sender Kan. Unklar ist noch, wann die Passierstelle geöffnet werden soll. Delegationen der drei Staaten wollen darüber nach Informationen des US-Nachrichtenportals "Axios" voraussichtlich in den kommenden Tagen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo beraten.
Eine Abordnung der US-Regierung unter Leitung des Direktors für Nahost im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, Terry Wolff, wolle bei dem Treffen in Kairo außerdem darüber reden, Schmuggel von Waffen für die islamistische Hamas durch Tunnel unterhalb der Grenze zu verhindern. Geplant sei hierzu eine unterirdische Mauer.
USA, Israel und Ägypten wollen über Grenzsicherung reden
Israels Armee hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen die Kontrolle über den gesamten Abschnitt an der Grenze zu Ägypten übernommen. In dem etwa 14 Kilometer langen Sektor gebe es rund 20 Tunnel, die nach Ägypten führen, hieß es. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Hamas habe den als Philadelphi-Korridor bekannten Grenzbereich für den Schmuggel von Waffen genutzt, sagte ein Armeesprecher.
Um dies künftig zu verhindern, sei der Bau einer unterirdischen Mauer angedacht - ähnlich der Sperranlage, die Israel an seiner Grenze zum Gazastreifen errichtet hat, berichtete das US-Nachrichtenportal weiter. Dadurch habe Israel in der Vergangenheit die meisten Versuche der Hamas verhindert, grenzüberschreitende Tunnel zu graben.
Berichte: Palästinenser sollen Rafah-Übergang kontrollieren
Nach Angaben von US-Beamten soll es bei den in Kairo vorgesehenen Gesprächen vorrangig darum gehen, wie der Grenzübergang in Rafah wieder geöffnet werden kann, so "Axios". Laut dem Sender Kan stimmte Israel zu, eine Bedingung Ägyptens zu erfüllen und seine Truppen vom Grenzübergang zurückzuziehen.
Auch "Axios" berichtete, Israel habe Ägypten einen Plan vorgelegt, wonach Palästinenser, die keine Verbindungen zur Hamas oder anderen Terrorgruppen haben, die Kontrolle der Passierstelle übernehmen könnten. Israels Truppen würden sich demnach zurückziehen und den Übergang von außen gegen Angriffe der Hamas sichern. Aus Protest gegen Israels Übernahme der palästinensischen Seite des Übergangs waren Hilfstransporte aus Ägypten vor zwei Wochen gestoppt worden.
Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi willigte in einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden ein, den nahe Rafah gelegenen Grenzübergang Kerem Schalom für humanitäre Hilfsgüter wieder zu öffnen. Biden habe seinem ägyptischen Kollegen in dem Gespräch versprochen, dass sich die USA für die schnellstmögliche Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah einsetzen würden, wenn die Hilfslieferungen nach Gaza wieder aufgenommen würden, berichtete "Axios".
Zugleich hätten sie sich darauf verständigt, über dieses Thema mit den Israelis in Kairo zu sprechen. Die USA und Ägypten fungieren im Gaza-Krieg zusammen mit Katar als Vermittler zwischen Israel und der Hamas bei den indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Geisel-Freilassung.
Hamas will Geisel-Abkommen erst bei Kriegsende
Die Hamas hat den Vermittlern unterdessen nach eigenen Angaben mitgeteilt, dass sie nur dann zu Gesprächen über ein Geiselabkommen an den Verhandlungstisch zurückkehren werde, wenn Israel die Kämpfe einstellt. Man sei zu einer "vollständigen Einigung" über die Freilassung der aus Israel entführten Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge bereit, hieß es in einer Erklärung der Terrororganisation.
Voraussetzung sei aber ein Ende des Kriegs. In dem Fall sei man bereit, die Verhandlungen fortzusetzen und ein "umfassendes Austausch-Abkommen" zu erzielen. Israels Regierung lehnt ein Ende des Kriegs indes kategorisch ab.
Was mit einer vollständigen Einigung gemeint ist, ließen die Islamisten offen. Denkbar wäre, dass ein Austausch aller Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen auf einmal stattfinden soll - und nicht wie bislang geplant in mehreren Phasen.
Israels nationaler Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi sagte laut israelischen Medien zu Angehörigen der Geiseln, die derzeitige Regierung sei nicht bereit, den Krieg zu beenden. Die indirekten Gespräche über ein Abkommen waren bereits in der Vergangenheit daran gescheitert, dass die Hamas die endgültige Beendigung des Kriegs durch Israel zur Bedingung einer auch nur teilweisen Freilassung der Geiseln gemacht hatte.
Palästinenser: Ein Toter und Verletzte im Westjordanland
Bei Einsätzen der israelischen Armee im Westjordanland wurde nach palästinensischen Angaben ein Mann getötet. Er starb in Ramallah durch einen Schuss in die Brust, wie das dortige Gesundheitsministerium mitteilte. Vier weitere Palästinenser wurden demnach bei Konfrontationen während einer Razzia verletzt, einer von ihnen schwer. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Israels Militär teilte auf Anfrage mit, es prüfe die Berichte. Palästinensischen Angaben zufolge wurden auch im Flüchtlingsviertel in Dschenin mehrere Menschen verletzt. Israels Armee teilte dazu auf Anfrage mit, israelische Sicherheitskräfte hätten in der Gegend Anti-Terror-Maßnahmen durchgeführt. Dabei hätten Palästinenser Sprengsätze und Steine auf sie geschleudert sowie Schüsse abgefeuert. Die Einsatzkräfte hätten zurückgefeuert.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel mit mehr als 1200 Toten hat sich auch die ohnehin schon angespannte Lage im Westjordanland weiter zugespitzt. Mindestens 498 Palästinenser wurden seitdem nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen getötet. Auch kam es verstärkt zu gewalttätigen Übergriffen israelischer Siedler auf Palästinenser.