Kölner Karneval: Sorge um fehlenden Nachwuchs bei den Büttenrednern

Festkomitee will nun Rednertalente und erfahrene Schreiber zusammenbringen.

Die Prinzenproklamation hat einmal mehr den aktuellen Trend im Sitzungskarneval aufgezeigt: Musikgruppen gibt es reichlich, da mischen auch die Newcomer wie Lupo oder Planschemalöör gleich vorne mit. Doch bei den Rednern ist im Nachwuchsbereich gähnende Leere. Und einige Karnevalisten, die schon seit Jahren im Geschäft mitmischen, schaffen den Durchbruch nicht – sei es mangels guter Pointen, weil sie beratungsresistent sind oder aufgrund eines Hangs zur Selbstüberschätzung. Von vier Rednern bei der Proklamation konnten nur zwei überzeugen – Jörg Runge als „Tuppes vom Land“ und „Hausmann“ Jürgen Beckers. Verzichtbar waren nach Meinung vieler Zuschauer dagegen „Nubbel“ Michael Hehn und Ralf Knoblich als „Knubbelisch vum Klingelpütz“: Nur weil man schönes Kölsch spricht, ist man noch lange kein guter Büttenredner. Top-Garde der Redner nicht eingesetzt Das sieht Joachim Wüst, der beim Festkomitee für die Zusammenstellung des Programms zuständig war, anders. „Vielleicht hätte man anstatt vier nur drei Redner einsetzen sollen.“ Die Top-Garde der Redner hatte er nicht eingesetzt, die hebt er sich für die ARD-Fernsehsitzung auf: Guido Cantz und Bernd Stelter, Marc Metzger und Martin Schopps. An dieses Quartett werden 80 Prozent aller Termine in Köln vergeben. Dahinter rangieren dann noch Volker Weininger als „Sitzungspräsident“ und „Motombo“ Dave Davis sowie der Tuppes und der Hausmann. „Aus einem Pool von fünf, sechs Rednern auszuwählen, das reicht uns“, sind sich Ehrengarde-Präsident Hans-Georg Haumann und Kommandant Curt Rehfus einig. „Ich hab keine Probleme, meine Sitzungen mit Rednern zu bestücken“, sagt auch Gerd Wodarczyck, der Literat der Blauen Funken. Aber sind es nicht stets dieselben? „Ja schon. Aber die Erdnuss, Frau Kühne oder Achnes Kasulke will ich nicht. Die sind nicht funkenkompatibel.“ Mehr als drei Redner haben die großen KGs eh nicht mehr in einer Sitzung, weil die Leute nicht mehr bereit seien zuzuhören. Der Trend gehe zu immer mehr Musik und zum Partykarneval. Rehfus: „Da fragen die Besucher hinterher: »Wo war Brings, wo war Kasalla?« Aber keiner fragt: »Wo war der Cantz?«“ Pessimistischer Blick in die Zukunft Was die Zukunft einer traditionellen Sitzung angeht, ist man eher pessimistisch. Haumann: „Wenn sich das nicht drastisch ändert, ist das Ende der Redner absehbar.“ Den kölschen Redner hatte „Schutzmann“ Jupp Menth ja schon längst für tot erklärt. „Da müssen wir uns mal mit abfinden. Dafür kommt das Sessions-Motto zu spät.“ Doch noch steht er mit der Meinung weitgehend alleine. „Natürlich machen wir uns richtig Sorgen, was die Entwicklung bei den Rednern angeht“, sagen Horst Müller vom Marktführer Alaaaf.de und Michael Gerhold, Prinz 2018 und Chef der Künstleragentur Ahrens, die zusammen weit mehr als 500 Sitzungen in Köln und Region mit Akteuren versorgen. Sie wissen genau wie Festkomitee-Mann Wüst: „Karneval sind nicht nur 1600 Besucher im Maritim oder 1300 im Gürzenich. Da gibt es Hunderte weitere Veranstaltungen in kleineren Sälen und in den verschiedenen Vororten.“ Redner von außerhalb schnell wieder verschwunden Aber sie haben auch beobachtet, dass seit einigen Jahren hinter den bekannten Namen kaum noch etwas nachgekommen ist. Redner oder Comedians von außerhalb, die beispielsweise die Kajuja oder andere Karnevalisten-Vereinigungen mal auf ihren Vorstellabenden eingesetzt haben, sind schnell wieder aus Köln verschwunden. Und auch das Literarische Komitee, das aus Sicht des Festkomitees eigentlich die Nachwuchsschmiede für Büttenredner sein sollte, hat in den vergangen Jahren ausschließlich Redner vorgestellt, die es – wohl auch mangels schlechter oder falscher Beratung und Förderung – nicht einmal in die dritte Liga geschafft haben. Das ist gemessen am Anspruch des Komitees viel zu wenig. Leute durch Scouting finden Doch Wüst hat noch Hoffnung. „Wir müssen umdenken und die Strukturen der Nachwuchsförderung verändern. Es reicht nicht aus, darauf zu warten, das ein Büttentalent zu uns kommt, wir müssen ein Scouting betreiben und die Leute suchen, bei Schul- und Pfarrsitzungen und auch mal am Stadtrand.“ So war er kürzlich bei der Proklamation in Worringen. „Da habe ich Nummern gesehen, die auch in Köln bestehen könnten. So ein Zwiegespräch eines Anstreichermeisters mit seinem studierenden Sohn. Das war klasse.“ Aber noch hat das Festkomitee keine als notwendig erachtete Scouting-Abteilung. „Im Fußball gibt es das schon lange, aber da werden die Scouts bezahlt, bei uns muss man zunächst ein paar Ehrenamtliche finden, die das machen wollen.“ Ein zweiter Schritt sei dann, begabte Rednertalente mit kompetenten Schreibern zusammenzubringen. So hätten Daniel Thelen und Marco Ages, die als „Woosch un Wööschje“ noch unter dem Schirm des Literarischen Komitees laufen, durchaus Potenzial. „Gute Mimik, passende Gesten, so eine Art Dick und Doof. Aber leider keine zündenden Pointen. Schade eigentlich“, sagt Wüst und macht gleich noch einen Vorschlag. „Vielleicht sollte der Schutzmann ja mal dem Knubbelisch eine Rede schreiben. Das könnte passen.“...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta