Kaltes Aprilwetter in Deutschland: Hihi, fällt dieser blöde Klimawandel nun doch aus?

Schnee im Frühling und niedrige Temperaturen – Klimawandel kannte eigentlich wärme Grade – Was sagt die Wissenschaft?

Warten auf besseres Eis: Pinguine in der Antarktis (Bild: REUTERS/Martin Passingham/File Photo)
Warten auf besseres Eis: Pinguine in der Antarktis (Bild: REUTERS/Martin Passingham/File Photo)

April, April: Er macht, was er will. Wer Zweifel am menschengemachten Klimawandel hat, sieht im aktuellen Wetter einen Beleg dafür. Doch dieser Blick sieht nicht die wirklichen Strukturen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Kältewelle im April, die sich langsam legt, lockte die Neunmalklugen aus dem Sessel. Fotos von schneebedeckten Gartenterrassen kursierten im Netz, begleitet von ironischen bis hämischen Fragezeichen. Wie bitte? Und wo soll bei all dem Weiß der Klimawandel bleiben? Da seht ihr’s!

Klar, das verlockt. Wer meint, dass es vielleicht doch nicht der Mensch ist, der die Erderwärmung befeuert, sondern eine Kaskade uralter Schwingungen – der sieht im aktuellen Wetter einen Beleg. Nur sind die meisten von uns keine Meteorologen, keine Klimaforscher und auch keine Physiker. Was macht man dann? Man läuft einer Expertenmeinung nicht gleich hinterher, schaut aber am besten, was Leute mit Ahnung so dazu sagen. Vergleicht. Und hat dann vielleicht eine Meinung. So war es übrigens auch mit dem Coronavirus und seiner Einschätzung. Man gibt den Verstand allen Unkenrufen von selbst ernannten Querdenkern zum Trotz nicht ab, wenn man die Expertise von Leuten einholt, die sich forschend seit Jahren mit einem Thema auseinandersetzen.

Was sagen also nun die Klimaexperten zu diesem April? Sie zucken mit den Achseln. Und sorgen sich um die Landwirtschaft.

Denn dieser April, der auf einen rekordwarmen März und einen rekordwarmen Februar folgte, erwischt viele Pflanzen beim Austreiben – wegen der Hitze zuvor. Das kann sie töten, die Winzer schlagen bereits besorgt Alarm. Meteorologen schauen indes auf die Mittelwerte, auf das Strukturelle. Eine einzelne Schneeflocke ist für sie erstmal: eine einzelne Schneeflocke.

Diese Mittelwerte besagen, dass dieser April zwar nicht rekordwarm gewesen sein wird, aber eben durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich warm. Doch wie komm es zu den Kältewerten?

Meteorologen sagen, dass dies innerhalb des Klimawandels durchaus möglich ist. Zwar selten, aber eben existent. Ursache dafür sei, dass polare Kaltluft aus nördlichen Breiten nach Deutschland floss. Und die Arktis ist kalt, sie wird es auch noch für menschlich gesehen lange Zeit bleiben – trotz Schmelze. Ihre Luft wurde nun angezapft. Dies ist ein Wetterereignis, wie es das vorher gab und künftig geben wird. Der Schnee entsteht dadurch, dass wärme Luft mehr Feuchtigkeit aufnimmt. Trifft sie dann auf kalte Massen, schneit es halt.

Infografik: Wie bedrohlich ist der Klimawandel | Statista
Infografik: Wie bedrohlich ist der Klimawandel | Statista

Und die Weltmeere sind weiterhin auf einem Rekordkurs bei den Temperaturen. Meteorologen sagen sogar, dass die Kälteperiode dieses Aprils noch heftiger ausgefallen wäre, wäre die Nordsee nicht überdurchschnittlich warm. Dies hat weitreichende Folgen: Das warme Wasser knabbert am Eis der Arktis und am Grönland-Eisschild. Je mehr davon verschwindet, desto weniger weiße Projektionsfläche ist da – und umso mehr Wärme der Sonne wird gespeichert; ein Kreislauf. Das freiwerdende Süßwasser aus der Eisschmelze sorgt übrigens dafür, dass der Atlantikstrom in seinem Lauf gemindert wird: Ursprünglich führt er warmes Wasser aus den Subtropen zu uns. Stockt dies, wird dies langfristig zu kälteren Temperaturen in Europa führen…

…wir sehen: Es ist kompliziert. Aber eben nicht gut. Extremwetter wird zunehmen, und nun muss einiges unternommen werden, um diese negativen Folgen abzumildern. Gartenterrassenfotos helfen da wenig.