Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Moskau (dpa) - Mit einer Atomübung und der Einbestellung von Diplomaten hat Russlands Führung auf US-Waffenlieferungen und Äußerungen europäischer Spitzenpolitiker zur Unterstützung für die Ukraine reagiert. Die US-Regierung kritisierte das von Kremlchef Wladimir Putin ankündigte Abschreckungsmanöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte.
«Es ist einfach leichtsinnig und unverantwortlich, wenn der Anführer einer großen Atommacht so mit dem Säbel rasselt, wie er es in Bezug auf den möglichen Einsatz von Atomwaffen tut», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Trotz dieser «rücksichtslosen Rhetorik» habe die US-Regierung aber nichts beobachtet, was sie dazu veranlassen würde, ihre strategische Abschreckungshaltung zu ändern. Aus Moskau erging zudem eine Drohung an die Adresse Großbritanniens.
Moskau droht Großbritannien mit Vergeltung bei Raketenschlägen
Nach Aussagen des britischen Außenministers David Cameron, wonach die Ukraine das Recht dazu habe, sich zu verteidigen und von seinem Land gelieferte Raketen für Angriffe auf russisches Gebiet zu nutzen, kam die Reaktion aus Moskau prompt: Der dortige Botschafter Großbritanniens wurde einbestellt und bekam eine Protestnote übergeben, wie das russische Außenministerium mitteilte.
Demnach wurde er «gewarnt, dass eine Antwort auf ukrainische Schläge mit britischen Waffen auf russisches Territorium sich gegen alle Militärobjekte und -technik Großbritanniens sowohl auf dem Gebiet der Ukraine als auch außerhalb richten kann».
Camerons Aussagen würden die frühere Zusicherung der britischen Regierung widerlegen, dass Raketen mit größerer Reichweite nicht gegen russisches Gebiet selbst eingesetzt würden. «Faktisch hat er sein Land damit als Konfliktpartei anerkannt», kritisierte das russische Außenministerium.
Cameron hatte vergangene Woche bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine erneut Unterstützung zugesichert. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betonte er während seiner Reise, es liege an Kiew zu entscheiden, wie sie gelieferte Waffen einsetzen - das Recht zu Vergeltungsangriffen auf Ziele in Russland habe die Ukraine jedenfalls.
Französischer Botschafter muss ebenfalls zum Appell
Nach dem britischen Botschafter wurde auch der Vertreter Frankreichs in Moskau einbestellt. Äußerungen von Präsident Emmanuel Macron, der einen Einsatz französischer Truppen in der Ukraine nicht ausschließen wollte, nannte Moskau bei der Vorladung destruktiv und unverantwortlich. Russland lasse sich von seinen Kriegszielen trotz solcher Drohungen nicht abbringen und werde sie auch erreichen, hieß es in der Erklärung des russischen Außenministeriums.
Zuvor hatte Russland ein Manöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte angekündigt. Dabei solle der Einsatz «nicht strategischer Atomwaffen» geübt werden. Wo und wann die Übung beginnen soll, war zunächst unklar. Der Kreml begründete das Manöver mit westlichen Provokationen. Das Außenministerium erklärte, Sinn des Manövers sei es, «Hitzköpfe in den westlichen Hauptstädten» abzukühlen. Namentlich kritisiert wurden Cameron und Macron.
Selenskyj drängt auf Tempo bei versprochenen Waffenlieferungen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dringt derweil weiterhin auf ein höheres Tempo bei den Lieferungen der versprochenen Waffen aus dem Westen. «Den politischen Entscheidungen muss eine echte Logistik folgen - der tatsächliche Erhalt der Waffen durch unsere Soldaten», sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Dazu müsse die Zusammenarbeit mit den Partnern, speziell den USA, besser koordiniert werden.
Die USA hatten nach einer monatelangen Blockade im Repräsentantenhaus vor etwa zwei Wochen ein militärisches Hilfspaket an die Ukraine im Wert von 61 Milliarden Dollar (57 Milliarden Euro) freigegeben. Nach Angaben aus dem Weißen Haus und dem Pentagon sollten die Waffenlieferungen daraufhin innerhalb weniger Tage beginnen.
Trotzdem ist die Ukraine weiter in der Defensive. Der Oberkommandierende Olexander Syrskyj, von dem sich Selenskyj einen Lagebericht geben ließ, schrieb von einer schweren Lage an der Front. Der Feind habe nach wie vor mehr Personal, Waffen und technische Ausrüstung zur Verfügung und greife daher täglich ukrainische Stellungen an. Die Hauptkräfte des russischen Militärs zielen demnach auf die Städte Kurachowe und Pokrowsk im ostukrainischen Gebiet Donezk.
Die schwere Lage an der Front demonstrieren auch immer wieder namhafte Opfer. So ist ein weiterer Profisportler dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zum Opfer gefallen. Wie das Ukrainische Olympische Komitee auf Telegram mitteilte, kam der zweifache Europameister im Gewichtheben, Olexander Pjeljeschenko (30), an der Front «im Krieg mit dem Feind» ums Leben.
Das wird heute wichtig
Russlands Präsident Putin will mitten im Krieg und nach knapp einem Vierteljahrhundert an der Macht seine fünfte Amtszeit als Präsident antreten, um bis mindestens 2030 durchzuregieren. Extra dafür hat der Kremlchef vor vier Jahren die russische Verfassung ändern lassen. Im Kreml ist eine große Zeremonie geplant. Putin wird dabei vor dem Parlament, der Regierung und weiteren hochrangigen Gästen den Amtseid ablegen.