Kommentar: Bienen fahren keinen SUV

Für das Volksbegehren “Rettet die Bienen” haben sich 18,4 Prozent der Stimmberechtigten ausgesprochen. (Bild: Frank Rumpenhorst/dpa)
Für das Volksbegehren “Rettet die Bienen” haben sich 18,4 Prozent der Stimmberechtigten ausgesprochen. (Bild: Frank Rumpenhorst/dpa)

Ein Volksbegehren für mehr Naturschutz entzweit Bayern. Aber nur für kurze Zeit.

Ein Kommentar von Jan Rübel

In Bayern ist gerade nicht die Schokolade in aller Munde, die nach den Worten Ivanka Trumps angeblich in Bayern berühmt sei und welche die Tochter des US-Präsidenten bei einem Trip zur Münchener Sicherheitskonferenz unbedingt für ihre Kinder daheim mitbringen will. Vielleicht verwechselt Trump die bayerische Schokolade mit der schweizerischen. Jedenfalls hätten wir andere Exportschlager für sie im Angebot, zum Beispiel Bienen und SUV. Über die spricht man im Freistaat freilich.

Angeblich fuhren die Bayern in den vergangenen Tagen im SUV vor und unterschrieben für ein Volksbegehren, das in den Medien mal „Artenvielfalt“ heißt, mal „Rettet die Bienen“. In dem Volksbegehren, für dessen Einsetzen 18,2 Prozent aller Wahlberechtigten stimmten, geht es grob umrissen um Artenvielfalt: Ökologische Landwirtschaft soll gesetzlich auf 30 Prozent getrimmt werden, zahlreiche Auflagen für Bauern sollen dafür sorgen, dass mehr Wildblumen dastehen. Die Bauern mögen diese Bevormundung natürlich nicht und stellen sich mehrheitlich gegen das Volksbegehren. Und reden nun von den SUV und den Großstädtern darin, die keine Ahnung von Natur haben, im Gegensatz zu den Bauern, die mit ihr leben, aber nun die Klappe aufreißen.

Die Empörung der Bauern macht einen Punkt. Denn einerseits hat sich in der Landwirtschaft und im Artenschutz seit einigen Jahren viel getan, von einem Stillstand kann nicht gesprochen werden. Der Trend geht in Richtung Naturschutz. Und andererseits hat es ein wohlfeiles Geschmäckle, wenn Leute, die niemals Bio kaufen, ihr Essen im Internet bestellen und nicht zum Hofladen tigern, die für jeden Furz ins Auto steigen und in den Urlaub, während die Bäuerinnen und Bauern auf dem Acker stehen, im Kerosinschleuderflieger schweben.

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Ein ungutes Gefühl

Aber Wahrheiten sind selten eindeutig. Nicht jede Person, die sich fürs Volksbegehren eintragen ließ, lebt so. Und wenn schon, machte es einen Unterschied? Der Erfolg dieses Volksbegehrens ist der Ausdruck eines mulmigen Bauchdrückens, dass es so nicht mehr weitergehen sollte. Mit dem Artensterben. Der Versiegelung, all dem Beton. Der Entfremdung.

Denn Fakt ist auch, dass die Ökologisierung der Landwirtschaft und ihr Naturschutz in ihren Geschwindigkeiten nicht mit dem Artensterben mithalten. Und für letzteres ist das Agrarwesen ein wichtiger Faktor. Natürlich nicht der ausschließliche, und das macht die Angelegenheit wieder ungerecht: Denn die Bauern sollen nun in ihren Berufen richten, was alle vermasseln: Wie viele Wildblumen stehen in den Vorgärten, wo regiert die grüne Wüste eines standardisierten Rasens oder Beton, wer leistet sich Flughafenbeleuchtung am Eigenheim? Geht es um die Rettung des Planeten, und das ist mit „Rettet die Bienen“ eigentlich gemeint, müssen sich alle an die Nasen fassen.

Nur müssen die Bauern nun mehr dafür zahlen. Die gesteigerte Sensibilität der Deutschen für Umweltthemen kriegen die Landwirte zu spüren: Den Dieselautoschmutz (wegen der Konzerne), den Feinstaub (wegen desinteressierten Stadtverwaltungen) und den Klimawandel (wegen meines vollen Kühlschranks) würden wir auch gern bei den Bauern abladen.

Dies mag ungerecht erscheinen. Sinn macht es dennoch. Denn das Volksbegehren ist ein Rumoren, das im Hirn beginnt und die Botschaft sendet, dass es mit der Freiwilligkeit nicht klappt. Im Zweifel kaufen wir das billige Steak und setzen uns nicht in die Bahn. Daher würde ein erfolgreiches Volksbegehren mittelfristig unser Land stärker verändern, als wir uns gerade bewusst machen.

Der magische Anfang

Zuerst würde es staatliche Auflagen für die Bauern geben. Die stöhnen zwar schon jetzt, sollten aber bedenken, dass in ihrem Beruf schon längst fast alles staatlich geregelt ist. Was sie womit verdienen – regelt der Staat. Was und wie viel sie auf die Felder und in die Ställe bringen – regelt der Staat. Bauern sind längst Spielbälle internationaler Politik geworden. Was sie produzieren, beeinflusst das Leben der Menschen nicht nur in Garmisch, sondern auch in Burkino Faso. Daher mögen neue Auflagen eine Mühsal für Landwirte sein, aber neu sind diese an sich für sie nicht. Alles eine Frage der erweiterten Gewöhnung.

Doch dann kämen alle Bürger an die Reihe. Die Arbeitgeber sollten ihre Immobilien grüner gestalten, die Bürgermeister die Natur zurück in die Städte lassen und die Menschen ihre Ernährung stärker umstellen. Wenn mehr Bio vom Bauern kommen soll, muss der Markt dafür auch da sein. Unser Essen muss teurer werden – und allein das wird soziale Gräben aufreißen, denn für Hartz-IV-Empfänger hat sowas eine andere Bedeutung als für den – SUV-Fahrer, nur zum Beispiel. Aber auch dafür gäbe es Regelungsmöglichkeiten. Man muss es nur wollen.

Das Volkbegehren ist ein sanfter Ausdruck solch eines Willens.

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