Journalistin: Polizei-Einsatz in Mannheim war "dilettantisch" - Lanz reagiert fassungslos

Journalistin Anna Lehmann bezeichnete den Polizei-Einsatz beim Attentat in Mannheim als
Journalistin Anna Lehmann bezeichnete den Polizei-Einsatz beim Attentat in Mannheim als "dilettantisch": "So wirkte er auf mich!" Nicht nur Gastgeber Markus Lanz wirkte irritiert. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei der Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz am Freitag wurde ein junger Polizist schwer verletzt. Am Sonntag ist er seinen Verletzungen erlegen. Bei "Markus Lanz" suchte Journalistin Anna Lehmann dennoch nach Fehlern bei der Polizei, was CDU-Politiker Thorsten Frei in Rage versetzte.

"Das war ein islamistisches Attentat, was wir dort erlebt haben": Infolge des schockierenden Messerangriffs in Mannheim, nach dem ein Polizist seinen schweren Verletzungen erlegen war, wurden Forderungen nach harten Konsequenzen laut. Die forderte auch CDU-Politiker Thorsten Frei am Dienstagabend bei "Markus Lanz" (ZDF), wenngleich das Motiv des Täters noch nicht bestätigt ist. Auch Integrationsexperte Ahmad Mansour war sich sicher: "Das ist islamistisch motiviert. Ich kann mir kein anderes Tatmotiv vorstellen, warum jemand einen Polizisten und einen Islamkritiker absticht." Thorsten Frei machte daraufhin deutlich, dass es nun politische Antworten brauche und "ein solcher Mord entsprechend bestraft" werden müsse.

"Ich habe den Eindruck, dass die Menschen auch genau das erwarten - also keine Floskeln, sondern tatsächlich die Benennung des Problems und dann auch die Frage, wie man damit umgeht", so der CDU-Mann streng. Gastgeber Markus Lanz wollte daraufhin wissen: "Wie kann es sein, dass der Mann den Behörden gänzlich unbekannt war?" Frei reagierte schwammig: "Das kann ein sehr schneller Radikalisierungsprozess gewesen sein. Das haben wir in der Vergangenheit immer wieder erlebt."

Gerade deshalb müsse man sich ab jetzt noch mehr "mit dem Problem des politischen Islamismus beschäftigen", so Frei. Dazu gehöre auch die Frage zur "Migration und Integration", denn: "Es ist doch ganz offensichtlich, dass das Maß an Migration letztlich auch dazu geführt hat, dass Integration nicht mehr hinreichend gelungen ist, Parallelgesellschaften entstanden sind."

CDU-Politiker Thorsten Frei forderte bei
CDU-Politiker Thorsten Frei forderte bei "Markus Lanz" eine harte Linie und sich mehr "mit dem Problem des politischen Islamismus" zu beschäftigen. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Journalistin Anna Lehmann reagierte jedoch skeptisch und sagte, dass der Täter noch nicht vernommen worden sei, aber trotzdem direkt von einem islamistischen Motiv ausgegangen werde. "Eigentlich wäre doch jetzt mal der Moment, innezuhalten und zu überlegen, wie konnte sowas überhaupt passieren? Was ist da alles schiefgelaufen?", so Lehmann.

Statt sich über Themen wie Abschiebungen zu unterhalten, plädierte die "taz"-Journalistin dafür, sich zu fragen, wie man es überhaupt verhindern könne, "dass Menschen, die hier in Deutschland leben, sich radikalisieren". Lehmann ergänzte, dass eine Abschiebung bei dem Täter aus Mannheim nichts gebracht hätte, da er sich bislang nichts zuschulden habe kommen lassen.

In dem Zusammenhang warnte Ahmad Mansour vor der falschen Wahrnehmung, "Integration wäre Sprache plus Arbeit minus Kriminalität". Der Integrationsforscher weiter: "Das ist viel zu wenig, weil wir nicht schauen, dass die Leute auch emotional ankommen, dass unsere Grundwerte auch verinnerlicht und akzeptiert werden."

Anna Lehmann blieb derweil bei ihrer Meinung, der Polizeieinsatz in Mannheim sei "dilettantisch" gewesen: "So wirkte er auf mich!" Als Markus Lanz und Thorsten Frei fassungslos reagierten, erklärte die Journalistin, dass sie sich mit Blick auf die Bilder aus Mannheim stark gewundert habe, "dass ein bekannter Islamhasser, [...] der vom Verfassungsschutz beobachtet wurde", überhaupt in "einer migrantisch geprägten Einwandererstadt" stehen und seine Parolen verbreiten konnte. "Wie kann es eigentlich sein, dass der nicht adäquat bewacht wird?", fragte Lehmann streng.

Ein Argument, das Thorsten Frei wütend machte: "Die Polizei war doch da!" Als Anna Lehmann konterte, dass die Polizei vor Ort nicht einmal gewusst habe, "wen sie eigentlich schützen sollte", wetterte der CDU-Mann weiter: "Was wollen Sie denn mit dieser Relativierung erreichen? Das ist doch eine Täter-Opfer-Umkehr!" Laut Frei habe die Polizei "ausgesprochenen Mut" bewiesen und sei unmittelbar da gewesen. Anna Lehmann blieb dennoch ihrem Standpunkt treu und fragte in die Runde: "Natürlich haben die ihr Leben gegeben, aber hätte dieser Einsatz anders geplant werden können? Hätten diese Polizisten anders vorbereitet werden können auf das?"

"Es handelt sich hier um radikale Islamisten": Integrationsexperte Ahmad Mansour findet, Abschiebungen nach Afghanistan dürften nicht kategorisch ausgeschlossen werden. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
"Es handelt sich hier um radikale Islamisten": Integrationsexperte Ahmad Mansour findet, Abschiebungen nach Afghanistan dürften nicht kategorisch ausgeschlossen werden. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Daraufhin erklärte Frei wütend: "Das geht mir jetzt zu schnell! Also hier vom Sofa aus darüber zu sinnieren, ohne dass man irgendwelche Kenntnisse außer einem schlechten Video hat, was die Polizei für Fehler gemacht haben könnte, das ist aus meiner Sicht wirklich der komplett falsche Ansatz." Stattdessen forderte der CDU-Mann "einen "grundlegenden Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik" und sagte: "Es ist zwingend notwendig, dass Straftäter und auch Gefährder in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden."

Dem konnte Ahmad Mansour nur zustimmen und merkte an: "Von der Politik erwarte ich, dass sie handelt." In dem Zusammenhang könnten laut Mansour auch Abschiebungen nach Afghanistan nicht ausgeschlossen werden, denn: "Es handelt sich hier um radikale Islamisten. Die wären in Afghanistan viel besser aufgehoben als in Deutschland."

Statt sich über Themen wie Abschiebungen zu unterhalten, forderte
Statt sich über Themen wie Abschiebungen zu unterhalten, forderte "taz"-Journalistin Lehmann, zu hinterfragen, wie es passieren kann, "dass Menschen, die hier in Deutschland leben, sich radikalisieren". (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Der Integrationsforscher warnte zudem vor dem Fehler, den Islamismus in Deutschland totzuschweigen, aus Angst, "die Falschen" zu unterstützen. "Ich bin nicht bereit, meine Meinungsfreiheit zu begrenzen, weil die AfD oder Islamhasser davon Nutzen machen. Diese Debatte gehört in die Mitte der Gesellschaft und die müssen wir führen", so Mansour streng. Dem konnte Lanz abschließend nur zustimmen: "Wir müssen uns die Debatte zurückholen. Wir müssen uns die Argumente zurückholen."