Landtagswahl in Bayern: Wer mit wem?

Markus Söder und der CSU steht eine schwierige Koalitionsbildung bevor (Bild: Reuters)
Markus Söder und der CSU steht eine schwierige Koalitionsbildung bevor (Bild: Reuters)

Auch wenn die CSU in Bayern vor einem historischen Wahldebakel und einer handfesten Identitätskrise steht: Regierungspartei wird sie voraussichtlich immer noch bleiben – nur eben nicht mehr die alleinige. Eine tragfähige Koalition zu bilden, dürfte jedoch zur Herkulesaufgabe geraten, denn den aktuellen Umfragen zufolge kann keines der traditionellen Parteien-Bündnisse auf eine Mehrheit hoffen.

Denn im bayerischen Landtag werden die Verhältnisse neu gemischt, das Spektrum der vertretenen Parteien um mindestens eine Farbe erweitert.

Sicher sind vertreten:

CSU: Der Platzhirsch dürfte aus der Wahl stark angeschlagen hervorgehen und kommt je nach Umfrage-Institut auf etwa 33 bis 35 Prozent.
SPD: Die ebenfalls schwächelnden Sozialdemokraten müssen voraussichtlich ihren ewigen zweiten Platz räumen, die Umfragen sehen sie bei 10 bis 13 Prozent.
Grüne: Die Grünen genießen mächtig Aufwind, in den letzten Umfragen stehen sie bei 18 bis 19 Prozent.
Freie Wähler: Die seit 2008 im Landtag vertretenen Freien Wähler halten ihre Position mit 10 bis 11 Prozent souverän.
AfD: Der erstmalige Einzug der Rechtspopulisten ist sicher, in den Umfragen werden sie mit 10 bis 14 Prozent relativ unterschiedlich bewertet.

Um den Einzug zittern müssen:

FDP: Die Liberalen sind im bayerischen Landtag keine Konstante, können aber aktuell mit Werten von 5,5 bis 6 Prozent auf einen Wiedereinzug hoffen.
Linke: Für die Linke schien der Ersteinzug eine Weile in Griffweite, zurzeit ist die Prognose mit 4 bis 4,5 Prozent nicht mehr ganz so günstig.

Premiere für Schwarz-Grün?

Da die Zahlen gegen eine bayerische Auflage der GroKo sprechen und ein Bündnis mit der AfD bislang von allen anderen Parteien ausgeschlossen wird, steht als einzige denkbare Zweierkoalition seit einigen Wochen Schwarz-Grün im Raum. Sicher keine Liebesheirat, aber relativ beliebt bei den Wählern: Laut einer Civey-Umfrage vom September würden sich zwar mit 19 Prozent viele Bayern immer noch eine Alleinregierung der CSU wünschen, das Bündnis mit den Grünen landet aber mit 15,4 Prozent auf Platz 2 der Beliebtheitsskala. Viele Wähler sehen dabei offenbar die grün-schwarze Regierung im benachbarten Baden-Württemberg als Vorbild. An der Parteibasis wird in beiden Lagern dagegen auch heftiger Widerstand erwartet.

Katharina Schulze und Ludwig Hartmann könnten die bayerischen Grünen in ihre erste Regierungsbeteiligung führen (Bild: dpa)
Katharina Schulze und Ludwig Hartmann könnten die bayerischen Grünen in ihre erste Regierungsbeteiligung führen (Bild: dpa)

Die Spitzenkandidaten der Grünen zeigen sich trotz aller scharfen Wahlkampf-Attacken gegen die CSU für eine Regierungsbeteiligung offen, setzen aber drastische Kurskorrekturen der Regierungspartei voraus. Die Union hält sich bedeckter – klare Absagen gab es jedoch nur vereinzelt. Mit einer schnellen Einigung wäre angesichts der fundamentalen inhaltlichen Differenzen zwischen den Parteien, die von der Umweltpolitik über das umstrittene Polizeiaufgabengesetz bis zur Einwanderung reichen, auf jeden Fall nicht zu rechnen. Auch bei der Ressortverteilung dürfte es Ärger geben: Spitzenkandidatin Katharina Schulze kokettierte etwa bei Wahlkampfauftritten mit dem Innenministerium – für die CSU wäre dieser Verzicht, obendrein zugunsten einer Grünen, ein absolutes No-Go.

Die Bedeutung der Wackelkandidaten

Die FDP könnte das Zünglein an der Waage darstellen. Die Liberalen müssen es erstmal zurück in den Landtag schaffen, die Prognose ist den letzten Umfragen zufolge jedoch günstig. Ihr Wiedereinzug würde eine bürgerliche Koalition aus CSU, Freien Wählern und FDP ermöglichen. Ein Selbstläufer wäre diese jedoch nicht: Die CSU müsste für ihren Geschmack zu viele Ministerien abtreten, zudem hat sich auch die FDP klar gegen das Polizeiaufgabengesetz der CSU positioniert.

Nicht zu unterschätzen sind auch die inhaltlichen Differenzen zwischen den potenziellen Junior-Partnern: Die Freien Wähler fordern großzügige Förderungen für strukturschwache Gebiete, Bestandsgarantien für Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser und generell eine dickere Personaldecke im öffentlichen Dienst. Die FDP will ziemlich genau das Gegenteil und hat sich im Wahlkampf einen nach ökonomischen Prinzipien arbeitenden “schlanken Staat” auf die Fahnen geschrieben.

Der bayerische Landtag wird deutlich bunter als zuvor (Bild: dpa)
Der bayerische Landtag wird deutlich bunter als zuvor (Bild: dpa)

Auch wenn es nach den aktuellen Zahlen knapp nicht dafür reicht, könnte rechnerisch auch eine Dreierkoalition aus CSU, SPD und FDP in den Bereich des Möglichen rücken. Ein Gedankenspiel, das bisher allerdings keine der Parteien aufgegriffen hat.

Ebenfalls um den (erstmaligen) Einzug zittert Die Linke, wobei ihre Aussichten derzeit deutlich schlechter aussehen. Für eine rot-rot-grüne Landesregierung würde es aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch auch dann keine Mehrheit geben.

Geht es auch ohne Schwarz?

Rechnerisch wäre nach einigen Umfragen sogar eine Regierung ohne die CSU möglich – dazu müssten sich allerdings SPD, Grüne, FDP und die Freien Wähler zusammenraufen. Ein unwahrscheinliches Bündnis, zumal die beiden letztgenannten dann wohl doch lieber mit der Union regieren würden.

Auch wenn die Partnersuche schwierig wird, einen Verhandlungsmarathon wie nach der letzten Bundestagswahl wird es in Bayern nicht geben. Das verhindert die bayerische Verfassung: Spätestens drei Wochen nach der Wahl muss der Landtag zusammentreten, der dann eine weitere Woche für die Wahl des Ministerpräsidenten hat. Andernfalls müssten Neuwahlen angesetzt werden – es wäre ein weiteres historisches Novum, auf das allerdings die meisten Bayern sicher gerne verzichten würden.