"Lifeline"-Kapitän kritisiert Seehofer: "Er ist ein Täter"

Claus-Peter Reisch nach seiner Landung am Montagabend in München. (Bild: Matthias Balk/dpa)
Claus-Peter Reisch nach seiner Landung am Montagabend in München. (Bild: Matthias Balk/dpa)

Lifeline”-Kapitän Claus-Peter Reisch (57) hat schwere Vorwürfe gegen die Europäische Union und Horst Seehofer (CSU) erhoben. Ihmzufolge wolle der Bundesinnenminister Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen. “Er ist ein Täter, er gehört vor Gericht, er muss zurücktreten.”

In einer schriftlich verbreiteten Stellungnahme holte Claus-Peter Reisch am Montag zum Rundumschlag aus. “Es ist beschämend, dass die EU mehr dafür tut, Seenotrettung zu verhindern, als gegen das Sterben im Mittelmeer”, erklärte der 57-Jährige vor seiner geplanten Landung in München.

Um private Helfer war zuletzt eine Debatte entbrannt. Sie seien es, die Menschen zu der riskanten Fahrt motivierten – im Vertrauen auf Rettung, lautet der Vorwurf. Italiens Innenminister von der rechten Lega, Matteo Salvini, machte Stimmung gegen die NGOs, die er für Helfer der Menschenschlepper hält. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will den Zustrom eindämmen. Als Bedingung für eine mögliche Aufnahme von Flüchtlingen der “Lifeline” in Deutschland hatte er genannt, dass das Schiff festgesetzt werde.

Wie ein Notarztwagen, der nicht ausrücken darf

“Ja, ich habe auch mal Horst Seehofer gewählt. Aber das ist lange her”, sagt Reisch. “Ich bin eher ein konservativer Bayer. Aber konservativ sein hat nichts damit zu tun, dass man Menschen sterben lässt. Ganz im Gegenteil.” Heute fordert Reisch Seehofers Rücktritt.

“Wir diskutieren jetzt also ernsthaft, ob es legitim ist Menschenleben zu retten? Hätten wir die Leute einfach ertrinken lassen, würde ich jetzt wohl nicht vor Gericht stehen, das ist schäbig und eine Gefahr für die Demokratie.”

Auf hundert pro Tag schätzt Reisch die Todesopfer im Mittelmeer momentan. “Man verhindert aktiv die Lebensrettung. Man muss sich das vorstellen: Der Notarztwagen steht bereit. Er darf aber nicht losfahren. Wenn sowas in Deutschland passieren würde und es würde nur eine einzige Person dadurch auf der Straße ums Leben kommen – ich möchte nicht wissen, was los wäre. Hier sterben Hunderte Menschen.”

Manöviert sich immer weiter ins Abseits: CSU-Politiker Horst Seehofer. (Bild: Sven Hoppe/dpa)
Manöviert sich immer weiter ins Abseits: CSU-Politiker Horst Seehofer. (Bild: Sven Hoppe/dpa)

Muss Claus-Peter Reisch vielleicht ins Gefängnis?

Reisch steht als Kapitän des auf Malta liegenden Rettungsschiffs “Lifeline” vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, das Schiff ohne ordnungsgemäße Registrierung in maltesische Gewässer gesteuert zu haben. Die “Lifeline” der in Dresden ansässigen Hilfsorganisation Mission Lifeline war zuvor fast eine Woche auf dem Meer blockiert, nachdem sie rund 230 Migranten vor Libyen gerettet hatte.

Zum nächsten Prozesstermin am 30. Juli wird Reisch nach Malta zurückkehren. Bis zu 11 600 Euro Strafe oder ein Jahr Haft drohen ihm maximal.

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